Games Convention 2006 (Leipziger Messe) geschrieben von Jochen Diehl
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Und schon wieder ist sie vorbei, die Leipziger Games Convention. Mittlerweile - sie jährt sich zum fünften Mal - hat sie sich zu einer wahrhaft ansehnlichen Größe gemausert. Das gesteckte Ziel von 150.000 Besuchern wurde mit 183.000 deutlich übertroffen. Trotz eines Zuwachses von 49.000 Besuchern gegenüber dem Vorjahr hatten die Gäste in den Gängen und Hallen mehr Bewegungsfreiheit. Dies ist auf die intelligentere Hallenbelegung zurückzuführen, die eine weitaus bessere Streuung der Besucherströme ermöglichte. Die großen Aussteller wurden auf verschiedene Hallen verteilt. Es wurden großzügige Erholungsareale, die in den Haupthallen stolze 25 Prozent der Fläche belegten, geschaffen, und es gab erstmals einen Freibereich jenseits der Hallen. Dennoch blieb die Ausstellungsfläche glücklicherweise nicht nur erhalten, sondern wuchs im Gegenteil um volle acht Prozent. Auch für das Businesscenter stand bedeutend mehr Platz zur Verfügung, denn die Halle 2 war diesmal zu drei Vierteln dafür reserviert. Durch die verbesserte Organisation in allen Bereichen konnten dieses Jahr, ausgenommen am Supersamstag, längere Staus auf der A14 vermieden werden. Das Tagesprogramm Inhaltlich gesehen konnte die Messe, wie gewohnt, wieder auf ganzer Linie überzeugen. In Halle 2 bot die GC Family unter anderem für Grundschulklassen und Familien mit Kleinkindern einen Kindergarten, Aktionsfelder, Spieleinseln und unterschiedliche Arten von Lernsoftware an. Hier wurde auch gleichzeitig für eine gezielte und anschauliche Aufklärung der Eltern und Lehrer gesorgt. Der Durchschnittsspieler, der sich von der GC Family weniger angesprochen fühlte, erfreute sich sichtlich an den zahlreichen Messebabes. Beinahe jeder Stand und jeder Gang war mit den Männerfreuden besetzt, die unter einem permanenten Blitzlichtgewitter tonnenweise Flyer, Demos und sonstige Artikel verschenkten oder den Gästen den Einstieg in eines der unzähligen Spiele erleichterten. Im Außenbereich war es sogar möglich, in gemütlichen Sonnenstühlen Platz zu nehmen und den Oberkörper durch die Babes mit Sonnenmilch bearbeiten zu lassen. Ich persönlich bevorzugte aber die trockeneren Massagesessel mit eingebautem Selbstbewusstseinstrainer und Einschlafgarantie im Businessbereich - eine willkommene Abwechslung und Entspannung zwischen den schweißtreibenden Märschen durch die Messehallen. Die Gehkilometer waren leider nicht zu vermeiden, wenn man wirklich die gesamten Messeangebote erleben wollte. Einer der besonderen Hingucker war das Microsoft-Strandareal mit einem großen, begehbaren Granit-Hamsterrad, das die Geschwindigkeit der Spielsequenzen auf darüber hängenden Monitoren steuerte. Der von den letzten Messen bekannte EA-Dome verzichtete dieses Jahr auf den großen Drehteller und büßte etwas an Größe ein, bot aber immer noch ein hochinteressantes 360-Grad-Kinoerlebnis. Die wie üblich weiträumigen Stände von Ubisoft, Eidos, Activision, Nintendo, Sony und den sonstigen Top-Publishern fanden mit ihren Showprogrammen ununterbrochen regen Zuspruch. Zu Nintendo und Sony sei angemerkt, dass Wii und Playstation 3 leider für normales Publikum nur zum Anschauen verfügbar waren. Angesichts der nahe bevorstehenden Releasedates und der Tatsache, dass die Games Convention mittlerweile die größte Videospielemesse der Welt ist, stellte dies ein ziemliches Armutszeugnis für die beiden Hersteller dar. Für Fachbesucher und Medienvertreter war in abgeschlossenen Boxen wenigstens die Wii testbar. Etliche abgesperrte Multiplayerzonen luden dazu ein, den Profis aus ESL und Co. über die Schulter zu schauen. Unter anderem waren Hits wie "World of Warcraft", "Guild Wars" - die diesjährige Weltmeisterschaft wurde live auf der Games Convention ausgetragen -, "Counterstrike" und "Warcraft 3" zu sehen. Doch auch die unzähligen kleineren Stände und Bereiche boten Infos und Werbematerial zu ihren Spezialgebieten in Hülle und Fülle an. Auch abseits der Haupttummelplätze gab es auf der GC noch den einen oder anderen Leckerbissen zu entdecken. So schaffte es die "pong.mythos" genannte Ausstellung, einen beträchtlichen Bereich der Halle 4 für sich zu vereinnahmen