MotoGP 10/11

MotoGP 10/11 (PS3)

(Capcom)

geschrieben von Oliver Salten

 

 
Entwickler: Monumental Games
Publisher: Capcom
Genre: Rennspiel
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: MotoGP 10/11
Preis: 54,99 €
Altersfreigabe: Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß §14 JuSchG

Rechtzeitig zum Auftakt der neuen MotoGP-Saison haben Capcom und der Entwickler Monumental Games mit "MotoGP 10/11" den neuesten Ableger der bekannten Rennserie herausgebracht. Nachdem der Vorgänger "MotoGP 09/10" von der Kritik eher durchwachsen aufgenommen wurde, bietet sich jetzt die Chance, verlorenes Terrain im hart umkämpften Rennspiele-Sektor zurückzugewinnen.

Endlich mehr Realismus

Gespannt waren die Fans der Reihe vor allem darauf, ob die anspruchslose Fahrphysik der Vorgängerversion endlich einem realistischeren Modell weichen würde. Die Entwickler haben uns nicht enttäuscht. Beeindruckend ist zunächst die ganze Bandbreite an Fahrhilfen, die individuell zu- und abgeschaltet werden können. Bremsverhalten, Traktionskontrolle, optionales Schalten der Gänge und die Haltung des Fahrers sind nur einige der Optionen, die dem Spieler zur Verfügung stehen. Auch den absoluten Simulationsfan, der keine Hilfe will, sondern nur die schiere Macht des rasenden Zweiradboliden spüren möchte, dürfte das zufriedenstellen. Der Realismus geht sogar noch weiter: Ganz individuell kann jeder am Motorrad auch als Mechaniker tätig werden und die Abstimmungen vornehmen, die ihm am ehesten zusagen. Das gilt nicht nur für die Reifenmischung, sondern auch für Getriebeeinstellungen, Radstand und Federung. Sehr detailliert können Einstellungen vorgenommen werden, wobei für Personen, die technisch nicht so bewandert sind, eine kurze Erklärung angebracht gewesen wäre, wie sich Veränderungen in diese oder jene Richtung auf das Verhalten des Gefährts auswirken.

Gerade das Fahrverhalten ist jedoch der Grund, weswegen ich mit "MotoGP 10/11" am Anfang nicht warm werden konnte. Ist auf den Geraden das Geschwindigkeitsgefühl absolut vorhanden, sind die Kurven, selbst mit allen Fahrhilfen, keine einfache Angelegenheit. Da die Bremsen in meinen Augen etwas wenig Grip liefern, bedarf es einiger Übung, bis man die Bremspunkte und die Neigung für eine vernünftige Kurveneinfahrt verinnerlicht hat. Gerade zu Beginn wird man sehr schnell aus der Kurve getragen und landet gerne im Kiesbett, was zu einigen Frustrationserlebnissen führen dürfte. Wer jedoch Geduld hat, wird sich schnell darauf einstellen, und an der leicht zugänglichen, wenn auch sehr sensiblen Steuerung und der realistischen Fahrweise Gefallen finden. Abstriche beim physikalischen Verhalten gibt es jedoch bei den Witterungsbedingungen und der Darstellung der Stürze. Bei Regen wie bei Sonne fährt sich die Maschine relativ gleich, rutschende Bewegungen im Nassen vermisst man deshalb ein wenig. Die Stürze sehen immer spektakulär aus, selbst beim langsamen Fahren. Wenn der Fahrer sich bei geringer Geschwindigkeit mehrfach überschlägt, wirkt es nur noch albern. Ein Schadensmodell ist leider auch nicht vorhanden. Bis ins letzte Detail scheint der Realismus dann doch nicht gediehen zu sein.

