Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds

Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds (PS3)

(Capcom)

geschrieben von Witali Blum

 

 
Entwickler: Capcom
Publisher: Capcom
Genre: Beat'em'Up
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Marvel vs. Capcom 3
Preis: 45,00 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG

Obwohl das Phänomen des "Crossover" in Beat'em'Up-Titeln längst keine Seltenheit mehr darstellt - wie beispielsweise Yodas und Darth Vaders Gastspiel in "Soul Calibur 4" -, erlauben sich nur wenige Entwickler den Kunstgriff, viele Charaktere unterschiedlicher fiktiver Welten in einem Spiel zusammenzuführen, weil die laufenden Lizenzkosten für fremde Spielfiguren die Gewinnmarge schmälern. Capcom kann dabei jedoch auf positive Erfahrung zurückblicken, denn schließlich erfreut sich die "vs. Capcom"-Spielreihe großer Beliebtheit bei den Fans. Dementsprechend steht man dem aktuellen Titel "Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds" mit gewissen Erwartungen entgegen, die im Test hoffentlich nicht enttäuscht werden.

Wenn zwei sich streiten …

Was passiert, wenn zwei skrupellose Bösewichte aus verschiedenen Welten – Dr. Doom aus den Marvel-Comics sowie Albert Wesker aus Capcoms Horror-Hit "Resident Evil" – beschließen, zusammenzuarbeiten, um ihre Macht über ihre eigenen Universen hinaus auszudehnen? Nichts Gutes - vermutet man zu Recht! Noch schlimmer wird die ganze Angelegenheit, wenn sie dabei versehentlich den Weltenverschlinger Galactus erwecken, der fortan beide Franchise-Kosmen aufzuzehren droht. Zum Glück gibt es auf beiden Seiten genügend Superhelden sowie -schurken, die sich dem scheinbar unbesiegbaren Koloss entgegenstellen können. Aus unerfindlichen Gründen darf nur ein Team aus drei Spezialisten Galactus bekämpfen, so dass in einem Turnier die Charaktere mit den besten Siegchancen ausgelotet werden müssen. Freunde sowie Feinde sollen ihre Zuneigung oder Animosität beiseitelegen, um schließlich als eine perfekt abgestimmte Einheit das Überleben beider Welten zu sichern. Mögen die Spiele beginnen!

Brot und Spiele

Wie bei nahezu jedem Titel aus der Beat'em'Up-Branche besteht auch bei "Marvel vs. Capcom 3" die Aufgabe des Spielers darin, die Kämpfer seiner Wahl zahlreiche Gefechte bestreiten zu lassen, um schließlich einem besonders mächtigen Endboss die Kauleiste zu demolieren. Das Prinzip dabei ist immer dasselbe: Die Gladiatorenteams, bestehend aus jeweils drei Mitgliedern, treffen aufeinander und traktieren sich so lange gegenseitig mit Schlägen, Tritten, Hieben, Schüssen, Schnitten oder Laserstrahlen, bis nur noch eine Seite über Energie auf den Leisten am Bildschirmrand verfügt, die die Gesundheit der Kämpen repräsentiert. Natürlich gehört schon etwas mehr dazu: Auch wenn die Konfrontationen dynamisch aufgebaut sind, lohnt es sich durchaus, taktisch geschickt vorzugehen, indem man zum Beispiel viele Angriffe geduldig kontert oder blockt, Kampfenergie ansammelt und mit ihrer Hilfe eine beinahe unüberwindbare Hyperschlagkombination aller Teammitglieder aktiviert, die den angriffslustigen Gegner hoffentlich in seine Schranken weist.

Jeweils 19 tapfere Krieger aus zwei Universen – Marvel und Capcom – stehen zur Auswahl, wobei jedoch vier davon noch freigeschaltet werden müssen, indem der "Arcade"-Modus erfolgreich abgeschlossen wird. Die Vielfalt der Charaktere stellt den besonderen Charme der Serie dar. Wo sonst kann "Ryu" aus "Street Fighter" seine patentierten "Hadouken"-Feuerbälle dem "Hulk" um die Ohren hauen oder der "Iron Man" mit "Zero" aus "Mega Man" den Boden aufwischen? Die individuellen Fähigkeiten der Spielfiguren machen oftmals den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage aus, denn wer beispielsweise auf ein Team aus reinen Fernkämpfern setzt, sieht oftmals im Nahkampf schnell alt aus. Eine gut ausgewogene Mannschaft mit einem optionalen "Wadenbeißer" – kleiner, robuster Charakter – sollte gegen alle Situationen gefeit sein.

