Crusty Demons

Crusty Demons (PS2)

(Koch Media)

geschrieben von Nico Meißner

 

 
Entwickler: Climax
Publisher: Koch Media
Genre: Motocross-Rennspiel
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Crusty Demons
Preis: 40 €
Altersfreigabe: Keine Jugendfreigabe gemäß §14 JuSchG

Wer hat sich bei Spielen wie "Tony Hawks Pro Skater" nicht schon mal mitfühlend gekrümmt, wenn der Fahrer gerade die Landung in der Halfpipe verbockt hat und krachend aufschlägt? Bei "Crusty Demons" wird dieser eher unangenehme Teil des Sports nicht ausgeblendet, sondern vielmehr zu einem Bestandteil des Spiels. Denn in Climax´ Freestyle-Motocross-Simulation herrscht eine morbide und destruktive Grundstimmung vor. Ob es die Mühe wert ist, sich alle Knochen im Leib zu brechen, um am Ende tatsächlich seine Seele wiederzugewinnen, hat DLH.net mit Herzblut für euch getestet.

Vom Teufel geritten

Seine Seele wiedergewinnen? Ganz recht, denn die abgedrehte Hintergrundgeschichte von "Crusty Demons" besagt, dass die Mitglieder der gleichnamigen US-Freestyle-Motocross-Truppe ihre Seele an den Pferdefüßigen verkauft haben. Zu dieser doch etwas ungewöhnlichen Aktion sahen sich die fünf Fahrer gezwungen, nachdem es bei einem spektakulären Gruppen-Stunt zu Komplikationen gekommen war. Freundlich, wie Satan nun mal ist, bietet er auch gleich an, die Seelen zurückzugeben - wenn die Jungs für ihn eine lange, lange Checkliste abarbeiten. Mangels Alternativen (wer ist schon gern tot?) willigt die Truppe ein. Nun sind die Teufelskerle dank des Kontrakts unsterblich geworden, was in ihrer äußerst gefährlichen Sportart doch irgendwo ein immenser Vorteil ist ... Sportart? Jaja, es handelt sich im Endeffekt um eine Sportart, eine extreme, wohlgemerkt. Denn egal, ob Asphalt, Schlamm oder jedweder andere feste Untergrund: Wenn man darauf fahren kann, wird es getan. Vor allem halsbrecherische Stunts und Sprünge über mehrere Dutzend Meter Länge stehen auf dem Programm! Dazu kommt noch das mörderische Tempo, auf welches die getunten Cross- und Rennmotorräder gebracht werden. So wird schon eine gute Portion Mut und Verwegenheit von den Fahrern verlangt - wurde schon erwähnt, dass die Charaktere zwar unsterblich sind, aber trotzdem weiter Schmerzen empfinden? Naja, jeder Handel mit Beelzebub hat eben auch einen Haken ...

No risk, no fun!

Nach dem comicartigen Intro, das die Vorgeschichte knapp, aber schön erzählt, findet sich der Spieler im Hauptmenü wieder. Hier kann zwischen den vier unterschiedlichen Spielmodi gewählt werden: Der Storymodus bietet dabei das umfangreichste Motocross-Erlebnis, während die "Teufelsrennen", der "Freeride" und der Multiplayermodus eher Ergänzungen darstellen. Denn die Story beinhaltet sieben ausgedehnte, über den Globus verteilte Locations, von denen jede mit fast zwanzig speziellen Herausforderungen aufwartet. Diese werden in der von "Tony" altbekannten Manier durch diverse Charaktere, die in den Levels verteilt sind, gestellt und bei Abschluss mit neuen Bikes oder Videos und Fotos entlohnt. Hat der Spieler genügend Aufgaben gelöst, eröffnet sich der Zugang zum jeweiligen Abschlussrennen der Gegend, das erfolgreich absolviert werden muss, um in den nächsten Level vorzustoßen. Bei den sogenannten Teufelsrennen tragen die Areale zwar die gleichen Namen, es handelt sich jedoch erfreulicherweise um andere Szenarios. Dabei geht es, wie ebenfalls aus "Tony" und ähnlichen Spielen bekannt, um eine Liste mit Highscores und ein paar weiteren, immer gleichen Zielen. Im Gegensatz zum Storyspiel herrscht hier auch wieder das Diktat des Zwei-Minuten-Counters. Der Modus "Freeride" bietet, wie der Name schon erahnen lässt, nichts weiter als die Möglichkeit, ganz ungestört und entspannt durch die Landschaft zu cruisen und einfach den bloßen Spaß am Fahren zu genießen. Das Multiplayerspiel beinhaltet schließlich einige Varianten, zum Beispiel das Stunt-Duell, Fangen oder Rennen. Außer dem Crash-Wettbewerb, bei dem es um die Zerstörung von Zielscheiben mittels des Fahrers Körper geht, findet sich hier solide aber nicht gerade neuartige Kost. Für diese Optionen stehen dem Spieler immerhin eine Vielzahl an Cross- und Rennmotorrädern zur Auswahl, die allerdings fast alle erst freigespielt werden wollen - dann bietet sich aber wirklich ein großes Repertoire, zumal die Spezialfahrzeuge (siehe unten) auch außerhalb des Storymodus genutzt werden können.

