Die Sims Mittelalter

Die Sims Mittelalter

(Electronic Arts)

geschrieben von Daniela Salten

 

     
 

Seit nunmehr 11 Jahren erfreuen uns schon die Sims. Dabei blieb das Spielkonzept in allen bislang erschienenen drei Teilen im Prinzip gleich. Immer ging es darum, einen oder mehreren Sims ein möglichst angenehmes Leben zu bereiten und sie vor Hunger, Müdigkeit oder sozialer Isolation zu bewahren. EA geht jetzt mit "Die Sims Mittelalter" neue Wege, indem es Aufgaben für die Sims, so genannte Quests, in den Mittelpunkt des Spielgeschehens stellt.

Ein Königreich ...

"Die Sims Mittealter" unterscheidet sich auch sonst in mancherlei Hinsicht vom Originalspiel. Da wäre zunächst einmal die zeitliche Einordnung zu nennen. In einem fiktiven Mittelalter, das sich nicht nur durch das Vorhandensein der Kartoffel vom echten europäischen Mittelalter unterscheidet, hat ein Monarch große Pläne. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, von seinem Schloss aus ein neues Königreich aufzubauen und in ein goldenes Zeitalter zu führen. Dabei fällt dem Spieler als Erstes die Aufgabe zu, sich einen Herrscher zu basteln und mit ihm eine Quest zu bestreiten, die in die Systematik und den Ablauf des Spiels einführt. So beginnt alles zunächst wie gewohnt, nämlich mit dem altbekannten "Erstelle einen Sim"-Tool. Optisch hat es sich ein wenig verändert, weil es eben etwas "mittelalterlich" daherkommen soll, inhaltlich stehen aber auch hier sämtliche Möglichkeiten der Charaktergestaltung zur Verfügung, wie man es bereits aus "Die Sims 3" gewohnt ist. Detailliert kann der Spieler über Körper- und Kopfform, Augenfarbe, Haartracht und Kleidung bestimmen und so viele Aspekte individuell verändern, dass der Sim am Ende sehr lebensecht wirkt. Accessoires im Haar und Kleidungsstücke sind zusätzlich in Mustern und Farben variierbar, wobei ihr mittelalterlicher Schnitt immer erhalten bleibt. Über "Erstelle einen Stil" ist es aber, wie bereits aus "Die Sims 3" bekannt, auch möglich, Tapeten, Böden und Möbeltextilien, allerdings leider nicht die übrigen Materialien, zu verändern und zu kreieren.

Eine Bearbeitung haben hingegen die Persönlichkeitsmerkmale, die man seinem Sim geben kann, erfahren. Konnte man bei "Die Sims 3" noch fünf Merkmale aus einer langen Liste auswählen, sind es jetzt nur noch zwei. Auch die Auswahl selbst wurde verändert und verkleinert, wobei zu den bekannten Merkmalen, wie freundlich, gut, böse oder kreativer Koch, neue hinzukamen, beispielsweise ritterlich, redegewandt, gelehrt oder Feilscher. Komplett neu ist hingegen, dass man seinem Sim auch eine "[g]rößte Schwäche" geben muss. Dazu gehören so liebenswerte Eigenschaften wie Grausamkeit, Überheblichkeit, Zügellosigkeit und u. a. Trunkenbold. Der jeweiligen Schwäche muss der Sim auch ab und zu nachgeben, weil ansonsten seine Stimmung schlechter wird. Es ist aber glücklicherweise auch möglich, das jeweilige Laster loszuwerden. Indem der Sim bestimmte Quests erfolgreich abschließt, kann seine Schwäche durch ein legendäres Merkmal ersetzt werden, das danach als weitere positive Eigenschaft fungiert.

... für eine Quest

Ist der Monarch erstellt, kann es auch schon losgehen. Es ist bei Spielbeginn ratsam, zunächst die in das Spielprinzip einführende Quest zu absolvieren. Später kann man über das Quest-Buch eine ganze Reihe weiterer Aufgaben auswählen und zu einem (hoffentlich) erfolgreichen Ende bringen. Die Quests können sich auf vier Kriterien auswirken, die die Zufriedenheit der Bewohner des Königreiches in den jeweiligen Bereichen widerspiegeln. Es handelt sich dabei um die Kriterien Wohlbefinden, Sicherheit, Kultur und Wissen. Je besser der Spieler in diesen Bereichen dasteht, umso besser geht es auch den Sims im Königreich.

