RTL Skispringen 2006 (RTL Playtainment) Geschrieben von Andreas Berger
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Als vor einem halben Jahrzehnt kein Skisprung-Wettbewerb ohne Superlativ eines deutschen Adlers stattfinden konnte und die nationale Euphorie mit dem historischen Sieg eines Schwarzwälders bei der Vierschanzen-Tournee ihren absoluten, und seitdem auch letzten, Höhepunkt feiern konnte, war spätestens die Geburtsstunde neuerer Softwareumsetzungen dieser Sportart gekommen. Nach dem legendären "Winter Games" war auch kein Spiel, das dieses wintersportliche Spektakel zum Thema hatte, wirtschaftlich wirklich erfolgreich geworden. Mit dem Erwerb der Übertragungsrechte durch einen Kölner Privatsender ließ sich die Vermarktungswelle nicht mehr aufhalten und der einstige Nischen- und Budgettitel "RTL Skispringen" liegt nunmehr in der Version 2006 vor. Gameplay - oder: Fliiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeeeeg! Die erfreulich unkomplizierte Installationsprozedur lässt den Spieler ohne lange Wartezeit an sein erstandenes Software-Produkt. Nach der mittlerweile wohl obligatorischen Kopierschutzabfrage auf den Original-Datenträger erscheint das wohl fast jedem bekannte "RTL"-Symbol. Wenige Sekunden später befindet man sich dann auch schon im Hauptmenü. Dieses ist klar strukturiert und lässt keine Fragen offen. Neben den üblichen Einstellungs-Optionen, der Springererstellung und dem Quiz stehen insgesamt fünf verschiedene Spielmodi zur Verfügung. Das Quiz soll gegenüber der Vorversion um 500 Fragen erweitert worden sein. Ähnlich der Gewinn-Show mit Günter Jauch erwarten den Spieler hier Quizfragen, zumeist aus der Welt des Sports, die der Spieler mittels vier vorgegebener Antworten unter Einhaltung eines Zeitlimits lösen kann. Zwei Joker stehen noch zur Verfügung. Während man mit dem Gewinn außerhalb der Karriere wenig anzufangen weiß und die Option lediglich zu Übungszwecken genutzt werden kann, wird eine Einladung zum Quiz gerade in den Anfängen der eigenen Sportlerlaufbahn freudig erwartet. Richtig beantwortete Fragen vorausgesetzt, stellt das erspielte Geld, immerhin bis zu 125.000 Euro, einen erfreulichen Bonus dar. Da "RTL Skispringen 2006" aber kein Quiz-, sondern ein Sportspiel ist, widmet man sich bald dem nordischen Skisport. Erster Anlaufpunkt hierfür dürfte das Tutorial sein. Hier wird dem Spieler anhand einzelner Schritte der Ablauf eines Skisprungs erläutert. Erst wird erklärt, dann soll man es nachmachen. Bei größeren Problemen geht die Einführung zurück und erklärt es nochmal. Bald sitzt der Bewegungsablauf und das Tutorial erlaubt nun freie Übungssprünge, wo es dann bei Schwierigkeiten wieder beratend eingreift. Vorbildlich! Getestet werden kann auch im Übungsmodus. Ohne das hilfreiche Eingreifen aus der Grundausbildung besteht nun die Möglichkeit, auf jeder der 41 vorhandenen Schanzen sein Können zu beweisen oder auch zu verfeinern. Hierbei lassen sich der Springer, die Wetterbedingungen, das Wachs sowie noch andere Faktoren einstellen, zu denen die Sprünge geübt werden sollen. Es besteht somit die Möglichkeit der Weitenjagd unter Bestbedingungen, die im Spiel selbst selten vorkommen. Genug geübt! Die nächste Spielvariante stellt der Schnellstart dar. Hier kann man mit vorgefertigten oder bereits selbst erstellten Springern einzelne Wettbewerbe, wie die Vier-Schanzentournee, springen. Alternativ lassen sich auch einzelne Schanzen zu einem Cup zusammenfügen. Nun ist es möglich, auch in einem "Hot-Seat"-Modus mit mehreren Leuten einen Wettbewerb an einem PC durchzuspielen. Im Mehrspieler-Bereich wird man diese Möglichkeit vergebens suchen. Dieser bietet "nur" die Möglichkeit, über Netzwerk oder