5.9.2002: Hartnäckig macht die News von einem generellen Spielverbot in Griechenland die Runde. Hierzu habe ich die letzten Tag viel recherchiert und möchte Euch nun die Ergebnisse zeigen. Grundlage für die News ist ein Gesetzestext, der logischerweise zuerst in griechischer Sprache vorlag und dann von einem Leser ins Englische übersetzt wurde. Wer von Euch Nicht-Juristen schon einmal versucht hat, einen deutschen Gesetzestext zu lesen, wird wahrscheinlich verstehen, wie schwierig diese zu verstehen sind. Und hier haben wir auch gleich den ersten Punkt: Gesetzestext Der Gesetzestext ist in der vorliegenden Form nicht eindeutig. Es geht um die Definition der vom Gesetz betroffenen Spiele: Article 1 Game categories According to notion of the commands of the current law: a. Mechanical games are those, for whose operation it is necessary to use muscle force. b. Electrical games are those, for whose operation it is necessary to be dependent on electrical mechanisms. c. Electromechanical games are those, for whose operation it is necessary to be dependent on electrical mechanisms AND use muscle force. d. Electronical games are those, for whose operation it is necessary to be dependent on electrical mechanisms that also have some calculating (accounting) program. e. Entertainment "technical" games are those, whose result depends exclusively on the ability and skill of the player, and its use is solely for entertainment. Auslegungssache Wie ich Euch schon in meinem Artikel vom 2.9. ausgeführt hatte, ist der Gesetzestext eine reine Auslegungssache. So hatte das von mir angeschriebene Online-Mag Onlinekosten.de mir prompt geantwortet: (vielen Dank noch einmal) "Bei genauerer Lektüre der Quellen fällt auf, dass normale Computer- und Konsolenspiele laut http://www4.tpg.com.au/users/pantazis/law.txt unter e. Entertainment "technical" games are those, whose result depends exclusively on the ability and skill of the player, and its use is solely for entertainment. fallen, weil für diese - anders als bei den Programmen unter b, c und d - nur die intellektuellen Fähigkeiten des Spielers zählen und Sie rein zu Entertainment-Zwecken gebraucht werden. Verboten werden nur Spiele aus den Kategorien b, c und d." Gesetzestext entschärft Diesen Text hat Onlinekosten.de auch an die Kollegen von Gamesweb.com geschickt, die daraufhin in einem Update ihre News entschärft haben. Ebenso haben die Jungs von Krawall und von Justgamers ihre News revidiert. Der Artikel von Heise Online hatte leider keine neuen Fakten zu Tage gebracht, doch auch sie verwahren sich vor der endgültigen Definition: "Verbot von Computerspielen auch im privaten Bereich". In vielen Diskussionsforen findet Ihr ähnliche Stellungnahmen zum Thema. Hintergrund des Gesetzes In einer Mitteilung vom 27.Juni.2002 berichteten die Salzburger Nachrichten folgendes: "In einem 'offenen Brief an die Minister Griechenlands’ hat funworld-Chef Josef Öhlinger bereits Beschwerde eingelegt. Jetzt plant man, auch den Europäischen Gerichtshof wegen Wettbewerbseinschränkung anzurufen. Dass die griechische Regierung im Kampf gegen das im Land weit verbreitete illegale Glücksspiel plant, elektronische Spiele an öffentlichen Plätzen gänzlich zu verbieten, sorgt auch in Schörfling am Attersee für Aufregung. Auslöser für die geplante Gesetzesänderung ist ein Skandal: Ein ranghoher griechischer Politiker wurde von einer Fernsehstation beim illegalen Glücksspiel gefilmt, das Band landesweit ausgestrahlt. 