Pro gewonnener Quest erhält der Spieler eine bestimmte Anzahl an "Königreichs-Punkten". Diese kann er dazu verwenden, sein Reich weiter auszubauen. Dazu stehen ihm verschiedene Gebäude zur Verfügung, mit denen sich neben dem Monarchen nach und nach neun weitere Berufe freischalten lassen können: Ritter, Händler, Barde, jakobanischer Abt, petrischer Priester, Spion, Zauberer, Arzt und Schmied. Jeder einzelne Sim, der den jeweiligen Beruf ausübt, kann ebenfalls frei gestaltet werden. Mit diesen Figuren ist es jetzt möglich, ebenfalls Quests zu absolvieren und "Königreichs-Punkte" zu gewinnen.

Dabei gibt es Quests, die verschiedene Herangehensweisen zulassen, je nachdem, welchen Helden man für sein Abenteuer auswählt, und solche, die von zwei Sims bestritten werden können, zwischen denen der Spieler dann hin- und herschaltet. In der Regel sind bei den Quests berufsbezogene Fähigkeiten gefragt, so dass man quasi nebenbei auch Erfahrungspunkte erlangt, die den Helden in seinem Berufslevel steigen lassen. Die Quests selbst laufen dabei vor allem so ab, dass der Held herumlaufen und kleine Aufgaben, wie beispielsweise Dinge im Wald suchen oder Straßenpatrouillen durchführen, erledigen oder Gespräche führen muss. Das führt leider alles zu einer ziemlichen Herumrennerei und zieht so das Spiel ziemlich in die Länge. Die Quests selbst laufen dabei zumeist linear ab. Zwar wird man manchmal vor Handlungsalternativen gestellt, die haben aber in den seltensten Fällen echte Auswirkungen auf den Ausgang der Quest.

Von Zeit zu Zeit muss man auch in Gegenden aufbrechen, die im Spiel nur in Textform dargestellt werden. Das gilt etwa für Expeditionen in andere Länder, mit denen Handel getrieben werden kann, die allerdings auch unterworfen werden können, ebenso wie für Höhlenerkundungen und Waldspaziergänge. Die Frage ist, inwiefern die Textform der Quests, hartgesottene Rollenspieler dazu bewegen könnten, sich mit "Die Sims Mittelalter" anzufreunden. Das ganze Quest-System ist ja im Prinzip nichts Neues. Erprobt wurde es in Ansätzen bereits in "Die Sims 3". Beispielsweise war es für das Weiterkommen in einigen Berufen notwendig, bestimmte Aufgaben zu erledigen. In "Die Sims Mittelalter" wird dieses Element nun zur Hauptaufgabe des Spielers erhoben.

Das tägliche Leben

Der Live-Modus unterscheidet sich auf den ersten Blick, abgesehen von der auch hier "mittelalterlich" gestalteten Aufmachung, nicht sonderlich von seinem Pendant aus "Die Sims 3". Erst bei näherem Hinsehen fallen einige Unterschiede auf, so etwa die Anzeige für die Quest-Leistung und die zu erfüllenden Aufgaben. Die Bedürfnisse wurden stark heruntergeschraubt: So muss sich der Spieler bei seinem Sim nur noch um Nahrung und Schlaf kümmern, soziale Interaktion oder Toilettengänge fallen hierbei ganz weg. Zusätzlich zu den Quests erhalten die Sims dafür allerdings pro Tag zwei Verpflichtungen, die sie tunlichst erfüllen sollten. Diese können beispielsweise darin bestehen, dass der Monarch einen Bären jagen, der Ritter einen anderen Sim im Schwertkampf trainieren oder der Barde ein Theaterstück schreiben soll. Erfüllung wie Nichterfüllung dieser Verpflichtungen wirken sich, ebenso wie die Stimmungen, die der Sim im Laufe des Spiels durch Interaktionen oder Handlung erhält, auf die Konzentration und damit auch auf die Leistung im Quest aus.

Auch in "Die Sims Mittelalter" ist es wieder möglich Dinge zu sammeln, aber eben nicht für jeden Charakter. Arzt, Zauberer und Schmied sind dafür zuständig, verschiedene Pflanzen und Mineralien zu sammeln und diese weiterzuverarbeiten. Jeder Sim kann dagegen kochen. Hier ist es allerdings notwendig, sich baldmöglichst im Dorfladen, beim Händler oder durch die Jagd mit weiteren Nahrungsmitteln zu versorgen, denn ständig Grütze zu essen schlägt bei den Sims schnell aufs Gemüt. Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die beiden religiösen Konfessionen der Jakobaner und der Petraner, die beide den so genannten Wächter verehren, wobei die Jakobaner eher auf Furcht, die Petraner vielmehr auf Belehrung setzen. Sie können Sims zum jeweiligen Glauben bekehren und diesen damit spezifische Stimmungen und Fähigkeiten verleihen. Diese interessante religiöse Komponente ist neu und tauchte bislang noch in keinem "Sims"-Titel auf.

