Jagged Alliance Online

Jagged Alliance Online - Steam-Edition (PC)

(Gamigo, bitComposer)

geschrieben von Witali Blum

 

 
 

"Jagged Alliance Online" ist ein Ableger der gleichnamigen beliebten Söldner-Strategie-Serie, der sich im Gegensatz zu den zahlreichen Vorgängern hauptsächlich auf den Mehrspielermodus konzentrieren will. Im folgenden Review werden die Inhalte der Steam-Edition hervorgehoben, die sich etwas von der Browser-Game-Version unterscheiden.

 

Money, Money, Money…

Zunächst sollte lobend erwähnt werden, dass "Jagged Alliance Online" prinzipiell kostenlos über den Steam-Store erhältlich ist. Diese Version reicht aus, um das Tutorial sowie einige weitere Missionen bis zu einem niedrigen Prestigelevel des eigenen privaten Militärunternehmens zu absolvieren und so einen fundierten Ersteindruck über den Einzelspielermodus zu bekommen. Wer mehr sehen möchte, muss allerdings 27,99 Euro in eine der Sonderausgaben des Titels, die unter den Namen "Ivan"- sowie "Shadow"-Edition vertrieben werden, investieren. Diese beinhalten neben zahlreichen weiteren Aufträgen 150.000 Cash In-Game-Währung, epische Ausrüstung, die von gefallenen Gegnern hinterlassen wird, sowie den jeweils namensgebenden Söldner als dauerhaften Angestellten ohne Bezahlung.

Nach einer vergleichsweise kurzen Downloadzeit kann es sofort losgehen. Der Spieler erstellt einen Kämpfer, der ihm permanent zur Verfügung steht und wählt für diese Figur eine Klasse aus. Er kann sich zwischen folgenden Spezialisierungen entscheiden: Kommando, Scout, Scharfschütze, MG-Schütze sowie Soldat. Jeder Rang sollte theoretisch unterschiedliche Vorteile bieten – entweder Schnelligkeit, Zähigkeit, Treffsicherheit, Schadensstärke oder die Fähigkeit, Waffen effektiv einzusetzen. Praktisch geht diese Rechnung nur am Anfang der Söldnerkarriere auf, denn später haben vor allem die beiden erstgenannten Klassen den immensen Vorteil, mehr Bewegungspunkte zu besitzen und trotzdem zielsicher mit einem Gewehr umgehen zu können, sodass sie nicht mehr auf den Nahkampf beschränkt sind. Dieser Missstand in der Spielbalance führt in den entsprechenden Foren zu Protesten bei den Zockern, weil die Entwickler sich weigern, die Klassenwahl für die Hauptfigur zurückzusetzen und nur in weit entfernter Zukunft am Fähigkeiten-Gleichgewicht der Söldner feilen möchten.

Sobald die Hauptfigur erstellt worden ist, schickt "Jagged Alliance Online" den Spieler im Einzelspielermodus zu zahlreichen Einsatzorten auf der Welt, wo sein digitales Alter Ego zusammen mit einem Team aus angeheuerten Söldnern verschiedene Aufträge erledigen soll. Die Bandbreite an Missionen ist groß. Mal muss ein Gangsterboss zur Strecke gebracht werden, ein anderer Kunde möchte seine Luxusliner vor Piraten geschützt wissen und sogar in Kleinkriegen darf man mitmischen. Eine durchgehende Hintergrundgeschichte wie bei den Vorgängern gibt es jedoch nicht, denn nach maximal fünf bis sechs Abschnitten ist die jeweilige Story einer Mission zu Ende. Obwohl die Auftraggeber äußerst wortreich ihr Anliegen über eine Textbox mitteilen, läuft ihre Geschichte stets darauf hinaus, feindliche Soldaten zu töten oder ein markiertes Zielgebiet zu erreichen. Abwechslung sieht anders aus.

 

Söldnerseele

Der Onlineableger der "Jagged Alliance"-Reihe bleibt, soweit es die Spielweise betrifft, seinen Wurzeln treu. Die Charaktere bewegen sich rundenweise und verbrauchen bei jeder Aktion Punkte. Sie können laufen, schleichen, Gegenstände benutzen, schießen und ihre Waffen nachladen. Sobald alle Aktionspunkte verbraucht worden sind, ist der Gegner an der Reihe, seinen Zug zu machen. Im Einzelspielermodus zeigt sich die Schwäche der feindlichen KI, denn die computergesteuerten Söldner besetzen keine Schlüsselpositionen, sondern stehen „wie blöd“ in der Gegend rum. Sie agieren erst, wenn die Soldaten des Spielers beim Rennen gehört oder gesichtet worden sind. Ebenso ziehen Schüsse auf explodierende Fässer unnötige Aufmerksamkeit auf sich. Das mangelhafte taktische Vorgehen der Feinde haben die Entwickler durch den Vorteil der zahlenmäßigen Überlegenheit, deren bessere Bewaffnung, scheinbar mehr Bewegungspunkte sowie eine erhöhte Trefferwahrscheinlichkeit mit den Schießprügeln ersetzt.

