Black Mirror 2 (dtp entertainment) geschrieben von Sebastian Amberger
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Fünf Jahre nachdem "Black Mirror" in den Läden erschienen ist, setzt der Nachfolger die Handlung standesgemäß fort. Damals versuchte man mit dem Protagonisten Samuel Gordon eine Mordserie in seinem Wohnort und den damit zusammenhängenden Familienfluch aufzuklären. Jetzt, zwölf Jahre nach diesen Ereignissen, beginnt das Abenteuer von Neuem. Story Das Spiel beginnt in dem kleinen Fischerdorf Biddeford in Maine (USA), wo der gebürtige Bostoner Physikstudent Darren Michaels während der Semesterferien seine Mutter besucht. Um sich seine Brötchen zu verdienen, jobbt der Hobbyfotograf im lokalen Fotoladen und schlägt sich dort mit dem übel gelaunten Besitzer herum. Für Darren beginnt alles wie ein ganz normaler Tag, bis die unbekannte Schönheit Angelina auftaucht. Neben ihr erscheint ein weiterer Fremder, der ein seltsam großes Interesse an der hübschen Frau, aber auch an Darren selbst, besitzt. Als unser Held mitbekommt, dass sie verfolgt werden, ist es auch schon zu spät. Ein nicht unbedingt angesehener Bürger der Stadt wird ermordet und Angelina für die Tat verantwortlich gemacht. Von der Neugierde und seinen eigenen Gefühlen ihr gegenüber angetrieben, macht sich Darren auf die Suche nach dem wahren Täter, wobei er immer tiefer in die seelischen Abgründe der Bewohner von Biddeford vorstößt. Nachdem Angelinas Unschuld bewiesen ist, macht sie sich auf dem Weg nach Willow Creek - dem Schauplatz des ersten Teiles von "Black Mirror" - um ihrer beider Verfolger aufzuspüren und um herauszubekommen, was an ihnen so interessant sein könnte.
Nachdem sich Angelina mehrere Tage nicht gemeldet hat, beschließt Darren ihr nachzureisen und nach dem Rechten zu sehen. Zu seiner Überraschung muss er feststellen, dass Angelina anscheinend von einem lokalen Geheimbund entführt wurde. Bei seiner Suche nach ihr und dem Unbekannten, der allem Anschein nach auch der Entführer ist, dringt unser Held immer tiefer in die düstere Vergangenheit und ebenso dunkle Gegenwart des Ortes Willow Creek und Black Mirror Castle ein. Der Fluch der Gordons ist lebendiger als jemals zuvor. Charaktere Die meisten Einwohner von Biddeford erscheinen zu Beginn sehr unzufrieden mit sich selbst und der Welt, wittern hinter jeder Ecke Intrigen und begegnen Fremden äußerst argwöhnisch. Auch Darren, der als Sohn einer Einheimischen kein Unbekannter ist, stößt mehr als einmal auf Misstrauen und Argwohn. Kein Wunder, dass er im Umgang mit seinen Mitmenschen eine doch recht ruppige Art an den Tag legt. Hier wird die weitläufig bekannte "Dorfmentalität" wunderbar in den eigentlichen Spielablauf integriert und je mehr man über die einzelnen Bewohner herausfindet, desto besser versteht man die in der Luft liegenden Spannungen.