Ganz weggefallen ist hingegen der Baumodus. Die einzelnen Gebäude sind vorgefertigt und können in ihrer äußeren Anlage nicht mehr verändert werden. Dekorationstechnisch ist jedoch weiterhin alles möglich. Neue Möbel, Wandbehänge, Bodenbelege, Leuchten, die Auswahl ist groß und die Gestaltung sehr gelungen. Selbstverständlich kann man auch hier benutzerdefinierte Muster einfügen, allerdings nicht für Holz und Stein.

Die Konzentration auf die Quests hat die eigentliche Lebenssimulation in den Hintergrund treten lassen. Zwar ist es nach Herunterspielen der Quest-Punkte durch das erfolgreiche Absolvieren einer gewissen Anzahl an Quests möglich, entweder ein neues Spiel mit einer anderen Zielsetzung zu beginnen oder eben klassisch die Lebenssimulation zu spielen. Die Verpflichtungen wiederholen sich aber sehr bald, was übrigens auch von Spiel zu Spiel für die Quests gilt. Die reduzierten Bedürfnisse und der fehlende Baumodus lassen im freien Spiel einfach nicht den Reiz aufkommen, wie man ihn aus "Die Sims 3" kennt.

Grafik und Sound

Grafisch orientiert sich "Die Sims Mittelalter" sehr stark am Erscheinungsbild von "Die Sims 3". Das gilt für die Sims selbst wie für die Umgebung. Die gemeinsame Grundlage ist klar erkennbar. Das gilt auch für die Bäume und Sträucher, wobei leider gesagt werden muss, dass das Gras etwas verschwommen aussieht und nicht immer mit den scharf gestalteten Figuren und Bäumen korrespondieren will. Ärgerlich sind auch Grafikfehler. Zu oft sind ineinanderlaufende Sims oder Hände, die in Kleidern verschwinden, zu sehen. Das ist einfach ärgerlich und unnötig.

Die Gebäude und ihre Einrichtung sind sehr gut und auch sehr stimmig gelungen. Allein die Kameraführung weiß nicht zu überzeugen. War es bei "Die Sims 3" möglich, sich im eigenen Haus im 360°-Winkel zu bewegen, hat man es hier eher mit einem Puppenhaus oder einer Theaterbühne zu tun, die man zwar von außen betrachten, in die man aber nicht hineingehen und nicht selbst miterleben kann. Auch bei der Inneneinrichtung wirkt die fehlende Drehfunktion der Kamera ziemlich störend. Gleiches gilt außerhalb der Gebäude bei der Verfolgung von laufenden Sims, die gerne mal um Ecken oder hinter Hindernissen verschwinden und zu denen man erst mühsam wieder heranzoomen muss.

Sound-technisch bleiben hingegen keine Wünsche offen. Ob das Hämmern der Schmiede, das Kritzeln auf Pergament oder das Klirren der Schwerter, die Soundeffekte sind authentisch und jederzeit glaubwürdig. Das übliche "Simlisch" der Sims hat man natürlich beibehalten, es aber ein wenig altertümlich gestaltet. Als erstklassig kann man nur die Musikauswahl bezeichnen. Sämtliche Stücke wurden mit mittelalterlichen Instrumenten eingespielt, so dass wirklich ein zeitgemäßes Flair aufkommen will.

Der neue Ansatz bei "Die Sims Mittelalter", weg von der reinen Lebenssimulation, hin zum quest-basierten Rollenspiel, ist durchaus zwiespältig zu sehen. So interessant es auch ist, die verschiedenen, wenn auch sich bald wiederholenden Quests mit unterschiedlichen Sims zu spielen und sich so nach und nach ein eigenes Königreich aufzubauen: Dem ganzen Spiel fehlt doch irgendwo das, was die bislang erschienenen drei Teile von "Die Sims" ausgemacht hat. Zu wenig ist die eigene Kreativität gefragt, zu sehr wird auf Quests und Verpflichtungen gesetzt, was die Simulationselemente in den Hintergrund treten lässt. Zwar sind neue Ideen, wie religiöse Auseinandersetzungen bei den Sims, die Erfüllung bestimmter Kriterien oder die außergewöhnlich schöne Musikuntermalung gut eingefügt, dennoch will es nicht immer vollkommen überzeugen. "Die Sims Mittelalter" dürfte dennoch bei den Sims-Fans seinen Anklang finden, da viele Elemente grundsätzlich aus "Die Sims 3" schon bekannt sind, ob man aber hartgesottene Rollenspieler mit den manchmal etwas sehr textbezogenen Quests überzeugen wird, ist eher fraglich.

(27.04.2011)

 

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