"Wozu aufhören, wenn es für uns gerade so gut läuft?" Diese Frage müssen sich die Entwickler von Ubisoft Montreal gestellt haben, als sie vor knapp einem Jahr auf die Verkaufszahlen von "Assassin's Creed III" geschaut hatten. So kommt es, dass wir nun Ende Oktober 2013 einen weiteren Teil der Serie bewundern dürfen, der glanzvolle Abenteuer, weitere wilde Verschwörungstheorien und heftige Gefechte zu Land wie auch zu See verspricht. Lesen Sie im folgenden Test, warum die Assassinen gemeinsam mit gesetzlosen Piraten unter schwarzer Totenkopfflagge gegen die Templer sowie ihre Anhänger ins Feld ziehen.
Fifteen men on a dead man's chest
Die überaus charmante Hauptfigur von "Assassin's Creed IV: Black Flag" ist ein Freibeuter namens Edward Kenway, dessen Körperbau und Gesichtszüge stark an den Schauspieler Chris Hemsworth, der vielen Leuten aus dem Film "Thor" (2011) bekannt ist, erinnern. Dieser walisische Seemann verlässt seine Heimat, um in der Karibik unermesslichen Reichtum zu erlangen, mit dem er seiner Frau und sich einen königlichen Lebensstil ermöglichen möchte. Da redliche Seeleute ohne Rang und Namen im Allgemeinen sehr wenig verdienen, gerät der Protagonist bald an die Freibeuter, die zwar schnellen Reichtum versprechen, dafür aber ständig mit dem Risiko leben müssen, der Piraterie angeklagt und gehenkt zu werden.
Der Weg zu den Assassinen beginnt für Kenway eher zufällig als geplant, denn auf einer äußerst schlecht verlaufenden Kaperfahrt, bei der sowohl die Piraten als auch die wehrhaften Opfer ihre Schiffe in einer gewaltigen Schießpulverexplosion verlieren, trifft der Held einen ungewöhnlich gekleideten Widersacher. Nur mit knapper Not kann sich der Freibeuter schwimmend auf eine kleine Insel retten und begegnet dort erneut dem gefährlichen Unbekannten in merkwürdiger Montur. Als der Fremde vorschlägt, die Differenzen beiseitezulegen und ihn gegen opulente Bezahlung nach Havanna zu bringen, wird die Neugier des Protagonisten geweckt. Die Paranoia des Fremdlings und Kenways Rücksichtlosigkeit führen dazu, dass sich der Held schließlich selbst die Kutte des nun toten Assassinen überzieht, um beim Gouverneur der zuvor erwähnten Stadt ein merkwürdiges Artefakt abzuliefern, das er in den Hosentaschen gefunden hat. Natürlich hofft der unmoralische Held dabei auf einen fürstlichen "Finderlohn", sodass er sich endgültig zur Ruhe setzen kann.
Parallel zu den Erinnerungen über den Freibeuter Edward Kenway gibt es eine Hintergrundgeschichte, die in einer futuristischen Gegenwart spielt. Man steuert einen namenslosen Angestellten von "Abstergo Entertainment" – einer Tochtergesellschaft des durch die Templer kontrollierten Konzerns "Abstergo Industries" – auf seinem Arbeitsplatz. Unter dem Deckmantel der Unterhaltungsindustrie werden mithilfe des neuen Animus-Cloud-Computing-Systems die genetischen Überreste von Miles Desmond, dem Helden der vergangenen Serienteile, nach wichtigen Erinnerungen durchforstet. Schon bald bemerkt der bezahlte Spieler, dass seine Erfolge beim Rekonstruieren der Vergangenheit von Edward Kenway neugierige Blicke mächtiger sowie einflussreicher Beobachter auf sich ziehen.
