SSX (PS3) (Electronic Arts) geschrieben von Daniela Salten
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Während sich draußen der Winter zurückzieht und der Frühling allmählich sein Haupt erhebt, verhilft EA Väterchen Frost nochmals zu einem Comeback. Mit "SSX" wird ein echter Snowboard-Klassiker für die PS3 wieder aufgelegt und bringt die kalte Jahreszeit zumindest auf den Bildschirm noch einmal zurück. Ob das Spiel auch das Herz der virtuellen Schneefreunde erwärmen kann oder ihnen die kalte Schulter zeigt, wird sich im Folgenden zeigen. Unterwegs auf tödlichen Abfahrten Neun sogenannte "Deadly Decents", die in unterschiedlichen Regionen der Welt liegen, warten bei "SSX" auf den actionhungrigen Snowboarder. Man macht sich auf eine weite Reise, die in die Rocky Mountains, die Alpen und den Himalaja, aber auch nach Alaska, Sibirien, Patagonien, Neuseeland, Afrika und die Antarktis führen. Dabei besteht jede Region aus einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Abfahrten, die entweder als Renn- oder als Trickstrecken konzipiert sind. Je nach Lage bieten die einzelnen Strecken sehr unterschiedliche Herausforderungen und Gestaltungsschwerpunkte. In den Rocky Mountains gilt es etwa, den vielen umgestürzten Baumstämmen auszuweichen, während in Sibirien Industrieanlagen und in Patagonien tiefe Schluchten zu überwinden sind. Auch wenn es kaum zu vermeiden ist, dass die Abfahrten wie Schläuche konzipiert sind, fällt das kaum auf, da jeder Abhang mehrere Abzweigungen und verschiedene Wege aufweist, auf denen man ins Ziel kommen kann. Verschiedene Untergründe wie Pulverschnee, Matsch oder Eis sind zwar optisch zu erkennen, fahrerisch machen sie allerdings keinen Unterschied. Welche Strecke die besten Charakteristika hat, um schnell ins Ziel zu kommen oder möglichst spektakuläre Tricks zu zeigen, muss der Spieler selbst herausfinden. Höhepunkt einer jeden Region in diesem Modus, der sogenannten "World Tour", sind die neun "Deadly Decents", die alles vom Spieler abverlangen und ihn an die Grenzen bringen sollen. Die Grundlage der "World Tour" ist eine leider etwas schwache Story, nach der das aus den besten Snowboardern der Welt gebildete Team SSX sich mit einem früheren Mitglied namens Griff überworfen hat, weswegen man sich mit ihm in einem harten Konkurrenzkampf befindet. Hat man das erste Event einer jeden Region hinter sich gebracht, wird eine neue Figur freigeschaltet, mit der das Gebiet und der jeweilige "Deadly Decent" gemeistert werden müssen. Illustriert wird das von einer kurzen Hintergrundgeschichte dieses Snowboarders in Comicform, die nicht so recht zum Rest des Spiels passen will und eher wie ein schnell eingeschobener Fremdkörper wirkt. Die Steuerung von "SSX" ist sowohl für Veteranen als auch für absolute Neulinge ausgelegt, da man zwischen einer Klassik-Variante, bei der die meisten Eingaben über die Tasten erfolgen und einer Standard-Variante, die über die Sticks funktioniert, wählen kann. Die Tricks sind recht einfach zu lernen, nicht zuletzt deswegen, weil dem Spiel ein ausführliches Tutorial vorangestellt ist, das den Spieler mit den wesentlichen Kommandos vertraut macht. Die wichtigsten Steuerungselemente sind daher schnell gelernt. Bemerkenswert ist dabei die Vielzahl der Tricks, die Sprünge, der Bodenelemente und Grinds über in die Landschaft gelegte Metallstangen, Baumstämme, Strommasten oder sogar Helikopterkufen. Sehr schnell stellt sich ein gewisser Automatismus in den Bewegungen ein, der von der sehr direkten Steuerung erstklassig unterstützt wird. Die Landung stellt selbst bei spektakulären Sprüngen kein Problem dar, denn die Spielfigur springt beim Loslassen aller Tasten und Sticks sofort in die Ausgangsposition zurück. Aber selbst, wenn man