Die eigentlichen Kampfhandlungen sind im Vergleich zu vorangehenden Titeln der Serie stark vereinfacht worden. Es gibt beim Anvisieren des Gegners nur noch die Zielbereiche Kopf und Körper, wobei - wie gewohnt - auf Kosten von Aktionspunkten die Trefferwahrscheinlichkeit durch einen Klick mit rechter Maustaste erhöht werden kann. Die Figuren begeben sich meistens zum gesetzten Zielpunkt und alarmieren wie bereits erwähnt Truppen, die sich in der Nähe befinden. Alternativ dürfen die Söldner schleichen, wobei wiederum höhere Zugkosten für den Spieler anfallen. Handgranaten und Minen sind in "Jagged Alliance Online" explosiven Fässern gewichen, die nur bei Beschuss in einem bestimmten Radius zur Gefahr werden. Glücklicherweise wird die Möglichkeit, mehrere Personen auf ein Mal zu verletzen, nicht von der KI genutzt, sodass man ruhigen Gewissens auch die Deckung in der Nähe der Tonnen nutzen darf.

Wie aus den Vorgängern gewohnt erhalten die Einsatztruppen des Spielers für jeden erlegten Gegner Erfahrungspunkte, die schließlich zu einem Levelaufstieg des jeweiligen Charakters führen. Dabei dürfen Boni auf Waffenfertigkeiten sowie auf Basisattribute wie Stärke oder Wahrnehmung vergeben werden, die wiederum einen Einfluss auf Treffsicherheit, Verletzungswiderstand sowie Lebenspunkte haben. So entwickeln sich die zu Spielbeginn günstig angeworbenen Neulinge zu wahren Kampfmaschinen, die schließlich andere Teams im Mehrspielermodus das Fürchten lehren. Alternativ ist es natürlich möglich, Spezialisten mit epischen Befähigungen anzuheuern. Diese kosten jedoch Unsummen an In-Game-Cash, die sich nicht jeder Zocker leisten kann.

Bevor ein Team aus Kampfspezialisten in den Einsatz geschickt wird, empfiehlt es sich die zugehörigen Anforderungen im Missionstext genau durchlesen. Es ist nämlich möglich, zusätzliche Boni einzuheimsen, wenn man die vom Auftraggeber gestellten Bedingungen erfüllt. So soll beispielsweise eine Schlacht binnen zwanzig Runden abgeschlossen werden, die Söldner dabei mindestens fünfzehn kritische Treffer erzielen und davon wenigstens zehn durch einen Kopfschuss. Wer alles schafft, bekommt den Rang "Gold" zugewiesen. Die versprochene Belohnung wird dann um etwas In-Game-Cash sowie einige Erweiterungs-iItems für den heimischen Basisausbau aufgestockt. Erfüllt der Spieler nicht alle zusätzlichen Missionsbedingungen, so wird die Gewinnklasse entsprechend herabgestuft. Perfektionisten dürfen übrigens jeden Teilauftrag so oft sie wollen wiederholen, um schließlich doch alles auf Gold-Niveau erfüllt zu haben.

Bereits nach dem Tutorial erhält der Spieler Zugang zu seiner persönlichen Basis, in der er ein mobiles Krankenhaus, eine Werkstatt, ein Lager, eine Handelsverbindung und "A.I.M." – eine Art Jobcenter für Söldner – zur Verfügung hat. Einige der aufgezählten Einrichtungen erfüllen jedoch nur dem Namen nach ihre Funktion. So dient das Lazarett lediglich dazu, die Attribute der Söldner über den maximalen Level 100 hinaus zu erhöhen, weil schwerverletzte Einheiten nach Missionsende oder -abbruch automatisch geheilt werden. Dasselbe gilt für beschädigte Schutzausrüstung, die von allein repariert wird und damit die Werkstatt nahezu obsolet machen würde, wenn diese nicht zusätzlich aus seltenen Bauteilen verbesserte Waffen produzieren könnte. Nur das Lager bleibt seiner Bezeichnung treu, indem dort die Items, die der Spieler nicht verkaufen möchte, aufbewahrt werden.

Mit zunehmender Anzahl an erfolgreich abgeschlossenen Aufträgen, steigt der Ruf der Truppe und ermöglicht das Erweitern der Basiseinrichtungen. Allerdings benötigt man für den Ausbau Rohstoffe, die meistens als Belohnung von Auftraggebern erhalten oder im Item-Shop gekauft werden können. Darüber hinaus muss für jede Erweiterung ein großer Batzen an In-Game-Geld hingeblättert werden, das sonst dringend benötigt wird, um beispielsweise das Training der Söldner beim Levelaufstieg zu finanzieren. Aufmerksame Leser haben spätestens an dieser Stelle bemerkt, dass sich das Schema, jedes Feature im Spiel bezahlen zu müssen, wiederholt. Der Grund dafür ist vermutlich der Umstand, dass der Publisher oder die Entwickler nicht dazu bereit waren, die Cashcow "Jagged Alliance Online" allein auf Basis der erweiterten Missionsinhalte zu melken.