What shall we do with the drunken sailor
Kenner der Vorgängertitel werden sich problemlos im aktuellen Serienhit "Assassin's Creed IV: Black Flag" zurechtfinden, denn sowohl die Steuerung als auch das HUD sind nahezu identisch geblieben. Die Spielfigur kann nach wie vor unerkannt durch Menschenmengen schleichen, von einem Versteck zum nächsten huschen, Gebäude erklimmen und mit waghalsigen Sprüngen große Entfernungen auf den Hausdächern überwinden. Eine Minikarte am Bildschirmrand hilft bei der groben Orientierung, während bei Bedarf eine Detailkarte jederzeit mit einem Tastendruck aufgerufen werden kann. Da es in der Hintergrundgeschichte von Anfang an klar ist, dass der Spieler sich in einer simulierten Welt des Animus-Netzwerks befindet, verzichten die Entwickler auf übermäßigen Realismus zugunsten einiger Annehmlichkeiten wie etwa eine früh verfügbare Schnellreisefunktion, die den Hauptcharakter an einen bereits synchronisierten Aussichtspunkt teleportiert.
Dummerweise setzt sich die Bequemlichkeit auch bei den optionalen Nebenmissionen fort und führt zu einigen Logikfehlern in der Geschichtserzählung. So kann Edward zum Beispiel bereits auf der ersten Insel, die als Tutorial-Umgebung zum Trainieren der grundlegenden Fähigkeiten dienen soll, ein Maya-Rätsel lösen, um einen Teilschlüssel für ein seltenes Outfit zu erhalten. Blöderweise erfährt er aber erst in der Mitte der Hintergrundgeschichte von der Existenz solcher mystischer Objekte. Ebenso kann er gleich in der ersten Stadt Havanna im Auftrag der Assassinen Zielpersonen umbringen, die die Sache der Templer unterstützen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht wissen kann, dass diese beiden geheimen Gruppen existieren. Zusammen mit den unzähligen "Animus-Fragmenten", die etwaige Cheats freischalten, sowie den wegfliegenden Notenblättern mit Seemannsliedern für Kenways spätere Crew wird auf diese Art und Weise die sonst authentische, historische Atmosphäre eines Piratenlebens stark getrübt.
Dafür gibt es nun jede Menge spannende Missionen, die es erfordern, unentdeckt zu bleiben, wenn man die hundertprozentige Synchronisation einer Erinnerung erreichen möchte. Oftmals besteht die Schwierigkeit schon darin, ein schwer bewachtes Areal zu betreten. Glücklicherweise darf Edward entweder Kurtisanen anheuern, die Wachen mit ihren weiblichen Reizen ablenken, oder Schläger bezahlen, die die aufmerksamen Posten in eine Prügelei verwickeln, damit er im allgemeinen Tumult ins Zielgebiet hindurch schlüpfen kann. Alternativ muss der Held eine schlecht bewachte Stelle finden und warten, bis die Luft rein ist. Sollte Kenway im verbotenen Areal entdeckt werden, erscheint über dem entsprechenden Beobachter eine gelbe, runde Anzeige, die sich stetig füllt. Sie repräsentiert die Aufmerksamkeitsspanne einer feindlichen Person, die sofort beginnt, nach dem erblickten Eindringling zu suchen. Bei vollem Ausschlag verfärbt sich die Anzeige rot und der betroffene Wächter holt sich Verstärkung – manchmal sogar mithilfe einer lauten Alarmglocke. Es bietet sich also an, den neugierigen Beobachter möglichst schnell und ungesehen mundtot zu machen.