Internet gegen 15 andere menschliche Spieler anzutreten. Hierfür ist jedoch vorher der aktuellste Patch zu installieren, der diverse Probleme mit dem Netzwerkcode behebt. Das Hauptaugenmerk liegt allerdings ganz klar auf dem Karriere-Modus. Dieser setzt mindestens einen zuvor erstellten Springer voraus. Mindestens einen? Im Karrierespiel besteht neben einer Einzellaufbahn auch die Möglichkeit, sich als Bundestrainer zu versuchen und mit vier Springern den Wettbewerb anzunehmen. Im Gegensatz zum Solospiel muss man als Bundestrainer die Sprünge der eigenen Schützlinge nicht selbst ausführen, kann dies aber auf Wunsch auch übernehmen. Die eingenommenen Preis- und Werbegelder kommen in den Topf der Mannschaft. Ansonsten unterscheidet sich die Springer-Karriere nicht von der des Trainers. Die Springererstellung geht erfreulich leicht vonstatten. Neben fünf wählbaren Gesichtern und diversen Nationalitäten legt der Spieler noch die Größe und das Gewicht des Athleten fest. Dies ist entscheidend für die Ski-Länge: Springer mit einem Body-Mass-Index (BMI) von weniger als 20,0 müssen mit kürzeren Skiern auskommen, um den Vorteil des geringeren Gewichts auszugleichen. Wichtig ist noch die Einstellung des Schwierigkeitsgrades. In der leichtesten Stufe erhält man die meisten Fähigkeitspunkte, die auf Anlauf-, Flug- und Landefähigkeit, den Grundgerüsten des eigenen Könnens, verteilt werden, sowie das meiste Startkapital. Mit Auswahl der schwierigsten von drei Stufen muss man auf Startkapital ganz verzichten und die Grundfähigkeiten können nur halb so üppig bestückt werden. Mit Sprüngen, Stürzen und Siegen sammelt der Springer Erfahrungspunkte. Ähnlich einem Rollenspiel steigt der Athlet ab einer bestimmten Punktzahl eine Stufe auf und darf nun seine Eigenschaftswerte um wenige Punkte erhöhen sowie Popularität und Verhandlungsgeschick verbessern. Die Erfahrungsstufen sind darüber hinaus ein Kriterium dafür, welche Objekte der Spieler im Shop erstehen kann. Alsdann kann die Karriere begonnen und in der Juniorenliga gestartet werden. Es gilt in der Juniorklasse, mindestens Fünfter zu werden, um den Aufstieg in die Amateurliga zu schaffen. Erst mit ebenso positivem Ausgang darf man sich an die Aufgabe machen, sich den größten Skisprung-Assen in der Profi-Liga zu stellen. Doch bis dahin müssen noch eine Menge Sprünge absolviert werden. Vor jedem Wettbewerb besteht die Möglichkeit des Trainings. Die eigenen finanziellen Mittel entscheiden hierbei darüber, welchen der unterschiedlich talentierten Trainer man sich leisten kann oder ob man auf sich allein gestellt ist. Mit Coach verbessern sich die eigenen Attribute wie Sprungkraft, Fitness und Motivation jedoch schneller als ohne Unterstützung durch den Fachmann. Durch ein absolvierbares Extra-Training können noch zusätzliche Punkte für die tägliche Trainingseinheit gewonnen werden. Praktisch ist hierbei noch, dass dieses Extra-Training auf der anstehenden Wettbewerbsschanze zu den Wetterbedingungen des Events geleistet wird. So kann man sich zumindest ein wenig auf die Konditionen des Springens einstellen. Es hilft auch noch dabei, die eigene Leistungsfähigkeit für das Wettbüro einzuschätzen. Setzt man nun lieber auf sich selbst? Oder doch lieber auf einen anderen Springer? Es kann auf unterschiedliche Dinge gewettet werden: Platzierung, Weite, Haltungsnoten oder Gesamtpunktzahl. So ist es möglich, vorherzusagen, dass ein anderer Springer Erster wird, oder eine bestimmte Weite überspringt. Tritt das Ergebnis ein, bekommt man den der Quote entsprechenden Gewinn ausgezahlt. Es macht natürlich kaum einen Sinn, vorauszusagen, dass ein Springer in der Amateur-Liga den Schanzenrekord in Innsbruck bricht; die Quote wäre