Leider ist es bei all der Bandbreite an Superkräften schier unmöglich, für ein ausgewogenes Spielvergnügen zu sorgen, weil es immer Figuren gibt und geben wird, mit denen sich Kämpfe gegen unerfahrene Opponenten wesentlich einfacher bestreiten lassen, während andere auf den ersten Blick fast nutzlos erscheinen. Zur ersten Kategorie gehört eindeutig Marvels "Sentinel", der mit seinen heftigen Attacken sowie seiner robusten Statur schnell die Arena von feindlichem Gesindel säubert. Den Titel Oberlusche teilen sich vermutlich der äußerst unbewegliche "M.O.D.O.K." – logisch, er sitzt doch in einem fliegenden Rollstuhl – sowie "Arthur" aus "Ghosts 'n Goblins", dessen Supercombo lediglich seine Rüstung aufpowert. Echte Profis können jedoch die Schwächen der übermächtigen Charaktere ausnutzen und auch die Stärken der scheinbaren Schwächlinge im Team gezielt einsetzen, um die Schlacht für sich zu entscheiden.

Natürlich gibt es bei "Marvel vs. Capcom 3" jede Menge Trophäen sowie grafische Gimmicks zu gewinnen, wenn man bestimmte Bedingungen erfüllt. Alternative Kostüme gehören leider nicht dazu. Daraus erkennt man deutlich die Absicht der Entwickler, dieses Zubehör in Form von DLCs über das Playstation Network vertreiben zu wollen. Leser, bei denen diese Nachricht sauer aufstößt, kann man jedoch mit der Vorahnung beruhigen, dass auch scheinbar neue Charaktere auf diesem Vertriebsweg den Umfang des Titels erweitern werden. Die verfügbaren Spielmodi hat man schon tausend Mal – unter anderem in "Street Fighter IV" – gesehen, so dass an dieser Stelle nicht wirklich von Innovation gesprochen werden kann. Letztendlich bleiben vermutlich alle Zocker beim "Online"-Modus hängen, wo sie gegen menschliche Kontrahenten ihre Kräfte messen dürfen. "Capcom" verspricht dabei, das Verhalten der Spieler besonders unter die Lupe zu nehmen und sie so nach Fähigkeiten oder sogar unfairem Verhalten in Kategorien einzuteilen. Schlechte Verlierer mit allzu vielen Verbindungsabbrüchen werden dann besonders negativ auffallen und dementsprechend keine Gegenspieler mehr finden können.

Fingerakrobatik

Die Spielsteuerung ist den Entwicklern sehr gut gelungen, denn sie unterstützt nicht nur effektiv das Zusammenwirken dreier Kämpfer miteinander, sondern ist auch noch dermaßen intuitiv, dass selbst blutige Anfänger nach einer kurzen Zeit durchaus auch gegen alte Hasen bestehen können. Zusätzlich wird der Einstieg dadurch erleichtert, dass die Charaktere alternativ zur "normalen" Kontrolle auf eine "einfache" Art gelenkt werden können. Diese erlaubt es nämlich, Spezialangriffe mit einem Knopfdruck auszulösen. Damit aber die ganze Sache nicht zu einfach wird, muss man sich zuvor auf eine Super-Attacke festlegen. So haben geschickte Zocker bei der normalen Steuerung immer noch den Vorteil, auf ein größeres Repertoire an Angriffen zurückgreifen zu können. Im Gegensatz zu "Street Fighter IV" sind die Symboltasten nicht den Fäusten und Füßen zugeordnet, sondern stellen verschieden starke Kampfaktionen dar, die in Verbindung mit dem Steuerkreuz mächtige Kombinationen ermöglichen. Gerät ein Kämpfer einmal in Bedrängnis, so kann ein kurzes Auslösen einer der Trigger am Controller für Freiraum sorgen, indem einer der Teamkollegen kurz aushilft. Hält man denselben Knopf gedrückt, so wechselt man gänzlich auf einen anderen Kämpfer, der neben anderen Fähigkeiten natürlich auch eine vollere Lebensleiste zu bieten hat. Sowohl der fliegende Wechsel als auch die grundverschiedenen Kombinationsattacken der Charaktere bieten viel strategischen Spielraum, der lediglich durch die Geschwindigkeit der Gefechte eingeschränkt wird.