Ein Sturz ist ein Beinbruch

Egal, welche Wahl der Spieler trifft, die Steuerung des jeweiligen Gefährts ist immer gleich: Mit linkem Stick oder den Richtungstasten lenkt man, verlagert das Gewicht nach hinten zum Wheelie und kann auch die Flugrichtung etwas beeinflussen. Die Feuertasten dienen zum Gasgeben und natürlich zum Durchführen der Tricks. Denn was wäre eine Motocross-Simulation ohne atemberaubende Stunts? Von diesen gibt es jede Menge; neben einfachen Moves, wie zum Beispiel einem "No-Hander", gibt es natürlich auch komplizierte und langwierige Tricks wie den "Skorpion". Zwar stehen zu Beginn einer Storykarriere nur eine Handvoll dieser Möglichkeiten offen, doch mit fortschreitendem Spiel werden immer mehr Tricks freigeschaltet, sodass praktisch immer ein neues Manöver zu bestaunen ist. Leider sind nur vier Moves pro Tricktaste (Quadrat und Dreieck) möglich, da Kombinationen à la schräg nach unten plus Taste oder zweimal nach links plus Taste bei "Crusty Demons" keinerlei Wirkung zeigen - und neue Stunts lassen sich nur zwischen den Levels auf der Weltkarte austauschen. Dadurch wird die optische und spielerische Vielfalt des Spiels für genrekundige Fahrer doch etwas geschmälert. Nichtsdestotrotz sehen die meisten Moves sehr gut aus und die Motorräder reagieren auf die Kommandos jederzeit präzise; auch Wheelies, Stoppies und Bodentricks wie der Handstand auf dem fahrenden Motorrad sind kein Problem. Mit der R1-Taste lässt sich übrigens der Nitro-Boost aktivieren, der kurzzeitig die Beschleunigung und Geschwindigkeit in wahrhaft diabolische Höhen treibt. Über erfolgreiche Stunts, also Punkte, lädt man ihn wieder auf, was angenehm zügig vonstattengeht.

Natürlich vermisst man als "Tony"-Vorbelasteter das Grinden - also das Rutschen über Geländer und ähnliches -, aber dafür gibt es in "Crusty Demons" andere, einzigartige Möglichkeiten: Dabei fällt als erstes die Absprung-Option ins Auge. Diese über die L2-Taste aktivierte Funktion ermöglicht es dem Spieler jederzeit, seinen Charakter vom Motorrad abspringen zu lassen. Klingt sinnlos und wenig spannend, ist aber ein sehr witziges und gut integriertes Manöver. Denn neben der Erfüllung von Aufgaben, die das Zerstören von Zielen fordern, ermöglichen solche Sprünge auch das Abgreifen von verdammt vielen Punkten: Über sogenannte Posen, die man in der Luft einnehmen kann sowie die diversen Boni für zurückgelegte Sprungdistanz, Aufprall und Brüche kommen schnell Tausende oder gar Zehntausende von Punkten bei nur einem Sprung zusammen. Die Posen sorgen also nicht nur für ordentlich Points, sondern es sieht auch sehr stylisch aus, wenn der Fahrer aus dreißig Metern Höhe als lebende "Kanonenkugel" (zusammengerollt) oder "Pornstar" (mit Hand im Schritt) in der SlowMo in Richtung Boden segelt. Richtig, die SlowMo: Bei jedem Absprung setzt augenblicklich eine Zeitlupe ein, die bequemerweise auch beschleunigt, verlangsamt oder abgebrochen werden kann. Anders wäre es allerdings auch kaum möglich, überhaupt irgendwelche Moves im Sprung zu machen, bevor man "landet".