Jeder Fortschritt im Spiel kostet mitunter hohe Beträge an Cash, die nur durch langes, repetitives Zocken im Einzelspielermodus angehäuft werden können. Die im Free-To-Play-Genre weit verbreitete Alternative dazu ist ein Griff in den Geldbeutel. Es gibt verschiedene Pakete. Das kleinste kostet 3,85 Euro und hat im Spiel einen Gegenwert von 50.000 In-Game-Cash. Damit kann man lediglich einige schwache Soldaten anheuern und ihre anfängliche Ausrüstung bezahlen. Für den größten Batzen Spielgeld – 2.750.000 Cash – werden stolze 77 Euro fällig, was dem Neukaufpreis von zwei Top-PC-Spielen gleichkommt. Die große Millionensumme suggeriert zunächst, dass eine einmalige Investition alle digitalen Geldsorgen beseitigt. Der Eindruck täuscht, denn vor allem auf höheren Stufen nivelliert sich der Betrag, weil die passende Ausrüstung für erfahrene Soldaten im Item-Shop zunehmend teurer wird, während verkaufte Gegenständen – selbst diejenigen mit epischer Qualität – nur ein Zehntel dessen einbringen, was man sonst für ihren Erwerb hinblättern würde.

Ferner finden sich in den Missionen nahezu keine Waffen oder Rüstungen, die besser sind als die Sachen aus dem Geschäft. Gleichzeitig wird aber ein Daseinszweck für das Super-Inventar geschaffen, indem der Schwierigkeitsgrad im späten Spielverlauf auf ein schon fast unfaires Niveau angehoben wird. Wenn zu Beginn eines Auftrags das eigene Söldnerteam plötzlich einer Übermacht an gepanzerten Kommandosoldaten gegenübersteht, die zusätzlich Unmengen an Aktionspunkten haben und mit jedem Treffer kritischen Schaden verursachen, fragt man sich zu Recht, ob es überhaupt möglich ist, die Levels ohne den Einsatz von teuren Dopingmitteln aus dem Item-Shop zu schaffen.

Glücklicherweise betrifft diese Ungerechtigkeit alle zahlungsschwachen Spieler – also die große Mehrheit –, so dass die Mehrspielergefechte zweier Teams auf einer Karte meistens ausgeglichen sind. Die Notwendigkeit, taktisch vorzugehen und beispielsweise das Gelände für sich auszunutzen, besteht nur im PvP-Modus, denn die sogenannten "Warzones" (engl. für Kriegsgebiete) stellen lediglich eine Erweiterung des Einzelspielermodus dar, bei dem die Missionsergebnisse global mit allen Spielern verglichen werden. Dementsprechend gibt es dort dieselben Probleme mit unfähiger aber unfairer Gegner-KI. Allein die Aussicht, seltene Schießprügel zur Belohnung zu erhalten, motiviert, dennoch gelegentlich in den Kleinkriegen mitzumischen.

 

Zielfernrohr

In Sachen Optik musste "Jagged Alliance Online" einige Abstriche machen, denn der Titel sollte multiplattformfähig sein und selbst auf vergleichsweise schwachen Computern laufen. Folglich gibt es nur rudimentäre Animationen der Bewegungsabläufe, eher schwache Rauch- oder Lichteffekte sowie eine klassische, isometrische Perspektive mit groben Texturen. Der Sound ist nur geringfügig besser, wobei man bedenken muss, dass die Entwickler sich sämtliche Synchronsprecher gespart und lediglich die Hintergrundmusik mit Wiedererkennungsmotiven aus den Vorgängern belassen haben. Trotz aller Einschränkungen hat das Spiel mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen, die sich meistens mit extrem langen Login-Zeiten sowie Lag-Phänomenen, die aus anderen Online-Spielen nur allzu gut bekannt sein sollten, bemerkbar machen. An der Häufigkeit der Updates kann festgemacht werden, dass die Entwickler fleißig daran arbeiten, die Probleme zu beheben.

 

 
 

 

 

Minimum

- Windows XP/Vista/7/8

- Intel Core 2 Duo, 1.8 GHz

- 2 GB RAM

- DirectX 9-kompatible Grafikkarte 64MB RAM

- mind. 2 GB freier Festplattenspeicher

- Soundkarte (DirectX-kompatibel)

 

- Intel Core 2 Duo, 2.4 GHz oder schneller

- 4 GB RAM

- Rest wie Minimum

 


Fazit

"Jagged Alliance Online" kann sein Potenzial als ein Mehrspielertitel nicht ausleben, da der Großteil des Titels immer noch aus Einzelspielerinhalten besteht. Anstatt die alten Stärken der Serie – taktische Tiefe und Liebe zum Detail – weiter auszubauen, konzentrieren sich die Entwickler lieber darauf, den Spieler zum Bezahlen der internen Extras zu motivieren. Leider übersehen sie dabei, dass die Paketpreise für In-Game-Cash in keinem guten Verhältnis zur gebotenen Leistung stehen. Allgemein kann man sagen, dass "Jagged Alliance Online" in seiner Free-To-Play-Version ein netter Zeitvertreib ist – viel mehr aber auch nicht. Leider.

(31.08.2013)


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