Auch in Willow Creek erwartet Darren kein freundlicher Empfang, schnell stellt man fest, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Die meisten Bewohner hüllen sich in Geheimnisse und scheinen mehr zu wissen, als sie ihm mitteilen. Gerade die Verschwiegenheit der Bewohner lässt die sich hier entwickelnde Geschichte viel authentischer wirken, man kann mit den meisten Charakteren mitfühlen und erwischt sich nicht selten bei der Frage "Würde ich mich anders verhalten?" Gameplay Der Spieler hat zu Beginn die Wahl zwischen den Schwierigkeitsstufen Einfach und Normal. Der Unterschied liegt nicht in den Rätseln selbst, sondern darin, ob man zusätzliche Hinweise erhält oder nicht. Diese Rätselhilfe lässt sich jedoch selbst im normalen Spielmodus jederzeit an- beziehungsweise abschalten, um in kniffligen Situationen den fehlenden Denkanstoß zur Lösung zu geben. Das integrierte Tagebuch ist in zweierlei Hinsicht praktisch: Zum einen können die Eckpunkte zur Story, die Orte und die wichtigsten Charaktere nachgeschlagen werden, zum anderen werden hier sämtliche Aufgaben, die sich dem Spieler im Verlauf stellen, notiert. Somit ist es möglich, selbst nach längeren Spielpausen wieder recht schnell den Anschluss zu finden und zu wissen, was als nächstes angegangen werden sollte. Die einblendbaren Hinweise zu den Rätseln sind unterschiedlich hilfreich, manchmal bekommt man den fehlenden Denkanstoß, manchmal helfen einem Aussagen wie "Ich muss den Schlüssel zur Vitrine finden" nicht gerade weiter. Als Karte aller bisher besuchten Orte dient Darren eine Postkarte, über die er jederzeit von A nach B springen kann, ohne jedes Mal die langen Wege laufen zu müssen.
Das Inventar befindet sich am unteren Bildschirmrand und wird eingeblendet, sobald man mit der Maus darüber fährt; somit entfällt das in anderen Adventures teilweise lästige Aufrufen des Inventarfensters. Zusätzlich kann man mithilfe des Mausrads jeden mitgeführten Gegenstand anwählen, ohne die Inventarleiste selbst aufrufen zu müssen. Sehr angenehm ist der Umstand, dass es im Spiel mehrere Stellen gibt, an denen der Held entweder selbstständig oder gezwungenermaßen den nicht mehr benötigten Teil seiner gesammelten Gegenstände ablegt. Somit wird immer nur eine überschaubare Menge an Items mitgeführt und es entfällt das lästige Suchen nach dem vor Ewigkeiten aufgesammelten Schraubenzieher.
Die Bedienung ist recht komfortabel gestaltet. Es gibt die Möglichkeit sich auf dem Bildschirm sämtliche interagierbaren Objekte anzeigen zu lassen, während diejenigen, von denen nichts mehr in Erfahrung zu bringen ist, nicht mehr markiert werden. Der Umstand, dass man alles zuerst begutachten und sich von Darren beschreiben lassen muss, bevor man es möglicherweise aufnehmen kann, ist zu Beginn etwas befremdlich, doch man gewöhnt sich recht schnell an diese Art der Bedienung.
Bereits im ersten Teil von "Black Mirror" waren Minigames integriert, die das Spiel auflockern sollten. Auch im Nachfolger sind diese zahlreich vertreten, so muss man zum Beispiel auf dem Polizeirevier ein Phantombild des mutmaßlichen Täters anfertigen oder einen Draht korrekt biegen, um ein Schloss zu knacken. An sich ist die Idee ganz witzig, vor allem weil sich die Spielchen wunderbar in das Geschehen integrieren, jedoch fällt schnell auf, dass die Minigames den Grips teilweise mehr fordern als die Rätsel selbst. Rätsel Die Rätsel sind größtenteils sehr einfach gehalten, selten müssen verschiedene Gegenstände im Inventar kombiniert werden, um diese zielführend einzusetzen. Gerade zu Beginn des Spiels sind sie einfach aufgebaut und können auch von Spielern, die wenig Erfahrung mit Adventures besitzen, gut gelöst werden. Der Schwierigkeitsgrad der Rätsel steigt, genau wie die Komplexität, sehr langsam, erst gegen Ende werden auch erfahrenere Spieler aufgefordert, ihren Hirnschmalz anzustrengen. Auch die doch recht vielfältigen Örtlichkeiten im Spiel werden nicht großartig mit einbezogen, meistens sind aufgrund der Tageszeiten oder äußerer Umstände nur die Orte erreichbar, die zur Lösung der einzelnen Aufgaben benötigt werden. Dennoch sind sämtliche Rätsel logisch aufgebaut und spätestens beim Nachschlagen in einer Komplettlösung sollte sich jeder an den Kopf fassen und sagen: "Da hätte ich auch draufkommen müssen".
