Einer der legendärsten GameCube-Titel feiert auf dem Nintendo 3DS sein spannendes Comeback: Luigi erlebt entgegen aller Trends kein Handheld-Remake des Klassikers, sondern tritt mit Taschenlampe und Schreckweg-Geistersauger in dieser sympathischen Fortsetzung für viele Spielstunden aus dem großen Schatten seines Bruders heraus.
Geistreiche Mondsucht
Eigentlich könnte nach den Geschehnissen in "Luigi´s Mansion" alles so schön sein: Geisterkönig Buu Huu wurde in ein Gemälde verbannt und alle anderen Spukgestalten genießen gemeinsam mit Prof. I. Gidd die friedliche Idylle. Doch vom einen auf den anderen Tag herrscht nicht mehr Eitel Sonnenschein: Der Finstermond wurde in sechs Teile zersplittert, was ein großer Nachteil ist, denn die Geister machen fortan wieder das, was sie am besten können, nämlich Angst und Schrecken verbreiten. Ein Mondsplitter blieb übrig, alle anderen sind in Gruselvilla, Efeutürme, Ingenieurshof, Schneebergwerk und Trugschloss gelandet. Die Teile müssen unbedingt aufgefunden sowie zusammengesetzt werden. Und da keine hübsche Prinzessin involviert ist, kommt natürlich nur Klempner Luigi für den Gruseltrip in Frage. Für ihn scheint der Spuk einfach kein Ende zu nehmen.
Die Geschichte ist zwar in typischer Gebrüder-Mario-Tradition nur Mittel zum Zweck, wird aber dennoch witzig und mit einigen Überraschungen präsentiert. So erfährt das Geschehen insbesondere im finalen Kapitel durchaus interessante Enthüllungen und begeistert bis zum furiosen Finale. Während der umfangreichen Gesamtspielzeit von 15 Stunden geizt das Abenteuer nicht mit Anspielungen auf bekannte Film- und Romanwerke, etwa Alfred Hitchcocks "Psycho", "Tron", "Poltergeist", "Ghostbusters" oder "Frankenstein".
Der Klempner für gewisse Geisterstunden
Als Ausgangspunkt der fünf Kapitel fungiert der Unterschlupf von Prof. I. Gidd. Hier lassen sich die einzelnen Levels starten und nach erfolgreicher Absolvierung beliebig wiederholen. Zu Beginn sucht sich Luigi erst mal seine Ausrüstung zusammen: Mit dem Schreckweg, einem zweckentfremdeten Staubsauger, pustet und saugt der Held sich durch Schauplätze voller Münzen, Goldbarren, Geldscheinen, Juwelen – und Geistern. Unter jedem Teppich oder hinter jeder Tapete schlummern reichhaltige Schätze, die auf neugierige Entdeckernaturen warten. Einige dieser Belohnungen sind dabei nur durch kleine, clevere Umgebungsrätsel abzugreifen – und natürlich tragen Mäuse, Spinnen und Geister rein zufällig immer etwas Wertvolles bei sich. Diese Spukgestalten treiben ganz offensichtlich oder auch unsichtbar ihr Unwesen in den Räumlichkeiten, auf den Fluren oder im Freien. Im späteren Spielverlauf erscheinen sogar Typen mit Schutzschild oder anderen Schutzutensilien wie Sonnenbrillen, was die Scharmützel ungleich herausfordernder macht.
Idealerweise laufen solche Begegnungen immer nach demselben Muster ab: Zuerst blendet Luigi den Quälgeist per Taschenlampenblitz, anschließend erscheint durch die Saugkraft des Schreckweg die sogenannte A-Ruck-Leiste. Ähnlich wie bei den "Ghostbusters" im gleichnamigen Film dauert es je nach Widerstandskraft des flüchtenden Widersachers wenige Augenblicke, bis die Katze letztendlich im Sack ist. Insbesondere bei größeren Gegneransammlungen wird das Prozedere eine spaßige Angelegenheit, weil es dann auf das richtige Timing und Ausweichmanöver ankommt. Je nachdem, wie geschickt die A-Ruck-Leiste genutzt wird, hinterlassen Gefangene mehr oder weniger Schätze sowie heilende Herzenskraft. Der Schwierigkeitsgrad zieht im weiteren Spielverlauf spürbar an, bis kurz vor dem Finale auch noch ein Kampf gegen knappe Zeitlimits hinzukommt. Unausgewogen ist "Luigi´s Mansion 2" nur selten, bis auf übersensible Balance-Akte auf schmalen Holzbrettern und fehlende automatische Speicherpunkte. Knochen der Wiederbelebung, die im Level sehr gut versteckt sind, entschärfen diesen Missstand nur leicht. Abgesichert wird der Spielstand erst nach Beendigung des kompletten Levels.
Mit der Düsterlampe gesellt sich ein letzter Ausrüstungsgegenstand hinzu. Wirrlichter lassen nämlich Objekte verschwinden und machen selbst vor Türen und Schatzkisten keinen Halt. Im Schein des neuen Utensils werden diese zwar wieder sichtbar, jedoch müssen alle nun erschienenen Leuchtkugeln rund um das Objekt der Begierde eingesaugt werden. Dieses Hilfsmittel offenbart zusätzlich scheue Buu Huus, die seit "Super Mario Bros. 3" vor über 20 Jahren in fast jedem Klempnerspiel aus dem Hause Nintendo spuken und auch in "Luigi´s Mansion 2" nicht fehlen. Zu guter Letzt eignet sich die Düsterlampe als nützlicher Fährtenleser, wenn mal wieder Geisterhunde wichtige Schlüssel stibitzt haben. Luigi hat also alles, was er für das erfolgreiche Abenteuer und die Bewältigung der herausfordernden Bossgegner benötigt. Während dieser spielerischen Höhepunkte ist die Beherrschung von Schreckweg, Taschen- und Düsterlampe unabdingbar. Denn nur im perfekten Zusammenspiel sind die eindeutigen Verhaltensmuster und offensichtlichen Schwachstellen der Gegner ausnutzbar.