Das trifft zum Teil auch auf die Fahrperspektiven zu, von denen drei zur Verfügung stehen. Zwei zeigen den Standpunkt hinter dem Fahrer, eine etwas näher, die andere etwas weiter entfernt. Die dritte ist als Ego-Perspektive konzipiert. Gerade diese ist jedoch kaum benutzbar: Man könnte noch darüber hinwegsehen, dass nicht an die Handbewegungen des Fahrers beim Schalten oder Bremsen gedacht wurde. Warum jedoch selbst bei extremer Kurvenneigung der Kopf und damit der Blickwinkel ohne jede Bewegung nach links oder rechts stur auf einer geraden Linie verharrt, während sich nur Hände und Lenker bewegen, bleibt mir persönlich ein Rätsel. Es sieht nicht nur unschön aus, von realistischem Fahrgefühl kann spätestens hier keine Rede mehr sein.

Vom Rookie zum Weltmeister

Fünf verschiedene Modi stehen dem Spieler zur Verfügung: Weltmeisterschaft, Karrieremodus, Herausforderungsmodus, Rennen auf Zeit und Mehrspielermodus. Positiv ist im Vergleich zu "MotoGP 09/10" hervorzuheben, dass, abgesehen vom Karrieremodus, bei allen Spielvarianten von vorneherein alle drei Motorradklassen, 125 ccm, Moto2 und MotoGP, deren jeweiliges Fahrverhalten durchaus unterschiedlich wirkt, sowie sämtliche Fahrer zur Verfügung stehen und nicht erst freigespielt werden müssen. Im Karrieremodus startet der Spieler zunächst in der 125-ccm-Klasse. Das kann mit einem der vorgegebenen Fahrer oder einem selbst erstellten Charakter angegangen werden. Dabei sind Team-Name und -Farben sowie der Helm variierbar. Ist das erledigt, kann es auch mit dem ersten Rennwochenende der Saison 2010 in Katar schon losgehen, dem einzigen Nachtrennen. Die Inhalte der MotoGP-Saison des Jahres 2011 können übrigens bald nach Beginn derselben kostenlos heruntergeladen werden.

Jedes Rennwochenende gliedert sich in drei Teile: die Übung, die Qualifikation und das Rennen. Letzteres ist standardmäßig auf drei Runden eingestellt, kann aber bis zu einer vollen Renndistanz ausgeweitet werden. Jeder der drei Abschnitte wird gesondert einer Beurteilung unterzogen. Leider wurde hier das problematische Bewertungssystem des Vorgängers übernommen. Positiv wirken sich demnach fehlerfreie Rennabschnitte, Fahren auf der Ideallinie und Überholvorgänge aus. Negativ fällt es hingegen ins Gewicht, wenn man von der Strecke abkommt, seinerseits überholt wird oder mit einem Mitfahrer kollidiert, selbst wenn die Kollision von ihm ausging. Fair ist das zwar nicht, zumal das nicht selten vorkommt. Am Ende steht auf jeden Fall eine Note, anhand derer entschieden wird, wie der Spieler sich im Hinblick auf seine Erfahrungsstufe auf seinem Weg vom Rookie zum Weltmeister fortentwickelt.

Zwischen den einzelnen Rennen gilt es sich darum kümmern, dass man vernünftiges Personal zur Verfügung hat. Als Erstes ist es sinnvoll einen PR-Manager einzustellen, der die gut dotierten Werbeverträge hereinholt. Hat man genügend Geld verdient, sollte man sich einen Ingenieur leisten. Dieser kann Verbesserungen in den Bereichen Höchstgeschwindigkeit, Beschleunigung, Bremsen und Chassis entwickeln. Mit steigendem Erfolg wachsen natürlich die Werbeeinnahmen, zusätzlich werden ab und zu auch Einladungsrennen veranstaltet, die zusätzliches Geld bringen. Wer mag, kann jetzt sogar mit einem realen Mitspieler offline um die Wette fahren, der über Split-Screen das Team verstärkt und so hilft, die Position des Hauptspielers gegenüber den konkurrierenden Mannschaften zu verteidigen. Der Karrieremodus ist eine gut gelungene Mischung aus Renn-Action und Team-Management, wobei der Manager-Bereich im Vergleich zur schillernden Rennfahrsimulation vergleichsweise trocken ausfällt.

