Shogun 2: Total War - Fall of the Samurai

Shogun 2: Total War – Fall of the Samurai

(Sega)

geschrieben von Stephan Kusch

 

     
 

Nach einigen "kleinen" herunterladbaren Inhalten und einer "echten" Erweiterung bringt das Studio "The Creative Assembly" das erste Standalone-Add-on für "Shogun 2" auf den Markt. Ob die Entwickler sinnvolle Neuerungen und Verbesserungen einfügen, soll im Folgenden ebenso betrachtet werden wie die Vorzüge und Tücken der verwendeten Technik.

"Der Weg des Samurais befindet sich im Tod"

Dieses Zitat aus "Hagakure" von Yamamoto Tsunetomo (1659 – 1719), einem Samurai, der nach dem Tod seines Fürsten den Beruf des Mönchs ergriff, ist bezeichnend für das Spielgeschehen in "Fall of the Samurai". Der Spieler steht diesmal in den Sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts als Daimyo (Fürst) eines japanischen Clans vor der Aufgabe, den durch ausländische Mächte herbeigeführten Konflikt zwischen Tenno (Kaiser) und Shogun (oberster Feldherr) zugunsten einer der beiden Seiten zu entscheiden. Je nach Wahl unterstützen ihn dabei entweder die Briten, US-Amerikaner oder Franzosen mit überlegener europäischer Technologie und Taktik. Dabei zeichnet sich schon früh nach Spielbeginn ab, dass die traditionellen Waffengattungen, wie sie noch im Hauptspiel fast ausschließlich zum Einsatz kommen, nicht mehr in den zunehmend mit Feuerwaffen ausgetragenen Schlachten mithalten können. Der Niedergang der Samurai ist besiegelt.

"Da wirds Metall und Steine regnen" (J. W. v. Goethe)

Mit den Segnungen der Massenfertigung traten auch ihre Schrecken zutage: entmenschlichte Schlachten und industrieller Krieg. "Fall of the Samurai" deutet an, wie sich Kriegsführung im weiteren Verlauf der Geschichte entwickeln wird – und fügt sich damit nahtlos sowohl "Shogun 2" als auch "Empire" an und versucht sich an der Symbiose beider Titel. Es steht dem Spieler frei, traditionelle Kachi-Einheiten mit "ehrenvollen" Waffen wie etwa dem Katana oder dem Bogen ins Gefecht zu schicken oder – auch parallel – die unbestreitbar überlegene, billige, aber "ehrlose" moderne Infanterie. Dabei haben traditionelle Einheiten sogar in einzelnen Aspekten Vorteile, zum Beispiel bei der Rüstung oder in der Reichweite der Bogen-Kachi, einer massierten Salve aus den Rohren disziplinierter Linieninfanterie fallen sie jedoch zahlreich zum Opfer. Wenn dann noch Gatling-Waffen im Stakkato-Tod und Verderben spucken, zeigt sich, dass die Zeit von Speeren und Bögen endgültig vorüber ist.

Dabei ist technologischer Fortschritt ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite muss der Clan mit der Zeit gehen und fortschrittliche Industrien entwickeln, um im Technologiebaum voranschreiten zu können. Auf der anderen Seite weckt dies den Unmut der Bevölkerung, die die Industrialisierung als eine Verschlechterung ihrer bisherigen Lebensweise sieht und dementsprechend rebellisch reagiert. Hier schafft wie bisher eine gesunde Kombination aus finanziellen Zugeständnissen und Repression das richtige Maß an Gefolgschaft. Der Religionskonflikt hat es im Übrigen nicht in "Fall of the Samurai" geschafft, die Bevölkerung scheint in dieser Hinsicht toleranter geworden zu sein. An seine Stelle tritt die Treue zu Tenno oder Shogun, die auf nahezu gleiche Art und Weise wie in "Shogun 2" sichergestellt werden kann.

Wichtige Bestandteile der "Mission" sind die neuen Agenten Ishin-Shishi für die Kaiserlichen und Shinsengumi für die Shogun-Anhänger, die den Metsuke ersetzen und sowohl für Propaganda als auch Verhaftungen und öffentliche Ordnung verantwortlich zeichnen. Geishas lenken in alter Tradition den Feind ab, können aber nicht mehr als Attentäter eingesetzt werden; dafür inspirieren sie nun in den eigenen Städten die Edelmänner, was zu größerer Spendenbereitschaft und damit mehr Clan-Einnahmen führt. Für die schmutzige Arbeit wie Attentate, Sabotage und Spionage sind wie gehabt Shinobi, also Ninja zuständig. Neu ist der ausländische Veteran, der sich sowohl für Zweikämpfe und Sabotage als auch für Truppenausbildung und Bedrängung feindlicher Armeen nicht zu schade ist. Allen gemein ist, dass sie ein wichtiges und manchmal überlebenswichtiges Element auf der Kampagnen-Karte sind.