Etwas unfreundlich wie unglücklich gestalten sich Level-Abschlüsse, denn der Professor dürfte gern höflich nachfragen, ob der Level noch etwas erkundet werden möchte. Zumindest winken im Unterschlupf Belohnungen in Form von Upgrades. Dadurch überhitzt die Düsterlampe langsamer, die A-Ruck-Leiste vergrößert sich und der Schreckweg erhält mehr Kraft. Als weiterer Nervfaktor treten die Toad-Assistenten des Professors auf den Plan, die Luigi zeitweise eskortiert. Diese kleinen Pilzköpfe bleiben des Öfteren an Gegenständen hängen, laufen bei unheimlichen Begegnungen entweder panisch umher oder weinen sich aus. Enttäuschend auch der Touchpen-Einsatz, der spielerisch überhaupt nicht genutzt wird. Auf dem unteren Bildschirm des Handhelds sind Übersichtskarte sowie Status ablesbar, zu gegebener Zeit meldet sich Prof. I. Gidd, um weitere Anweisungen durchzugeben.
Mehrspieler-Wirrwarr
Im kurzweiligen Mehrspielermodus für bis zu vier Spieler sind gemeinsame Abenteuer im mehrstöckigen Wirrwarr-Turm angesagt. Die erste Variante, der Jäger-Modus, lässt das Quartett kooperativ agieren, um Etage für Etage von Geistern zu säubern. Im Tempo-Modus kommt ein gewisser Zeitdruck erschwerend hinzu. Auf Verfolgungsjagd geht es letztendlich im Pinscher-Modus, wenn der Geisterhund mit Einsatz der Düsterlampe aufgespürt werden soll. Doch damit nicht genug, denn per Zufallsoption können auf Wunsch alle Modi miteinander vermischt werden. Diese Partien sind über die Online-Funktion, als lokales Spiel oder als Download-Spiel möglich. Für letzteres ist lediglich ein Spielmodul notwendig.
So schön kann Grusel sein
"Luigi´s Mansion 2" gehört zweifelsfrei zu den technisch aufwendigsten 3DS-Titeln, orientiert sich erfreulicherweise beim Level- und Figurendesign trotz eines düsteren Grundtons an traditionellen Werken der Mario-Brüder. Was den Texturen mitunter an Schärfe fehlen mag, machen toll animierte Figuren, feine Licht- und Schattenspiele sowie die überragende Interaktionsfülle mehr als weg. Das liegt an vielen kleinen Grafikdetails, denn egal was Luigi beim Saugen oder Pusten mit seinem Geistersauger anstellt: Die Kulissen sind nicht nur zur Bewunderung da. Alles rüttelt und schüttelt sich beim Umgang mit dem Schreckweg, da werden Tapeten abgerissen, Schaukelstühle gewippt, Kerzenlichter ausgepustet, Teppiche aufgerollt, Schubladen geöffnet und Spinnennetze mit erkennbarem Widerstand aufgesogen. Ob dieser sehenswerten Physikspielereien ist es verschmerzbar, wenn die Schauplätze nach einem erneuten Besuch im nächsten Level wieder im ursprünglichen Zustand erscheinen. Besonders beeindruckend sind die glasklaren Spiegelungen in Echtzeit – schon keine Selbstverständlichkeit auf den großen Konsolen, auf dem 3DS dafür umso schöner, wenn sich Luigi im Spiegel betrachtet oder dadurch in einem versteckten Winkel neue Details entdeckt. Geschmackssache ist und bleibt der regelbare 3D-Effekt, der in ruhigen Momenten toll anzusehen ist, insbesondere bei den flotten Geisterjagden das Bild leider zu sehr verschwimmen lässt.
Tongerecht
Qualitativ genauso hochwertig ist der Sound, denn auch hier gelten die gleichen Superlative wie im grafischen Bereich. Jeder Gegenstand gibt bei Interaktion den dazu passenden Ton von sich, was natürlich der hervorragenden Atmosphäre zugutekommt. Bei der Sprachausgabe verlässt man sich auf Altbewährtes, nämlich einer irrwitzigen Mischung aus Englisch und Fantasiesprache sowie deutschen Untertiteln. Auch die Musik fügt sich gut ein und bleibt überwiegend im Hintergrund. Großartiges Detail: Luigi summt während mancher Passagen die Hintergrundmelodien mit, was noch mal seine Angst und Nervosität unterstreicht.
Fazit Langsam aber sicher hat Nintendo den 3DS-Dreh raus: Während die anstrengende Remake-Welle deutlich verebbt, reiten derweil tolle Fortsetzungen auf der Erfolgswelle heran. Das sympathische Action-Adventure "Luigi´s Mansion 2" gehört - wie schon sein GameCube-Vorgänger - zu den absoluten Pflichttiteln von Nintendo, auch wenn sich diesmal ein externes Studio für die gelungene Entwicklung verantwortlich zeichnet. Charme und Spielwitz überzeugen trotz einiger Wiederholungen in der Spielmechanik über eine überraschend lange Spielzeit.
(15.05.2013) |