Es ist aus mehreren Gründen vorteilhaft, die Vegetation als ein Versteck im feindlichen Gebiet ausgiebig zu nutzen. Zum einen ist der Held relativ sicher vor zufälligen Entdeckungen weit entfernter Scharfschützen, die von einem Hochsitz aus stets eine gute Sicht haben, zum anderen ist es möglich, mittels eines Pfeiflautes neugierige Patrouillen anzulocken, sie dann zu meucheln und ihren Körper in den Büschen zu verbergen, sodass sie nicht mehr in die Quere kommen können. Sobald der Protagonist ein Gewehr, das er mit seinen eigenen Pistolenkugeln laden kann, findet, wird jede Schleichmission paradoxerweise extrem einfach, denn der Pirat kann aus einem weit entfernten Versteck mit lautem Knall eine Wache nach der anderen erschießen, ohne dass sofort ein Großalarm ausgelöst wird. Klar, laufen die Kollegen des Toten herbei, um nach dem Heckenschützen zu suchen. Sie geben jedoch erstaunlich früh die Fahndung auf und kehren brav zu ihren alten Posten zurück.
Manchmal erfordert die Situation es, dass Kenway aggressive Verhandlungen mithilfe seiner beiden Säbel führt. Die "Parieren“-Taste wird dabei zum besten Werkzeug des Spielers, denn sie schützt die Hauptfigur nicht nur vor Angriffen, sondern ermöglicht ihm, tödliche Konter einzusetzen, die ein Nahkampfgefecht schnell zugunsten des Piraten entscheiden. Allerdings ist das Timing extrem wichtig, da der Held sich nur verteidigen kann, wenn er rechtzeitig einem gegen ihn geführten Hieb begegnet. Als eine kleine Hilfestellung erscheint über dem jeweiligen Angreifer ein rotes Ausrufezeichen, das signalisiert, dass gleich ein gefährlicher aber parierbarer Schlag erfolgen wird. Man sollte jedoch nicht allzu sehr auf die Kampfkunst des Helden vertrauen, weil selbst auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad eine Meute Gegner schnell den Protagonisten umzingeln und ihn gnadenlos erledigen kann. Zum Glück kämpfen Piraten nicht mit fairen Mitteln. Rauchbomben, giftige Dartpfeile, Wurfpfeile und bis zu vier Pistolen sind überaus hilfreich, wenn man sich aus brenzligen Situationen retten muss. Die zugehörige Munition holt sich Edward übrigens schnell beim Plündern der Leichen seiner Feinde wieder.
Ein wirkliches Novum in "Assassin’s Creed IV: Black Flag“ sind die Seeschlachten, die zwar bereits im Vorgänger thematisiert worden sind, nun aber einen Großteil des Spiels ausmachen. Im Laufe des Abenteuers kommt Edward nämlich in den Besitz einer Brigg, die es ihm ermöglicht, auf Kaperfahrt zu gehen. Obwohl der Held die Rolle des Kapitäns innehat, steuert er selbst das Schiff sowie dessen Bewaffnung. Je nachdem, in welche Richtung der Hauptcharakter schaut, werden die dort platzierten Kriegsgeräte auf Knopfdruck abgefeuert, wobei der linke Analogstick den Schusswinkel vorgibt. Das Arsenal kann sich wirklich sehen lassen. Neben klassischen Kanonenkugeln gibt es Feuerfässer, die als Minen fungieren, Mastbrecher, die Schiffe verlangsamen, schwere Munition mit vergrößertem Schadenspotenzial und sogar Mörser, die bereits auf sehr große Entfernung ein Ziel aufs Korn nehmen können. Ergänzt wird das Ganze durch zielsuchende Kanonen, die Deckbrassen, die automatisch die Schwachpunkte eines Feindgefährts anvisieren können, sodass der Kapitän nur rechtzeitig den Feuerbefehl geben muss.