Der Erfahrungszuwachs von Agenten und Feldherren bietet weiterhin die Möglichkeit der Spezialisierung entlang eines Fähigkeitenbaums. Dieser wurde soweit entschlackt, dass jetzt keine Fähigkeit mehrstufig ist – das führt zu einer erheblich einfacheren Entwicklung des Charakters und erspart das Rechnen, wie es im Hauptspiel noch teilweise nötig ist. Hier liegt wieder einmal eine der größten taktischen Stärken von "Fall of the Samurai", denn mit diesem System ist es möglich, vollständig unterschiedlich spezialisierte Charaktere ins Feld zu führen: ein Feldherr für Guerilla-Angriffe, der nächste zur Verteidigung der regelmäßig angegriffenen Hauptstadt und ein anderer für Seeschlachten. Diese sind dank Kanonen nun deutlich näher an denen aus "Empire"; als neues und sinnvolles Element sind nun auch Bombardierungen und Feuerunterstützung von See aus möglich – wenn auch mit geringer Präzision. Im fortgeschrittenen Spiel sorgt erstmals die Eisenbahn dafür, dass Truppen innerhalb kürzester Zeit größte Entfernungen überwinden – ein Vorteil, gegen den die bereits schnellen Schiffstransporte regelrecht verblassen.

"Technik ist Mittel zum Zweck, nicht Selbstzweck" (C. F. v. Weizsäcker)

Nicht nur die Art der Kriegsführung hat sich in "Fall of the Samurai" verändert, auch ihre Präsentation. Die Benutzeroberfläche ist, im Gegensatz zum Hauptspiel, von nüchterner Einfachheit, braun-graue Farbtöne und klare Formen dominieren das Bild, vorbei die Zeiten von Pastell und Pinselstrich. Die Gemälde der Ladebildschirme sind teilweise angepasst an das neue Zeitalter: Schwert gegen Schusswaffe, Feuer gegen Pfeil. Die übrige Grafik hat keine Überarbeitung erfahren, die Landkarte Japans und alle verfügbaren Einheiten sind allerdings vollständig neu modelliert; hier zeigt sich, dass viel Arbeit in diesem "Add-on" steckt, auch weil die Einheiten- und Gebäudeauswahl auf dem Niveau von "Shogun 2" liegt.

Die Kehrseite all der grafischen Pracht zeigt sich am Hardware-Hunger: So wie das Spiel Speicherplatz auf dem Massenspeicher verschlingt, so verspeist es auch Prozessor und Grafikkarte zum Frühstück. Die maximale Detailfülle wird sich dementsprechend nur Spielern mit aktueller und leistungsfähiger Hardware erschließen. Ärgerlich ist, dass das Spiel selbst die Kontrolle der Effekte wie zum Beispiel Kantenglättung übernimmt, wenn der Grafikspeicher voll ist. Dieselbe Kantenglättung wird zudem nicht durchweg angewandt, Objekte vor Shader-Wasser pixeln und flimmern vor sich hin. Der zusätzlich angebotene morphologische Filter, der ruhige Szenen anständig glättet, bei Bewegung jedoch vollständig versagt, ist nur ein schwacher Trost. Noch ärgerlicher sind die langen, nein, ewigen Ladezeiten. Bis zum Erscheinen des Intros kann es geschlagene drei Minuten dauern, die "Schnell"-Ladefunktion verdient ihren Namen nicht. Hier zeigt die Konkurrenz regelmäßig, wie es besser geht. Etwas Optimierung würde hier wahre Wunder wirken.

Ist "Fall of the Samurai" nun eine Empfehlung wert? Die Antwort ist keine pauschale. Freunde von "Empire" werden sich hier trotz des japanischen Settings pudelwohl fühlen, überall blitzt und donnert es auf dem Schlachtfeld, es kracht, dass es eine wahre Freude ist und der Takt der Gatlings diktiert den Herzschlag. Wer sich im originalen "Shogun 2" wohlfühlt, wird mit den dort erfolgreichen Strategien nicht erfolgreich sein können, obwohl das Spiel eine Auswahl traditioneller Waffengattungen bietet.

Meiner Meinung nach ist "Fall of the Samurai" eine spielerisch durchaus gelungene Symbiose aus "Shogun 2" und "Empire", die wegen ihres ungewöhnlichen Settings, der taktischen Vielfalt und immensen atmosphärischen Dichte den typischen "Total War"-Charme versprüht und viele, viele Stunden Spaß garantiert. Dennoch sollten sich die Entwickler in Zukunft Gedanken darüber machen, wie sie die Hardware-Anforderungen senken können, Potenzial dafür ist jedenfalls reichlich vorhanden.

(29.05.2012)

Intel-Dual-Core-Prozessor mit 2,0 GHz oder Intel-Single-Core-Prozessor mit 2,6 GHz oder äquivalenter AMD-Prozessor

1 GB RAM (Windows XP) oder 2 GB RAM (Windows Vista/7)

DirectX-9.0c-kompatible Grafikkarte mit 256 MB und Shader Model 3

32 GB freier Festplattenspeicher

 

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