Mars: War Logs (PC) (Focus Home Interactive) geschrieben von Christian Schmitz
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Kein neues "Red Faction" oder "Mass Effect" in Sicht? Entwickler Spiders hat diese Lücke erkannt und stößt mit "Mars: War Logs" zum unschlagbaren Preis genau dort zu. Mit actionbetonten Kämpfen, sinnvollen Rollenspielelementen sowie konsequenten Entscheidungsmöglichkeiten soll dem toten Planeten spielerisch wieder Leben eingehaucht werden. Mit vielen kleinen und großen Ungereimtheiten macht es sich der Geheimtipp jedoch unnötig schwer. Wasserschlacht auf dem Mars Auf dem Mars leben Menschen und Mutanten nach einer verheerenden Katastrophe unter widrigen Umständen, die zusätzlich durch den kriegerischen Konflikt zweier Wasserversorgungsunternehmen erschwert werden. Inmitten dieser Problemzone lernt der draufgängerische Spielcharakter Roy Temperance den jungen Innocence Smith kennen, der gerade mit einem Gefangenentransport in Lager 19 ankommt und dort das raue Begrüßungsritual durch feindselige Insassen erfährt. Nach den ersten Auseinandersetzungen wird schnell klar, dass nur ein Ziel sinnvoll erscheint, nämlich die Flucht aus dem gefährlichen Gefangenenlager mit all seinen Brennpunkten. Doch ganz egal, wo das Duo auch steht und geht: Alle Schauplätze wimmeln nur so vor ungelösten Problemfällen. Nach etwa elf Stunden Spielzeit ist schließlich die letzte Seite von Innocences Kriegstagebuch geschrieben. Blättert der Spieler darin zurück, bleiben viele kleine Geschichten und Schicksale der Marsbewohner in Erinnerung, die enormes Potenzial für eine glaubwürdige ebenso sozialkritische Science-Fiction-Handlung in ferner Zukunft andeuten. Etliche Figuren sind nach Tugenden benannt: Temperance ist beispielsweise der Besonnene, Innocence steht für treuherzige Unschuld, Kopfgeldjäger Tenacity tritt als Hartnäckigkeit in Person auf. Auch soziale Ungerechtigkeiten von Menschen gegenüber ausgestoßenen Mutanten, die in Gehegen langsam vor sich hinvegetieren, bleiben anders als in der "Fallout"-Reihe zu oberflächlich. Hinzu kommen holprig zusammengeschnittene Zwischensequenzen sowie unzählige stereotype Charaktere, welche mit schwachen Dialogen fortlaufend verheizt werden. Mass Effect Light Spielerisch orientiert sich "Mars: War Logs" mit unzähligen Action-Kämpfen und sinnvollen Rollenspielelementen inklusive vereinzelter Entscheidungsmöglichkeiten klar am erfolgreichen Vorbild "Mass Effect" von BioWare. Besonders viel Zeit investiert Roy mit Schlagprügeln, Nagelpistole oder elektrisierenden Technomanten-Fähigkeiten in unkomplizierte Echtzeitkämpfe gegen seine Widersacher, denen er allein oder mit einem von drei Begleitern durch schlauchartige Levelstrukturen nicht aus dem Wege gehen kann. Selbst im Tarnmodus wird Roy ziemlich schnell entdeckt. Idealerweise wird per Taktikmenü das Geschehen spürbar verlangsamt, um bis zu drei Fähigkeiten und Waffen den Schnelltasten zuzuweisen. Die Unterstützer bestechen zwar nicht gerade durch effektive Waffenfertigkeiten, ziehen aber netterweise Gegner auf sich und entlasten Roy zumindest kurzzeitig von den überfallartigen Angriffen. An dieser Stelle hätte sich ein kooperativer Modus durchaus angeboten. Scharmützel gegen größere Gruppen gestalten sich wegen der aggressiven Vorgehensweise chaotisch und hektisch, zumal die Kamera nach flinken Ausweichmanövern mit ungünstigen Perspektiven Probleme offenbart, das Kampfgeschehen wieder ins rechte Bild zu rücken. Begegnungen mit Gangs zehren an den Nerven, weil bereits gesäuberte Areale wenig später wieder von neuen Feinden neubevölkert werden. Unfreiwillig komisch: Die anderen Marsbewohner scheinen die Auseinandersetzungen direkt vor ihrer Nase überhaupt nicht zu interessieren, sie zeigen keinerlei Reaktion. Vielleicht sind sie auch einfach nur beeindruckt ob der gut animierten Choreografien aus normalen und schutzbrechenden Angriffen, fatalen Kontern sowie gekonnten Paraden wie Blocken oder Abrollen. Die wenigen Bosskämpfe kommen ohne Quicktime-Events aus, dadurch unterscheiden sie sich kaum vom Standardprozedere. Per Gamepad spielt sich diese gesunde Mischung aus offensiven und defensiven Bewegungsabläufen etwas flüssiger als mit Maus und Tastatur. Besiegte lassen allerlei nützliche Gegenstände