einmal auf dem Hosenboden landet, ist das kein größeres Problem, da kein Bruch im Spiel entsteht und der Weg von der missglückten Landung zur Weiterfahrt sehr flüssig gestaltet wurde. Je mehr Tricks man ausführt, umso höher steigt die "Tricky"-Anzeige, wodurch weitere Stunts möglich werden. Färbt sich die Anzeige golden, sind noch mehr Supertricks verfügbar, die natürlich auch höhere Wertungen eintragen. Bei den "Rasen"-Events hätte man sich dabei manchmal eine etwas gnädigere Steuerung gewünscht, da es die Figur bei den Kommandos doch ziemlich plötzlich herumreißt und es so schnell zu Zusammenstößen oder Abstürzen kommt, das Ganze ist allerdings letztlich eine Frage der Gewöhnung. Immerhin ist eine Rückspulfunktion integriert, mit der man maximal 30 Sekunden in die Vergangenheit reisen kann, um entscheidende Fehler zu korrigieren. Allerdings hat das seinen Preis, denn in den Rennen fahren die Gegner einfach weiter, so dass man irgendwann zwangsläufig ins Hintertreffen gerät, wenn man diese Option zu oft nutzt. Bei Trick-Fahrten gibt es dagegen Punktabzüge, ob sich der Einsatz der Funktion also lohnt, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Das Problem bei "SSX" ist aber nicht die Steuerung, die für ein Spiel, das voll auf Arcade-Action setzt, absolut passt und alles in allem recht unproblematisch ist. Eher sind die unheimlich hohen Anforderungen, die das Spiel bereits beim zweiten Event voraussetzt, ärgerlich. Mindestens Platz drei wird auf einer Strecke benötigt, um die nächste Abfahrt freizuschalten, und gerade für wenig erfahrene oder Gelegenheitsspieler ist es fast unmöglich, dieses Limit zu erreichen. Die Entwickler haben daher versucht, eine Art Notausstieg zu schaffen, indem man nach einigen Fehlversuchen die Möglichkeit erhält, das Event zu überspringen und mit dem Nächsten weiterzumachen. Credits, die für die Beschaffung besserer Ausrüstung, wie neue Boards, Panzerungen oder Wingsuits notwendig sind, erhält man so natürlich nicht, abgesehen von den Erfolgserlebnissen, die auch der Gelegenheitsspieler gerne einmal hätte. Diesem Element muss man sehr zwiespältig gegenüberstehen. Auf der einen Seite bleiben dem Spieler natürlich übermäßige Frustrationserlebnisse erspart und der "World Tour"-Modus kann sich weiterentwickeln. Andererseits hat man den Eindruck, dass sich die Entwickler auf die Core-Gamer-Fraktion konzentriert haben und keine Mühe dafür aufwenden wollten, unterschiedliche Spielertypen mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden zu bedienen. Ganz auf Multiplayer ausgelegt? Wer die "World Tour" hinter sich gebracht hat, kann sich mit der gewonnenen Erfahrung in den "Explore"-Modus stürzen. In über 150 unterschiedlichen Herausforderungen kann man individuelle Bestzeiten aufstellen, die über das sogenannte RiderNet als "Geister" sofort Freunden zugänglich gemacht werden, die versuchen können, die erspielten Zeiten zu schlagen. Auch hier lassen sich selbstverständlich Credits erspielen, selbst wenn man nicht online ist. Schaffen es die Freunde nämlich nicht, die eigene Bestzeit zu unterbieten, gibt es eine Belohnung. Wer auf kompromisslose Multiplayer-Action steht, dürfte mit den "Global Events" mehr als zufrieden sein. Hier kann man nicht nur private Rennen mit Freunden austragen, sondern tritt auf den verschiedenen Strecken gegen eine große Anzahl von "SSX"-Spielern an. Einige dieser Events sind kostenlos, der größte Teil jedoch kostet Credit-Gebühren. Innerhalb eines gewissen Zeitrahmens hat man unbegrenzt viele Versuche, eine persönliche Bestzeit aufzustellen und sich so möglichst hoch in der Rangliste zu platzieren. Sobald die Zeit abgelaufen ist, wird der Credit-Jackpot unter den Teilnehmern entsprechend ihrer Platzierung aufgeteilt. Dabei