'In dem jetzt vorgelegten Gesetzesentwurf plant die griechische Regierung aber nicht nur, illegales Glücksspiel zu verbieten, sondern jedwede Unterhaltungsautomaten auf öffentlichen Plätzen in Griechenland, egal ob in Cafe`s, Bars, Restaurants oder Räumlichkeiten von Vereinen', sagt funworld-Sprecherin Ilse Retzek. Bei Verstoß drohen laut Gesetzesentwurf mindestens drei Monate Haft und eine Geldstrafe von zumindest 5000 Euro...." Ganzer Artikel Weitere Quellen, bestätigen eindeutig, dass es sich ausschließlich um ein Verbot an öffentlichen Orten handelt: Mazedonische Presseagentur Intergame Kathimerini (griechische Zeitung) The Register Photoplay (Österreichischer Fabrikant für Spieleautomaten) Telepolis ZDNet Deutschland Spiegel Online Yahoo Bei dieser Aufzählung möchte ich Euch das Posting eines Griechen (v. 3.9.2002 / Heise-Forum) nicht vorenthalten, hier ein Auszug: "Mehrere tausend Leute haben ihr (und das der Familie) Jahreseinkommen beim 'spielen' verloren. Der Trick: Bei Automaten wurden weitere Platinen eingebaut, die per Knopfdruck oder sogar per Fernbedienung das harmlose Spielgerät in einer Zockermaschine verwandelten, bei Computern ist natürlich die Sache viel einfacher. Das 'Zocken' wurde zum Nationalproblem erklärt und daraus folgte das Gesetz. Es schreibt (sinngemäß) das jegliche Form des Spielens mit unterstützung elektronischer Geräten in öffentlichen Räumen (Internet-, Cafes etc.) verboten ist. LAN-Partys werden nicht benannt und somit auch nicht verboten? Ein ähnliches Gesetz gab es auch in den Anfängen der 80er Jaher, damals ging es um Spielhallen, so wie man sie auch hier in Deutschland kennt. Es gab eine Phase wo diese wie Pilze aus dem nichts auftauchten und mangels Gesetze wurde es wieder einmal ermöglicht, 'spielend' ihr Leben und das Ihrer Familien zu ruinieren. Kurz darauf gab es ein Gesetz das Glückspielen gänzlich verboten hat und das war auch der Anfang des Problems, welches mit dem Gesetz von 2002 gelöst werden soll: Pacman & Co haben sich etabliert, Generationen haben sich damit vergnügt bis schlaue Kerlchen daraus (mit dem o.g. Trick) eine dicke Einnahmequelle gemacht haben...." Die Fakten Klar ist bis jetzt also nur: Computerspiele sind an allen öffentlichen Orten per Gesetz verboten worden. Eine schlüssige Begründung liefern die obigen Quellenangaben und sehr einleuchtend der erläuternde Forenbeitrag. In Internetcafés wird somit das Installieren jeglicher Spielesoftware auch untersagt. Verschiedene Artikel berichten von einer "Unfähigkeit der Regierung" zwischen normalen Spielen und Glücksspielen zu unterscheiden, die somit zu solch rigorosen Maßnahmen griffen und auch in einem Atemzug Gameboys und Handyspiele mit einschlossen. Ein weiterer Aspekt ist die Besteuerung: Während die Glückspielmaschinerie eine gute Einnahmequelle in Deutschland darstellt, scheint es in Griechenland anders auszusehen – allerdings muss ich hier gestehen, darüber nur sehr unzureichende Infos zu besitzen, ich kann hier also nur vage Rückschlüsse ziehen – über eine entsprechende Mail von informierten Lesern mit Quellenangaben wäre ich wirklich dankbar. Onlinepetitionen und Lan Eine ins Leben gerufene Onlinepetition stammt von dem griechischen Internet-Cafe Verbund (Greek INTERNET CAFE UNION ) , die deklarieren: ALLE Computergames wären ÜBERALL verboten, was Ihnen neben den Unterschriften der Internet-Cafe User auch die Unterstützung sämtlich Gamer garantieren dürfte. Die Greek Gaming Community hält sich bei Ihrer Petition