Leider ist die unrechtmäßig erworbene Brigg anfänglich etwas schwach auf der Brust und muss zunächst aufgerüstet werden, wenn sie es mit der britischen oder spanischen Marine aufnehmen soll. Holz, Eisen und natürlich Geld sind die wichtigsten Rohstoffe, die für ein Upgrade des eigenen Schiffs benötigt werden. Die beiden erstgenannten Ressourcen gibt es hauptsächlich auf anderen Seefrachtern, sodass geschickte Opfersuche mittels Fernrohr essenziell wichtig wird, wenn man nicht von einem übermächtigen Gegner zusammengeschossen werden möchte. Deswegen lautet die Devise zu Beginn: Finger weg von Militärkonvois, die ein Schatzschiff begleiten! Geld als Bezahlung für die Upgrades des Schiffes kann Kenway entweder auf den Landmissionen verdienen oder alternativ Waren wie Rum und Zucker, die er auf Kaperfahrten gesammelt hat, gewinnbringend verkaufen.
Wie läuft eine typische Kaperfahrt ab? Zunächst wird das Opfer mit Mastbrechern beschossen, damit es langsam und schwerfällig wird. Anschließend beharkt man das Feindgefährt aus mittlerer Entfernung solange mit Kanonensalven von der Breitseite aus, bis es manövrierunfähig ist. Schwer gepanzerte Schiffe erfordern mehr Finesse, weil sie nicht nur viel einstecken können, sondern meistens auch selbst gewaltig austeilen. Es bietet sich an, den Kampf mit dem Mörser aus großer Entfernung zu eröffnen. Anschließend verkürzt man auf voller Fahrt die Distanz, kracht entweder mit verstärktem Bugsporn in das Feindschiff oder feuert eine vernichtende Salve "schwerer Kanonenkugeln" ab. Sollte das immer noch nicht gereicht haben, um das gegnerische Seegefährt schrottreif zu machen, erledigen die Deckbrassen den Rest.
Sobald jeglicher Widerstand auf See gebrochen ist, muss der Held nur noch seine Brigg neben den unbeweglichen Kahn des Feindes bewegen und den Befehl zum Entern erteilen. Daraufhin beginnt eine Kampfsequenz, in der die Piratencrew versucht, die gegnerische Mannschaft zu bezwingen. Je nach Größe des Opferschiffs reicht es zum Beispiel bei Schonern schon, fünf Matrosen zu erledigen, während größere Frachter weitere Missionsziele vorgeben, die erreicht werden müssen, ehe die Kaperung als erfolgreich eingestuft wird. Je schneller Kenway die Eroberungsziele erfüllt, desto weniger Piraten kommen bei den Nahkampfgefechten ums Leben. Zum Glück kann Edward selbst mit einem Deckbrassen bis zu fünf Schüsse auf das zu enternde Gefährt abgeben, um die Anzahl der wehrbereiten Soldaten zu reduzieren. Danach muss der Protagonist die eigenen Säbel schwingen.
Was geschieht nun mit einem eroberten Kahn? Im weiteren Verlauf des Abenteuers stehen dem Helden drei Optionen zur Verfügung, wie die Piraten mit einem geenterten Schiff verfahren. Die erste Möglichkeit verwendet das Baumaterial des Opfers, um sich zu reparieren. Sehr nützlich, wenn man sich gerade in einer großen Seeschlacht befindet! Die zweite Option erlaubt es, die feindliche Besatzung ungeschoren frei zu lassen, um den eigenen Ruf rein zu waschen. Warum sollten Piraten oder besser gesagt Freibeuter sich um ihr öffentliches Ansehen scheren? Ganz einfach: Je schlechter der Ruf, desto höher die Bedrohungsbeurteilung der Kolonialmächte und desto wahrscheinlicher ist es, dass sogenannte schwerbewaffnete Piratenjäger sich auf den Weg machen, Kenway das Handwerk zu legen. Das Ganze funktioniert ähnlich wie die Sterne aus "Grand Theft Auto". Die Missetaten auf hoher See werden mit einem Symbol am linken oberen Bildschirmrand gekennzeichnet, das zunächst nur umrandet dargestellt wird, sich aber zunehmend mit roter Farbe füllt. Sobald ein Bedrohungszeichen komplett ist, erscheint das nächste. Bald heften sich hartnäckige Kopfgeldjäger an Kenways Fersen und machen jede Kaperfahrt durch ihre Einmischung extrem schwierig.