Apropos landen: Wie schon erwähnt, verzichtet "Crusty Demons" nicht schamhaft auf das Ausblenden der Konsequenzen eines Sturzes, sondern geht voll ins Detail. Ein Sturz oder Crash verursacht wahre Ströme roter Pixel, der Fahrer zieht meist eine lange Blutspur hinter sich über den Boden oder färbt das Hindernis mit großen Klecksen. So verursacht auch fast jede missglückte Landung Knochenbrüche, deren Repertoire vom angeknacksten Knöchel über den gebrochenen Arm bis hin zur Fraktur des Genicks reicht. Durch kleine Röntgenbilder beim Crash erhält der Spieler immer einen gewissen Überblick - wobei es leider nicht so viele dieser Verletzungsarten gibt. Denn außer linkem und rechtem Arm und Bein bzw. Knöchel und Gelenk gibt es nur noch den Genickbruch. Bereiche wie Becken, Brust und Schädel vermisst man schmerzlich. Trotzdem verfehlen die Verletzungen, untermalt mit bösen Knackgeräuschen, ihre Wirkung nicht, die Atmosphäre des Spiels gewinnt an Überzeugungskraft. Einzig die manchmal etwas unpassenden Brüche (zum Beispiel des Handgelenks, wenn man auf dem Kopf gelandet ist) erinnern den Spieler an die geringe Anzahl der Verletzungsmöglichkeiten.

Im Auftrag des Teufels um die Welt

Die bereits erwähnte Weltkarte dient im Storymodus als Übersicht und zur Levelauswahl. Es gibt sechs Locations wie New York, Amsterdam und Tokio samt dazugehörigen Endrennen und das fette Finale in Arizona. Die Gebiete unterscheiden sich größtenteils recht gut voneinander, den Anfang macht eine Art Tutorial ("Bad Ass Lektionen") in einem staubigen Trailerpark. Hier werden die Basics sowie das Aufgaben- und Checkliste-des-Teufels-Prinzip erklärt und geübt. Die Liste gestaltet sich in jeder der nachfolgenden Gegenden anders, lediglich ein paar Punkte wie zum Beispiel das Ausfindigmachen und Einsammeln von fünf Geldbündeln bleiben immer gleich. Dafür birgt jeder Level noch zwei Extrafahrzeuge, gegen die man seine Bike zeitweise eintauschen kann. Denn gut ein Drittel der Missionen sind nur mit den Zusatzgefährten wie zum Beispiel dem Rasenmäher, Eiswagen oder Gokart startbar. Zwar zeichnen sich diese fahrbaren Untersätze zum Teil durch eine sehr empfindliche Steuerung aus und meist ist auch lediglich ein Trick mit ihnen durchführbar, aber sie sorgen für jede Menge Abwechslung und lockern das Spiel auch grafisch gut auf.

Was Abwechslung angeht, kann man sich bei "Crusty Demons" sowieso nicht beklagen: Neben den vielen Areas, den oft recht anspruchsvollen Rennen und den vielen kleinen Zielen überzeugen die Hauptaufträge durch interessante und durchdachte Inhalte. Unter Drogeneinfluss auf einem Minibike "Monster" in einem Kaufhaus jagen, mit dem Rasenmäher im Porzellanladen rummanövrieren oder per Absprung mit Motorrad und Körper Glasscheiben zertrümmern - die Missionen sind überaus vielfältig und meist witzig gemacht. Natürlich gibt es auch "normale" Aufgaben. So wird praktisch in jedem Level verlangt, unter Zeitdruck drei Brüder/Schwestern/Kollegen durch das Erreichen von Punktelimits vom eigenen Können zu überzeugen. Die NPCs erklären diese Missionen meist ingame mit englischer Sprachausgabe und deutschen Untertiteln. Insgesamt sind die recht ausgedehnten Gebiete gut aufgebaut und stimmungsvoll ausgestaltet. Auch Passanten, Autos und Straßenbahnen kommen vor, was dem Ganzen noch mehr Lebendigkeit verleiht. Wobei Fußgänger nicht unbedingt eine hohe Lebenserwartung haben, während ein Sprung vor die Bahn auch für den Charakter unvorteilhaft ist. Bei den finalen Rennen, die erst nach etwa fünfzig Prozent der jeweils zu erledigenden Aufgaben freigeschaltet werden, kommt am Anfang etwas Flavour-Text, diesmal aber vom Teufel höchstpersönlich vorgetragen. Dieser hält sich nämlich sonst recht bedeckt, lediglich zu Beginn eines jeden Levels gibt er kurz den Fremdenführer und erzählt ein bisschen was zu dem Ort. Neben den regulären Aufgaben und den kniffligen Rennen (zum Beispiel das in den U-Bahn-Tunneln New Yorks) existieren übrigens noch Geheim-Rekorde, die es zu brechen gilt und unzählige Gaps, von denen manche nur durch Stürze erfüllt werden können. Natürlich gibt es für jedes Areal eine detaillierte Statistik, die Auskunft über längste Sprünge, höchste Kombos und Freischaltzeit erteilt. Auch makabere Leistungen wie "weitester Fußgängerwurf" oder "längste Blutspur" werden hier vermerkt.