an die Fakten und spricht von den aktuellen Änderungen der griechischen Gesetzgebung, die Computerspiele "einschränken".Inwieweit das neue Gesetz allerdings Lanparties betrifft, weiß ich leider auch nicht. Sicher ist, dass manche Server schon vom Netz gingen. Aufgrund der schwammigen Gesetzeslage könnte ich mir denken, gehen viele lieber auf Nummer sicher, bevor sie mit den drastischen Strafen konfrontiert werden. Fazit Das neue griechische Gesetz Nummer 3037 ist nicht eindeutig und es dürfte damit zu rechnen sein, dass es "nachgebessert" wird. Die Presseberichte (Quellen s.o.) berichten von Verboten an öffentlichen Orten, auch in Internet-Cafes. Diese werden damit nicht grundsätzlich in ihrer Existenz bedroht, weil sie ursprünglich ja nur den Zugang zum Internet ermöglichen sollten, dass natürlich eine außerordentliche Einnahmequelle durch Onlinezocker verloren geht, steht hier außer Frage. Marktwirtschaftliche Aspekte Was mich an der rasenden Verbreitung der News (Spielverbot auch im privaten Bereich) wirklich verwundert hat: Diese Meldung wurde ganz selten hinterfragt! In jedem Menschen mit ein wenig Sachverstand hätte die Skepsis gnadenlos bohren müssen. Dieses Gesetz wäre vergleichbar mit: Niemand darf mehr fernsehen, oder das Telefon wird abgeschafft, oder das Auto würde verboten. Ganz davon abgesehen, dass in Griechenland keine Diktatur herrscht und es sich um ein EU-Land handelt: Ein ganzer Industriezweig würde von heute auf morgen seiner Existenz beraubt, massenhaft Arbeitsplätze gingen verloren! Da ich leider keine marktwirschaftlichen Daten bezügl. der griechischen Spieleindustrie habe, nenne ich einfach mal Zahlen von 2001 aus Deutschland: Laut den Ergebnissen von Marktforschunginstituten betrug der Gesamtumsatz der Unterhaltungssoftware im Jahre 2001 in der BRD 2 987 640 000 DM (kurz 2987 Millionen DM) , wovon auf Pc Entertainment 1355,48 Millionen DM, auf Pc Info-Edutainment 534,72 Millionen DM , auf Konsolen 1087,11 Million DM und der Rest von 10,33 Million auf Sonstiges entfielen. Auf dem starken US-Markt hat übrigens die Videospielbranche im vergangenen Jahr mit 9,4 Milliarden !! Dollar erstmals die Einnahmen Hollywoods an den Kinokassen überholt. Welche Umsätze und somit Steuereinnahmen die Spielebranche der griechischen Regierung beschert kann ich , wie schon gesagt, hier leider nicht anführen – aber sie dürften ebenfalls nicht unerheblich sein. 6.9.2002: [NACHTRAG] Bei der nochmaligen Durchsicht meiner gestrigen News fiel mir auf: Ich bin zuwenig auf die Auswirkungen des Spieleverbotes an allen öffentlichen Orten eingegangen. Auch in der "entschärften" Form ist das Gesetz ein Schock für die Gamer-Welt. Denn es bedeutet das Aus für fröhliches Daddeln mit dem Handy auf dem Schulhof oder das Tetrisspiel in der Büropause, um nur einmal die harmlosesten Möglichkeiten auf zu zählen. Ferner beschränkt das Gesetz das Recht auf freie Entfaltung, sowie die Entscheidungsfreiheit der griechischen Bevölkerung. Fraglich ist auch, ob es sich um eine präventive Maßnahme zur Bekämpfung der Spielsucht handelt oder nur dem Staatssäckel dient. Denn jeder Euro der in illegale Glücksspiele fließt, entgeht dem Staat und Strafen ab 5000 € aufwärts sind auch nicht gerade gering. Wer nun denkt, dass ihn das Ganze nichts anginge (solange er nicht gerade dort Urlaub macht), weil es im fernen Griechenland passiert - sollte bedenken: Es handelt sich um einen EU-Staat, der vielleicht gerade den Weg für EU weite Richtlinien ebnen könnte.