Wer auf Ingenieure und Bewertungssysteme verzichten kann, dem sei der Weltmeisterschaftsmodus anempfohlen. Hier kann der MotoGP-Fan in die Haut seines Idols, sei es Valentino Rossi, Dani Pedrosa oder Casey Stoner, schlüpfen und um den WM-Titel fahren. Auch hier teilt sich das Rennwochenende in Übung, Qualifikation und Rennen auf. Das Rennen auf Zeit ist ein klassisches Einzelzeitfahren, mehr braucht wohl nicht gesagt werden. Der Herausforderungsmodus ist eher als Arcade-Modus zu verstehen. Zu Beginn eines Rennens hat der Spieler ein bestimmtes Zeitkontingent, das rückwärts läuft. Dieses Kontingent kann durch gutes Fahren und Überholmanöver aufgestockt werden. Hat man am Ende noch Zeit übrig, kann man diese in das nächste Rennen mitnehmen.

Der Multiplayer-Modus kann Rennen mit bis zu 20 Fahrern gleichzeitig umfassen. Sollten jedoch zu wenig reale Spieler dabei sein, wird das Starterfeld mit CPU-Fahrern aufgefüllt. Strecke und Witterung lassen sich leider nicht vom Veranstalter einstellen, dabei ist man auf das Abstimmungsverhalten der Mitspieler angewiesen. Die Online-Rennen scheinen insgesamt recht stabil zu laufen, kleinere Ruckler in der Grafik fallen kaum ins Gewicht und stören nicht sonderlich beim Spielfluss.

Von wummernden Motoren und sterilen Strecken

Sound-technisch bietet "MotoGP 10/11" durchaus Verbesserungen gegenüber seinem Vorgänger. Nach eigenen Angaben von Capcom soll das Geräusch der Motorräder echten MotoGP-Maschinen entnommen worden sein – eine Behauptung, die die satten Klänge der Motorräder und wummernden Motoren absolut untermauern. Der nervige Kommentator des Vorgängers wurde eingespart, statt dessen hört man ab und zu die Stimme eines Beraters, der am Anfang Fahrtipps gibt und später die Ziele der einzelnen Rennen formuliert. Allein die Auswahl der Hintergrundmusik ist nicht sehr glücklich geraten. Die wilde Mischung aus Electro und Hardrock wirkt wenig schlüssig und ähnlich wenig durchdacht.

Grafisch ist MotoGP so eine Sache: Die Motorräder und Fahrer wirken authentisch und in ihren Bewegungsanimationen sehr flüssig, sieht man mal von der oben beschriebenen Fahrerperspektive ab. Die 18 Stecken selbst sind ihren realen Vorbildern detailliert nachempfunden, wirken aber insgesamt etwas steril. Das gilt vor allem für die Zuschauerränge. Kaum Bewegung, von Begeisterung und Jubel zumindest optisch nichts zu spüren. Atmosphäre will nicht aufkommen. Das dürfte auch daran liegen, dass Videosequenzen Mangelware sind. Außer einer Animation vor dem Rennen, die aber hölzern wirkt, ist da gar nichts, keine jubelnden Zuschauer vor und nach dem Rennen, keine Einspieler von enttäuschten Verlierern und keine großen Siegerehrungen. Leicht wäre es gewesen, die dröge Umgebung etwas aufzulockern, aber hier muss man offenbar auf den Nachfolger hoffen.

Fazit

"MotoGP 10/11" ist ein Spiel, das sich im Vergleich zum schwachen Vorgänger in die richtige Richtung entwickelt, aber noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Das größtenteils realistische Fahrverhalten, die neue Koop-Variante im Karrieremodus, die bereits freigeschalteten Fahrer und Klassen sowie der überarbeitete Sound machen Spaß und geben Hoffnung für den Nachfolger. Zu tun gäbe es noch einiges: Die sterile Streckengrafik, die ungeeignete Fahrerperspektive und das etwas problematische Kurvenverhalten der Motorräder sind Punkte, die die Bewertung einfach nach unten drücken. Realismus-Fans dürften bis auf einige Abstriche dennoch auf ihre Kosten kommen.

(31.03.2011)

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