Technische Details

Grafisch ragt "Crusty Demons" zwar nicht gerade heraus, trotzdem sieht es gut aus und weiß vor allem durch seinen Stil zu überzeugen. Sowohl das Intro als auch die Ladebilder, freispielbaren Videos und Motorräder sind stilvoll und freakig gestaltet. Auch die Texturen sehen anständig aus und der Verschwimmeffekt bei hoher Geschwindigkeit ist sehr gelungen. Die Levels sind farbenfroh und optisch (sowie spielerisch) ansprechend designt; lediglich die urbanen Stadt-Gebiete wie Rio und New York ähneln sich etwas. Die Blutspritzer auf der Kamera und die weiteren makaberen Effekte sind zwar sicher nicht jedermanns Sache, tragen aber nichtsdestoweniger zur Stimmung bei. Die akustische Seite von "Crusty Demons" ist ebenfalls sehr gut gelungen: Die Musik besteht größtenteils aus Punk- und Metaltracks, gemischt mit etwas Crossover und Hiphop - was auch für Nicht-Metal-Fans noch eine sehr angenehme Zusammenstellung ergibt, zumal mittels Jukebox eine Playlist erstellt werden kann. So begleiten die energiegeladenen Lieder und krachigen Soundeffekte die fetzigen Fahrten - seien es nun die Sprüche der Fahrer ("Medic, oooh Medic!"), das Fluchen der Passanten oder die Erzählungen des Teufels. Auch das schon erwähnte Knacken der Knochen und Scheppern der Kisten, Zielscheiben und ähnlichem untermalt jedwede Aktion passend. Die Videos sind wie gesagt gut gemacht und fördern die Stimmung des Spiels weiter, indem sie mit Ausschnitten von Contests, Rennen und Albereien à la Jackass das Lebens- und "Arbeits"gefühl der Freestyle-Motocrosser zu transportieren suchen.

Fazit - Final Lap

Abschließend kann man "Crusty Demons" einen hohen Unterhaltungswert attestieren. Zwar geht das Spiel im Endeffekt kaum über altbekannte Standards des Genres hinaus, dafür ist es liebevoll und mit einem sehr eigenen Stil umgesetzt worden. So setzt es sich auch von anderen Titeln erfrischend ab. Die vielen Kleinigkeiten wie Knochenbrüche, Absprünge mit Posen und die Nebenfahrzeuge sorgen für jede Menge Spaß und Abwechslung, auch das Leveldesign und die Missionsinhalte bringen immer wieder frische Herausforderungen und Eindrücke. Gut, die teilweise sehr zufällig anmutende Punktezuteilung bei den Sprüngen nervt gelegentlich, zumal mittels solcher Absprünge oft sehr viele Punkte in äußerst kurzer Zeit gemacht werden können, was die normalen Stunts leider etwas entwertet. Auch der derbe und destruktive Stil mag nicht jedem zusagen, ist aber halt mal was anderes und mit viel Humor inszeniert. Außerdem wurde ihm mit dem Prädikat "ab 18 Jahre" ja genügend Rechnung getragen. Alles in allem kann man die heißen Maschinen und halsbrecherischen Stunts nur empfehlen, zumal der Multiplayermodus noch für Wochen Blut, Schweiß und Tränen verspricht.

(21.12.2006)


Fazit

- Final Lap


Kommentare:
Der Kommentar wurde gespeichert!
The Captcha element applies the Captcha validation, which uses reCaptcha's anti-bot service to reduce spam submissions.