allerdings hervorragend. Nach Training und Wetten geht es nun darum, die Skier möglichst optimal auf die Witterung einzustellen. Wem es hierbei zu mühsam ist, mittels Mathematik oder stetigem Ausprobieren die beste Wachsmischung selbst zusammenzustellen, der kann, genügend finanzielle Mittel vorausgesetzt, einen Wachsmeister mit dieser Aufgabe betrauen. Hier gilt ebenfalls der Grundsatz: Je besser der Wachser, desto teurer ist seine Dienstleistung. Überzähliges Kapital kann darüber hinaus im Shop angelegt werden. Entsprechend der bisher erreichten Erfahrungsstufe und erledigten Aufgaben können immer bessere Ausrüstungsgegenstände erworben werden. Das kann ebenfalls sehr ins Geld gehen. Wie bereits erwähnt, wird der Springer hin und wieder zu einem Quiz eingeladen, bei dem er seine Kasse aufbessern kann. Manchmal melden sich auch Sponsoren, um dem Athleten finanziell unter die Arme zu greifen. Ähnlich wie in Brettspielen treten hin und wieder auch mal unterschiedlich erfreuliche wie negative Ereignisse ein. Da heiratet man mal ein Model, das bringt Popularität, dann verdreht man sich das Knie, das reduziert die Sprungkraft und so weiter. Leider wiederholen sich diese Ereignisse während einer Karriere des Öfteren, was bei positiven Geschehnissen natürlich weniger schlimm ist. Der Wettbewerb selbst ist in drei Phasen aufgeteilt: Qualifikation, erstes Springen und Finale. Die Qualifikation besteht man nur, wenn man als einer von 72 Springern mindestens den 50. Platz erreicht. Nach dem ersten Springen muss man nun zumindest Dreißigster werden, um in das Finale einzuziehen. Da man die Leistungen der anderen Athleten auch beobachten kann, darf man, die eigenen eingerechnet, 152 Sprünge bewundern. Leider hat "49Games" dieses Prinzip auch unlogischerweise bei den Nationen-Cups, wenn sich die besten Skisprungnationen miteinander messen, angewendet. Es ist einfach seltsam, wenn von vier Springern eines Landes nach dem ersten Springen nur noch zwei dabei sind. Schade ist auch, dass die Wettbewerbe bei jedem Wetter stattfinden. Der Internationale Skiverband würde kein Skispringen bei Windstärken über fünf Beaufort stattfinden lassen, bei "RTL Skispringen 2006" wird man noch von den Kommentatoren beschimpft, wenn man unter diesen Bedingungen keinen vernünftigen Sprung hinbekommt oder gar stürzt. Stürze sind allerdings, mit Ausnahme des gerade versauten Wettbewerbs, nicht besonders schlimm. Beim nächsten Springen ist man in jedem Fall dabei, es gibt also keine Verletzungspausen. Gegebenenfalls verliert der Springer aufgrund eines schlimmen Sturzes einige Punkte von der Sprungkraft oder der Fitness. Bedienung - oder: Hauptsache Telemark! Obwohl für die Maus ausgelegt, lässt sich "RTL Skispringen 2006" ebenso präzise mit dem Gamepad oder aber der Tastatur steuern. Aufgrund der doch wenigen zu absolvierenden Bewegungsabläufe spielt die Auswahl des perfekten Spielgeräts eine untergeordnete Rolle. Markant sind jedoch die Unterschiede zwischen analoger und digitaler Steuerung. Während man mit der Maus oder dem Analog-Stick am Gamepad häufiger nachjustieren muss, "ruckt" die Spielfigur bei digitaler Bedienung an die gewünschte Position oder mitunter auch daran vorbei. Am effektivsten für die Weitenjagd erwies sich eine Kombination aus Maus und Tastatur: Während sich der Nager für die feinen Bewegungen nach links und rechts, etwa, um die Balance beim Anlauf oder in der Luft zu erhalten, verantwortlich zeichnet, eignet sich die Tastatur hervorragend für den Übergang ins "V" sowie die Einleitung des Landemanövers. Hinzu kommt, dass die Navigation in den Menüs sehr einfach ausgefallen ist, wodurch weitere Wünsche und Ansprüche an die Bedienung des Spiels ausbleiben. Grafik - oder: Schöner fliegen! Ob nun im Schwarzwald, der Hohen Tatra oder gar in den Alpen: Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Skisprungorten lassen sich bereits beim Einschwenken der Kamera zu den Arenen der nordischen Spektakel bemerken. Das Hauptaugenmerk liegt allerdings auf den Schanzen bzw. den Schanzengruppen. Die 41 verschiedenen Anlagen, die Entwickler zählten hierbei die Sommer- und Nachtvarianten großzügig als eigene Schanzen hinzu, entsprechen wirklich ihren realen Vorbildern. Sogar die Anlage von Pragelato, extra gebaut für die Winter-Olympiade "Torino 2006", wurde originalgetreu mit ihren beiden Schanzen übernommen. Dabei sieht das Ganze auch noch ansprechend aus, wenn man die etwas detailarmen Springer weglässt. Während Bäume aus der Nähe etwas grobkörnig daherkommen, machen diese aus der Entfernung wirklich etwas her. Die Bergpanoramen sind sehr ansehnlich und die Nachtspringen mit ihren jeweiligen Feuerwerken bringen richtig Atmosphäre herüber. Zur Auflockerung fliegt hier und dort mal ein Flugzeug oder ein Hubschrauber durchs Bild. Dabei bleibt die grafische Darstellung allerdings aufgrund ihrer geringen Ansprüche an die Hardware auf eben jenem geringen Niveau. Bestes Beispiel sind die Zuschauer: Im Grunde genommen gibt es nur fünf Fans, die hundertfach geklont in den Arenen stehen und die immergleichen Bewegungen vollführen. Selbst wenn der Sportler bereits gelandet ist und sein Ergebnis betrachtet, schauen die Klone noch gebannt zur Schanze hoch und jubeln dabei. Schade, was die Nachtspringen hier an Atmosphäre aufbauen, geht tagsüber dann leider wieder verloren. Während des Sprungs selbst nimmt der Spieler die Umgebung kaum mehr wahr. Dort zählen nur noch die Diagramme über Balance und Anlauflänge, bzw. hinterher Flughöhe und Balance. Sound - oder: Wo ist Jauch? 800 Kommentatorensprüche will "49Games" in das Spiel eingebaut haben. Dieses nachzuzählen wäre sicherlich keine Arbeit, die man jemandem zumuten möchte; nach wahrlich kurzer Zeit meint man, wirklich jeden Satz gehört zu haben. Ganz drastisch fällt dieses auf, wenn ein kompletter Wettbewerb mit seinen 152 Sprüngen verfolgt wird. Glücklicherweise kann man die Kommentatoren in den Soundoptionen deaktivieren, was mit der Musik genauso möglich ist. Diese ist zwar nur während der Aufenthalte in den verschiedenen Menüebenen wahrzunehmen, könnte manchen aber doch nerven. Die akustische Kulisse während des eigentlichen Sportevents ist hingegen als mehr als gelungen zu bezeichnen. Die Entwickler haben es sich anscheinend nicht nehmen lassen, Springer mit Mikrofonen ausgestattet über den Schanzentisch zu schicken, um eine möglichst authentische Präsentation zu ermöglichen. Sitzt der Springer noch auf dem Balken, sind bei Wind die rauschenden Bäume, zumeist der nadelnden Gattung angehörend, vernehmbar. Aus dem Stadion im Tal dringen leicht gedämpft die Zuschauerkulisse sowie die bereits aus den Menüs bekannte Musik in die Ohren. Letztere kommt leise und leicht blechern - die Lautsprecher der Skisprungarenen simulierend - beim wartenden Springer an. Einmal jedoch gestartet, konzentriert sich der Spieler nur noch auf den Anlauf und das surrende Geräusch unter seinen Brettern. Bei den Sommerschanzen ist hierfür sogar ein anderes Geräusch von "49Games" verwendet worden, eben das realistisch wirkende Rollen der Walzenspur unter den Skiern. Mindestsystemanforderungen: - Win98/2000/ME/XP - Pentium III 700 MHz oder vergleichbar - 256-MB-RAM - DVD-ROM - mind. 32-MB-Grafikkarte - DirectX-kompatible Soundkarte
Testsystem: - WinXP - AMD 64 3500+ - 2 GB RAM - 16x DVD-ROM - Radeon X800XL mit 256 MB - Creative Audigy 2 ZS
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