Alternativ kann der Pirat seine Schuld an Land begleichen, indem er einen zuständigen Beamten besticht. Übrigens wird die Bedrohungsgrenze automatisch auf Null zurückgesetzt, sobald der Held sein Leben verliert und das Animus-Netzwerk infolge dessen am letzten Speicherpunkt neu synchronisiert werden muss. Erstaunlicherweise bleiben dabei die bis zum Todeszeitpunkt erworbenen Waren sowie Geldstücke im Inventar des Protagonisten erhalten. Die dritte Option, wie ein erobertes Schiff zu eigenem Zweck genutzt werden kann, ist wirklich interessant, denn Kenway darf im Verlauf seines Abenteuers eine Flotte zusammenstellen. Dementsprechend repräsentiert jedes gekaperte Seegefährt eine potenzielle Verstärkung der eigenen Piratenarmada. In der Kapitänskajüte erteilt man mithilfe von Seekarten den Schiffen Befehle, auf Missionen zu gehen, um Geld zu verdienen, oder man streitet mit den anderen Kolonialmächten um die Sicherheit der Seerouten für die eigene Fraktion. Da die Anzahl der Docks begrenzt ist und der weitere Ausbau des Heimathafens viele Investitionen erfordert, sollte der Spieler stets daran interessiert sein, nur die stärksten Kutter unter seine Fittiche zu nehmen. Glücklicherweise liefern die hartnäckigen Piratenjäger genug an aufgerüsteten Schiffen, sofern der Spieler sie bezwingen kann.
Zusätzlich zur Hauptgeschichte sowie den Nebenmissionen gibt es jede Menge Sammelgegenstände zu finden. Besonders nützlich sind vor allem Schatzkarten, die grobe Hinweise zu vergrabenen Wertgegenständen oder sogar geheimen Ausbauplänen für Kenways Brigg liefern. Nur in Ausnahmefällen befindet sich der Schatz auf derselben Insel wie der Fundort der zugehörigen Karte, sodass der Held ziemlich lange auf seinem Kahn unterwegs ist. Bereits besuchte Häfen sind glücklicherweise bequem per Schnellreisefunktion erreichbar. Darüber hinaus muss sich der Held auf die Jagd nach Tieren machen, wenn er seine anfängliche Ausrüstung um nützliche Munitionsbeutel oder bessere Schutzkleidung erweitern möchte, denn nur seltene Felle und Häute erlauben die Anfertigung persönlicher Upgrades für Kenway. Das Ganze geht so weit, dass der Protagonist nicht nur in ländlichen Gebieten auf die Pirsch geht, sondern auch auf hoher See Wale oder Haifische harpuniert. Ein positiver Nebeneffekt dieses Zeitvertreibs ist die Möglichkeit, nicht benötigte Fertigungsmaterialien zu einem ziemlich guten Preis verkaufen zu können.
Natürlich beinhaltet auch der aktuelle "Assassin's Creed"-Titel einen ausführlichen Mehrspielermodus, der sich primär an den Vorgängern orientiert. Neuerdings gibt es aber sogenannte "Community-Events". Dabei handelt es sich um Herausforderungen, die entweder im Einzelspielerpart – wie etwa versenke siebzigtausend Schiffe – oder Mehrspielerpart – schlage zwanzig Gegenspieler bewusstlos – stattfinden. Zur Belohnung winken nicht nur besonders viele Erfahrungspunkte, mit denen andere Kostüme und Figuren freigeschaltet werden, sondern auch einmalige Extras, die man stolz beim nächsten Mehrspielergefecht präsentieren kann.