Darren führt das gesamte Spiel über seine Kamera mit sich, womit er spezielle Motive ablichten kann. Mit jedem Schnappschuss, den man im Spiel findet, schaltet man in den Extras entweder ein Bonusbild oder eines der Minispiele frei, wobei dies nicht wirklich die Langzeitmotivation fördert oder zu einem erneuten Durchspielen einlädt. Erfahrene Spieler sollten mit einer für ein Adventure recht kurzen Spieldauer von 12-14 Stunden rechnen; Anfänger werden mit bis zu 20 Stunden Knobelei unterhalten. Grafik Sowohl die Figuren als auch die Örtlichkeiten sind detailreich gestaltet und lohnen einen zweiten Blick. Selbst auf Rechnern mit geringer Grafikleistung braucht sich das Spiel nicht zu verstecken. Die Witterung ist sehr wechselseitig, alles beginnt an einem sonnigen Morgen, an dem man sich in das beschauliche Dorf einlebt, doch nach den ersten Schicksalsschlägen spiegelt das Wetter Darrens Gefühlslage wieder und er steht sprichwörtlich im Regen. In der weiteren Entwicklung der Geschichte passt sich die Umgebung der düsteren Stimmung an, und es macht wirklich Spaß, sich durch die Landschaften zu bewegen. Die Figuren integrieren sich wie die einzelnen Gegenstände perfekt in die Hintergründe und erwecken den Eindruck, selbst mitten im Geschehen zu stehen. Orte wie das Diner oder der Hinterhof des Fotoladens zeigen, wie viel Liebe zum Detail in die Entwicklung gesteckt wurde. Alles in allem wirkt das gesamte Spiel vom Menü über die Engine selbst bis hin zu den Videos wie aus einem Guss. Sprache / Sound Die Sprachausgabe ist detailreich und liebevoll umgesetzt. Die Dialoge sind weitläufig und je nachdem, wie weit der Spieler in der Story schon gekommen ist, stehen mehr oder weniger Gesprächspunkte zur Verfügung. Es gibt hierbei keine vorgefertigten Textbausteine zur Auswahl, sondern Icons zu jedem Thema. Eine "falsche" Gesprächsführung existiert in diesem Spiel nicht, was zählt, ist der Informationsgewinn. Die Stimmen sind in der deutschen Ausgabe gut synchronisiert und passen zu den einzelnen Persönlichkeiten wie die Faust aufs Auge.
Neben der hervorragenden Umsetzung der Sprachausgabe und Dialogführung glänzt auch der Soundtrack. Die Musik orientiert sich an der momentanen Stimmung der Umgebung und des Spielers. Gerade gegen Ende des Spiels, wo Darren immer tiefer in die verworrene Geschichte um die Familie Gordon eindringt, unterstreicht die Musik optimal die düsteren Schwingungen, die in der Luft hängen.
Zu guter Letzt müssen all die kleinen Geräusche gelobt werden, die dieses Spiel lebendig werden lassen, z. B. die Geräuschkulisse, die einen umgibt, während man durch Biddfords Straßen schlendert, oder das Schreibgeräusch, wenn Darren etwas in seinem Tagebuch notiert. Bei "Black Mirror II" handelt es sich um ein liebevoll gestaltetes Adventure, bei dem es richtig Spaß macht, in die Geschichte einzudringen. Es handelt sich um einen würdigen Nachfolger des ersten Teils, wobei leider die teilweise doch zu einfachen Rätsel die Spieldauer und Langzeitmotivation mindern. Man fühlt sich leicht unterfordert, kommt für meinen Geschmack zu schnell voran, und ehe man sich versieht, hat man auf einmal den Abspann vor sich und das Spiel ist zu Ende. Gerade in der Endphase wirkt die Story immer gestopfter, ganz so als ob die Entwickler festgestellt hätten, dass sich die Geschichte dem Höhepunkt nähert und noch so viel erzählt werden muss. Fans wie Einsteiger treffen mit "Black Mirror II" dennoch eine gute Kaufentscheidung. (08.12.2009) - Windows XP - 1.4 Ghz Intel Pentium 4 (oder vergleichbarer) Prozessor - 512 GB RAM - Grafikkarte: NVidia GeForce 6800 oder ATI Radeon 9800 128 MB und Shader 2.0 - DVD-Laufwerk - 6 GB freier Festplattenspeicher - DirectX 8 kompatible Soundkarte - Tastatur, Maus, Boxen
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