fallen, Erfahrungspunkte jedoch werden nicht abgeworfen, sondern winken als Belohnung für erfolgreich absolvierte Aufträge und werden genretypisch fleißig in Charaktereigenschaften sowie Fähigkeiten investiert. Der übersichtliche Talentbaum erweist sich als kompakt und gespickt mit überwiegend sinnvollen Erweiterungen, die sich nach erfolgreicher Aktivierung deutlich bemerkbar machen. Insbesondere Kampfhandlungen profitieren davon, wenn Roy über mehr Kraft und Geschick verfügt. Munition, Granaten, Bomben, Fallen und Injektionen baut Roy im Herstellungsmenü per Knopfdruck zusammen, bessert rüstet Rüstung sowie Waffen auf oder handelt mit Trödlern um Waren. Inmitten der beschäftigungslosen Statisten tummeln sich auch Figuren mit Bedürfnissen und Anliegen, zum Beispiel altbewährten Sammel- oder Lieferaufgaben. Diese sind ohne Ausnahme mit nerviger Laufarbeit verbunden, wodurch der Spielablauf künstlich gestreckt wirkt. Zur besseren Orientierung hat man im Kriegstagebuchmenü Zugriff auf eine große Übersichtskarte und kann jederzeit eine kleinere, transparente Variante im Spiel einblenden. Jedoch wäre eine Lösung mit Minikarte inklusive Kompass im linken unteren Bildbereich deutlich praktischer gewesen. Spannende Nebenaufgaben wie die Jagd nach dem mysteriösen Münzmörder bilden eher die Ausnahme, mehr Mühe hat man sich bei den Hauptaufgaben gegeben. Sie treiben die Handlung voran und bieten oftmals per Dialog Entscheidungsmöglichkeiten zwischen einer friedlichen oder kämpferischen Herangehensweise. Die Konsequenzen zeigen ihre Story-Relevanz insbesondere im Schlussdrittel sehr deutlich, wenn Roy zwischen zwei Fraktionen wählen muss. Das hat direkte Auswirkungen auf den Fortgang der Geschichte sowie das Schicksal eines wichtigen Charakters. Rostiger Planet Wie schon in "Of Orcs and Men" dient die Silk Engine als grafischer Antrieb und verleiht dem Roten Planeten seine charakteristischen Rosteffekte. Unter der passablen Oberfläche bestimmen jedoch die unschönen Seiten von fehlendem Korrosionsschutz das Gesamtbild: Schauplätze sind ohne Gespür für die grafische Abwechslung rot oder braun gehalten und zudem noch mit groben Texturen versehen. Zusätzlich sind sie mit den ewig gleichen Kisten und beliebigen Statisten gefüllt, unsichtbare Barrieren versperren den Weg und Areale sind in ihrer Winzigkeit durch Türen bzw. Barrieren miteinander verbunden. Als weiterer unschöner Fleck bleiben stellenweise stark übertriebene Glanzeffekte auf den Gesichtern der Protagonisten zurück. Grafische Höhepunkte, wie etwa markante Gebäude oder tolle Ausblicke über die Planetenlandschaft, fehlen und hinterlassen auf dem Mars eine austauschbare, baukastenartige Kulisse. Außerdem tragen allgegenwärtige Clipping-Fehler bei Freund und Feind während der gut animierten Kämpfe und sogar in Dialogen zur optischen Ernüchterung bei. Dafür läuft das Geschehen mit diesen vielen kleinen und großen Ungereimtheiten auch auf älteren Computern angenehm flüssig ab. Marsianisch für Reingefallene Für eine hervorragende Soundkulisse sind im Vorfeld viele wichtige Vorkehrungen getroffen worden. Leider offenbaren sich bei der Ausführung unüberhörbare Probleme mit negativen Auswirkungen auf die Spielatmosphäre. Ausnahmslos täuschen fast alle Statisten durch Gestik und Mimik Gespräche nur vor, zu hören ist oftmals gar nichts, so dass trotz einer gewissen Bevölkerungsdichte eine merkwürdige Stimmung herrscht, in der bedrückende Stille überwiegt. Vertont sind im Endeffekt lediglich Zwischensequenzen sowie Gespräche mit den Auftraggebern - teilweise jedoch unpassend und mit offensichtlich fehlender Begeisterungsfähigkeit für das ambitionierte Projekt. "Mars: War Logs" leidet deswegen an emotionaler Unterkühlung, die von ihrer englischsprachigen Vertonung mit deutschen Untertiteln in Verbindung mit vielen schlecht geschriebenen Dialogen unterstrichen wird. Deshalb verkommen selbst Liebeserklärungen oder Todesfälle von Begleitern im Spielverlauf zum Stimmungskiller, anstatt zu berühren. Den Soundeffekten fehlt es überall an Durchschlagskraft, seien es nun Explosionen oder Kampfgeräusche, zumindest retten dynamische Musikuntermalung während der Scharmützel sowie der Soundtrack vor dem Totalausfall.
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