und regte durch unzählige Varianten des Spielklassikers alle Sinne des Publikums an. Denn es existiert sogar - wer hätte es vermutet? - eine Akustik-Version des Urahnen. Selbst die berühmte Painstation war vor Ort zu entdecken und, sofern man das 18. Lebensjahr erreicht hatte, auch nutzbar. Das besondere an dieser Maschine ist, dass die Hand des Spielers, der den Ball mit seinem Schläger nicht mehr erreicht, physikalisch durch Elektroschocks, sengende Hitze oder Peitschenhiebe bestraft wird. Die wohl effektivste Werbung für dieses Gerät waren die überall anzutreffenden, rot schimmernden Hände der Probanden. Erwähnenswert ist weiterhin das Live-DVD-Presswerk von OK Media, das die DVD- Entstehung vom Granulat bis zu fertig bedruckter DVD in Papphülle demonstrierte. Die bereits aus den letzten Jahren bekannte und fast schon obligatorische Kartbahn in Halle 4 sorgte Runde um Runde wieder für Abwechslung der besonderen Art. Last, but not least ist die ausgedehnte, aber leider etwas am Rande gelegene Ausstellung lebensgroßer Computerspielikonen zu erwähnen. Von Superman und Batman über Lara Croft bis hin zu King Kong waren zahlreiche Helden als Plastikstatue verewigt. An Umfang ist die Sammlung, die bereits vor zwei Jahren die Messe beehrte, etwa auf das Dreifache angewachsen. Trotz des Trubels musste niemand Hunger leiden, denn für Speis und Trank war reichlich gesorgt. In der Glashalle und zwischen den Messehallen gab es Stände mit Gaumenfreuden zu gewohnten Messepreisen. Die etwas ruhigeren Aufenthaltsbereiche zum Essen, Unterhalten und Verabreden waren angesichts der sehr lauten Geräuschkulisse der Messehallen auch bitter nötig. Hier konnte neue Kraft getankt werden, um für das anschließende erneute Bad in der Menge gewappnet zu sein. Das Abendprogramm Der Messeleitung war es gelungen, für den Freitagabend die Musikveranstaltung "The Dome 39" auf die Games Convention zu holen. Dadurch trafen Tausende von männlichen, jungen Spielern auf Scharen kreischender Teeniemädels, die eigens zu diesem Event angereist waren. Die Girlies begaben sich in ihrem jugendlichen Wahnsinn teilweise schon gegen 12 Uhr in den Anstellzwinger, um einen guten Stehplatz für das Spektakel am Abend zu erkämpfen. Nach Beginn des Ereignisses konnten die Auswirkungen der Fernsehübertragung auf die Bühnenshow live miterlebt werden. Um den Zuschauern zu Hause ein weitgehend perfektes Spektakel bieten zu können, mussten verpatzte Gags wiederholt und Lieder neu begonnen werden. Stars, die bereits zwei Tage zuvor aufgetreten waren, wurden jetzt lediglich angekündigt und fürs Fernsehen eingeschnitten. Ansonsten wurde dem Zuschauer aber eine unterhaltsame Show geboten, so denn sein Musikgeschmack kompatibel war. Auch die anderen Abende boten außerhalb der Öffnungszeiten der Messe ein unterhaltsames Programm. Am Mittwoch wurden auf dem traditionellen Eröffnungskonzert im Gewandhaus vom Prager Symphonieorchester allerlei Melodien aus Spielen wie "Black", "Final Fantasy VI" oder "Turrican 3" zum Besten gegeben. Der Donnerstagabend stand unter dem Stern der alljährlichen Branchenparty im Volkspalast inklusive einer kleinen Zirkusvorführung. Am Samstag bot sich das "Honky Tonk Festival" in der Innenstadt an, den Tag angemessen ausklingen zu lassen. Analog zu dem in Westdeutschland bekannteren "Monkey Jump" lieferten die lokalen Kneipen im Rahmen des "Honky Tonk" ein aufeinander abgestimmtes Programm. Verschiedenste Musikrichtungen wurden von Livebands innerhalb der Gaststätten oder unter freiem Himmel präsentiert. Alles in allem war es wieder eine hervorragend besuchte, heiße und rundherum gut gelungene Games Convention, von der aus Jung und Alt mit großer Befriedigung und bestückt mit unzähligen Souvenirs den Heimweg antreten konnten. Die Messeleitung hat aus den Erfahrungen der Vorjahre viel gelernt, dennoch sind immer noch Verbesserungen möglich, speziell hinsichtlich der Presselogistik. Wenn wir der Prognose Glauben schenken, könnte im nächsten Jahr sogar die magische 200.000-Besucher-Marke durchbrochen werden. Wir dürfen gespannt sein! (20.09.2006) Minimale - Vollendung des 10. Lebensjahres, um die Messe ohne Begleitung eines Erwachsenen besuchen zu dürfen.
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