Kriegsbemalung

Spieler, die grafisch imposante Effekte mögen, bekommen bei "Marvel vs. Capcom 3" schon beinahe eine Überdosis von ihrer Lieblingsdroge verpasst. Nahezu jeder Spezialangriff löst ein derartig heftiges Blitzgewitter auf dem HD-Bildschirm aus, dass man selbst als Medizinlaie durchaus Verständnis für die Epilepsiewarnung zu Spielbeginn bekommt. Dementsprechend schwierig ist es, sich von der ganzen Pracht nicht beeindrucken zu lassen und einfach weiterzukämpfen oder sogar noch zeitlich exakt abgestimmte Konter zu setzen, die den Verlauf der Schlacht zu eigenen Gunsten wenden. Die Arenen, in denen die Teams einander entgegentreten, sind schön gestaltet und erwecken bisweilen sogar einen räumlichen Eindruck, der über die zweidimensionale Bewegungsebene der Figuren hinwegtäuscht. Die Charaktere selbst sind zwar im lizenzierten Comic-Stil gehalten, besitzen aber dennoch ein dreidimensionales Körpermodell, das stark Capcoms Konkurrenz-Hit aus eigenem Hause – nämlich "Street Fighter IV" – ähnelt. Lediglich bei den Filmsequenzen zur Hintergrundgeschichte haben die Entwickler sich ausgeruht – es gibt nämlich praktisch keine. Nach dem finalen Endkampf gegen einen schon fast übermächtigen Boss kommt nur ein vergleichsweise enttäuschendes Bild mit Text zum Lesen. Da hätte man ruhig mehr Arbeit hineinstecken können, um den Spieler für seine Mühe zu entlohnen.

Sound-technisch gibt sich "Marvel vs. Capcom 3" keine Blöße. Neben dem zu den Kämpfen passenden dynamischen Soundtrack sind alle Charaktere zweisprachig vertont – japanisch und englisch. Die Sprache der Spielfiguren kann sogar über das Einstellungsmenü individuell ausgewählt werden, so dass je nach Gusto entweder die Originalstimmen aus bekannten Titeln sowie Trickfilmen oder deren Übersetzung ertönen. Typischerweise haben sich die Entwickler die deutsche Vertonung komplett gespart, vermutlich, weil sie weder zur Atmosphäre noch zum Verständnis der Hintergrundgeschichte etwas hätte beitragen können.

Fazit

"Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds" ist ein spaßiger Beat'em'Up-Titel, der gekonnt an die Erfolge seiner Vorgänger anknüpft. Die große Charaktervielfalt bietet nicht nur viel Abwechslung fürs Auge, sondern erlaubt auf Grund der vielen unterschiedlichen Superkräfte ein taktisches Vorgehen, das Profis und Anfänger gleichermaßen ansprechen dürfte. Die vereinfachte Steuerung verkürzt deutlich die Einarbeitungszeit, so dass baldmöglichst viele Zocker auf gleichem Niveau im Online-Modus gegeneinander antreten können. Die bombastischen Grafikeffekte orientieren sich am aktuellen Stand der Technik für Beat'em'Up-Titel und könnten vielleicht sogar etwas weniger intensiv ausfallen, da sie vor allem Neulinge stark von den Kämpfen ablenken. Comic-Fans, die ihre Helden schön animiert in Aktion sehen wollen, sollten sich das Spiel kaufen, denn mir persönlich sind keine anderen Marvel-Crossover-Titel für die Playstation 3 bekannt.

(18.03.2011)

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