All for Me Grog
Wenn man noch ein Mal alles Revue passieren lässt, was die Entwickler in "Assassin's Creed IV: Black Flag" eingebaut haben, kommt man nicht umhin sich zu fragen, warum die Ladezeiten dieses Titels auf der Playstation 3 so kurz ausgefallen sind. Eine riesige, freie Welt, die nach dem Sandbaukasten-Prinzip funktioniert, erfordert meistens große Speicherressourcen, die eine Konsole nicht so leicht aufbringen kann. Die Antwort auf die gestellte Frage erhält der Spieler beim genauen Hinsehen. Die Qualität der Grafik hat gegenüber dem Vorgänger abgenommen. Viele Objekte und unwichtige Nichtspielercharaktere werden mit stark reduzierter Kantenglättung dargestellt, während sich allgemein die digitale Bevölkerungsdichte in den Städten stark verringert hat. Es gibt für den Pöbel in den Straßen weniger automatische Animationen, sodass die Leute wie hypnotisiert immer wieder dieselbe Aufgabe ausführen.
Die aus der Ferne als dicht anmutende Vegetation entpuppt sich aus der Nähe betrachtet oftmals als eher spärlich gesät. Ein besonders heftiges Beispiel in dieser Hinsicht sind die Zuckerrohrfelder auf Plantagen, in denen sich der Held vor Wachen verstecken kann. Von einem Halm zum nächsten sind dort mindestens dreißig digitale Zentimeter Abstand, sodass die patrouillierenden Posten eigentlich blind sein müssten, um jemanden in diesem Feld zu übersehen. Zum Glück sind sie es offensichtlich. Außerdem merkt sich das Spiel nicht mehr, was vor einem Speicherpunkt genau passiert ist. Sollte der Hauptcharakter während einer fordernden Schleichmission, bei der er vorsichtig eine Wache nach der anderen ausgeschaltet hat, ums Leben kommen, kann er zwar den Auftrag vom letzten Erinnerungspunkt aus fortsetzen, hat aber nun nicht mehr den Rücken frei, weil alle erledigten Posten wieder auftauchen. Das ist ärgerlich, wenn man zum Zweck der vollen Erinnerungssynchronisation – hundert Prozent in der Missionsbewertung – ungesehen verschwinden muss.
Umso schöner sieht "Assassin's Creed IV: Black Flag" auf offener See aus. Das Zwischenspiel aus kristallklarem Wasser, kleinen Inseln sowie Korallenriffen belebt die maritime Atmosphäre. Die Schiffe sind in allen ihren Arten authentisch dargestellt. Wind und Wetter sind nun nicht mehr nur optische Effekte. Sie beeinflussen die Bewegungseigenschaften der Schiffe. Besonders beeindruckend sind die Stürme mit ihren Windhosen und Riesenwellen, die durchaus in der Lage sind, einen Kahn stark zu beschädigen oder gar zu versenken. Zusätzlich vermittelt ein reger Tag-Nacht-Wechsel dem Spieler ein glaubwürdiges Zeitgefühl für den Ablauf von Kenways Abenteuern.
Soundtechnisch gibt sich "Assassin's Creed IV: Black Flag" keine Blöße. Neben stimmungsmachender Hintergrundmusik ist es vor allem die glänzende Synchronisation, auf die die Entwickler stolz sein können. Alle Hauptcharaktere werden von hervorragenden Sprechern vertont und sogar die unwichtige, dekorative Bevölkerung brabbelt in authentischem Kolonialslang – spanisch oder englisch – vor sich hin. Ein großes Highlight sind die Seemannslieder, deren Notenblätter Edward auf Hausdächern und anderen schwer zugänglichen Objekten ergattern kann. Während einer Fahrt mit der Brigg singt die Crew und der Kapitän kann das "Chorprogramm" variieren. Zusammen mit den großartigen Spezialeffekten wie etwa dem Pfeifen fliegender Kanonenkugel und explodierenden Pulverfässern fühlt man sich gleich in einen Piratenfilm a la "Fluch der Karibik" hineinversetzt.
Und hier der offizielle Launch-Trailer:
passt