kann der Beste schon mal zu einem ziemlich stattlichen Sümmchen kommen. Zusätzlich gibt es bei den "Global Events" nicht nur die "Rasen"- und "Trick"-Herausforderungen, sondern es kommt mit "Überleben" noch ein komplett neuer Modus hinzu. Hier muss man eine Abfahrt mehrere Male bestreiten, höchstens so lange, bis die Spielfigur keine Gesundheit mehr zur Verfügung hat. Wer bis zu diesem Zeitpunkt die meisten Meter erfahren hat, gewinnt. Leider gibt es auch bei "SSX" den mittlerweile unvermeidlichen Onlinepass. Dieser beschränkt zwar nicht den Zugang zu den "Global Events", die für alle offen stehen, verhindert aber die Gewinnausschüttungen an diejenigen, die nicht auf diesem Weg registriert sind. Je nach Höhe des Preises oder der investierten Teilnahmegebühr kann das schon recht wehtun, auch wenn es nur virtuelles Spielgeld ist. Besser als der komplette Ausschluss vom Onlinegeschehen ist es allemal. Sowohl im "Explore"-Modus als auch bei den "Global Events" gibt es die Möglichkeit sogenannte Geotags auf der Strecke zu platzieren, die man während der "World Tour" oder gegen Credits erwerben kann. Geotags sind Markierungen, die man an beliebigen Stellen der Strecken ablegen kann und die von anderen Fahrern gefunden sowie aufgesammelt werden müssen. Natürlich sollte man die Geotags als eine echte Herausforderung platzieren, am besten an sehr schwer erreichbaren Stellen. Lohnenswert ist es allemal, denn solange der Geotag nicht gefunden wurde, gibt es Credits. Bei diesen vielen Möglichkeiten mit anderen Spielern online Snowboard zu fahren, fällt eine Sache auf, die völlig unverständlich ist: Ein Offline-Multiplayer wurde bei "SSX" nicht implementiert, spielen über Splitscreen ist also nicht möglich. Dabei bietet sich doch gerade dieses Spiel regelrecht dazu an, mit einem Freund neben sich auf dem Sofa wild die Pisten abzufahren. Bei aller Begeisterung für die Vielseitigkeit, das ist schon ein grober Schnitzer, der schon sehr ins Gewicht fällt. Sound und Grafik Soundtechnisch präsentiert sich "SSX" geradezu erstklassig. Eine sehr gute deutsche Sprachausgabe, die in den Alpen sogar einen österreichischen Dialekt annimmt, und eine Musikuntermalung vom Feinsten sorgen für eine echte Snowboard-Atmosphäre. Fast vierzig lizenzierte Songs aus verschiedenen Genres, von Indie bis Hip-Hop, machen Laune beim Fahren. Hinzu kommen verschiedene Soundeffekte, die den tollen Gesamteindruck abrunden. Auch grafisch hat das Spiel einiges zu bieten. Die vielen unterschiedlichen Strecken zeigen gerade in der Fernsicht und bei hohen Sprüngen eine beeindruckende Kulisse. Da fallen auch kleinere Grafikfehler wie aufpoppende Bäume nicht ins Gewicht. Allein das oft tief in den Boden einsinkende Board ist auffallend. Die Spielfiguren selbst sind sehr schön gestaltet und können mit einer Vielzahl unterschiedlich gefärbter Anzüge und Boards ausgerüstet werden. Leider ist es nicht möglich, Charaktere selbst zu generieren. Fazit Fans des actionreichen Snowboardfahrens werden mit "SSX" mehr als gut bedient. Auf sie wartet ein vielseitiges Spiel, das nicht nur mit zahlreichen Strecken aufwartet und mit tollem Sound sowie sehr ansprechender Grafik ausgestattet ist. Mit einer, gerade was die Tricks angeht, guten und leicht erlernbaren Steuerung ist es möglich, eine Vielzahl von Events zu durchfahren und einen hochgradig umfangreichen Multiplayermodus zu erleben. Getrübt wird das Gesamtbild nur dadurch, dass das Spiel manchmal zu sehr auf Core-Gamer ausgelegt ist, die Erstellung individueller Charaktere nicht ermöglicht wurde und durch das komplette Fehlen eines Offline-Multiplayers. Wer während des ganzen Jahres nicht auf Schnee und Eis verzichten möchte, dem sei dieses Spiel dennoch wärmstens ans Herz gelegt. (02.04.2012) |