Die Leute beim "Luftrausers"-Entwickler Vlambeer - es sind genau zwei - sollte man nicht allzu ernst nehmen, das hat man bereits an den Namen der Spiele gesehen, die sie bisher veröffentlicht haben. Da geht es um "Ridiculous Fishing", also um lächerliches Fischen oder um den "Nuclear Throne". Auch der Name Vlambeer selbst, der übersetzt "flambierter Bär" bedeutet, zeigt bei der niederländischen Firma aufn, dass es die Gerüchte um das, was unsere Nachbarn da so einwerfen, vielleicht doch wahr sind und damit ist nicht der holländische Käse gemeint. Besucht man die Website der Programmierer, so findet man dort ein Spiel namens "Luftrauser", ein Flashgame, das sich auf den ersten Blick nur ein "S" von dem hier getesteten Spiel unterscheidet. Aber diese Review wird zeigen, dass die beiden Spiele außer der Grundidee und einem ähnlichen Namen nichts gemeinsam haben.
"Luftrausers" ist ein Dog-Fight-Spiel. Ein kleines Flugzeug wird von einem Kriegsschiff abgeschossen und muss sich dann gegen die feindlichen Kräfte, die im Wesentlichen auch Flugzeuge sind, zur Wehr setzen. Aber nicht nur diese bereiten dem Piloten Kopfschmerzen, sondern sehr schnell gesellen sich zum Kampf auch noch Kriegsschiffe hinzu, vom kleinen Kanonenboot bis zu schweren Schachtschiffen ist alles vertreten. Das Spielfeld wird dabei von unten und oben durch den Himmel und das Wasser begrenzt. Damit ist dann das Verhalten im Spiel auch festgelegt: Wenn es sich bewegt - egal über oder unter dem Flugzeug, hier Rauser genannt - muss es abgeballert werden. Allerdings unterscheidet „Luftrausers“ sich doch stark von einem klassischen Spielhallen-Game, denn Vlambeer hat das Spiel an heutige Verhältnisse angepasst.
Für Arcade-Games ist es immer wichtig, die Steuerung einfach zu halten, denn meistens hatte man nur zwei Knöpfe zur Verfügung, die Entwickler haben aber hier etwas anders gemacht. Gesteuert wird das Spiel in der PS3-Version natürlich mit dem linken Analog-Stick, allerdings wird mit ihm im Grunde nur vorgegeben, ob der Rauser nach links, rechts oder oben fliegen soll. Die Manöver selbst werden am elegantesten mit den Pfeiltasten für links und rechts ausgeführt, aber man entscheidet nur, ob sich der Flieger links- oder rechtsherum drehen soll. Diese Kommandos sind auch mit dem Analog-Stick, aber bei Weitem langsamer und ungenauer. Man muss also eine ganze Weile trainieren, bis man im wahrsten Sinne des Wortes "den Dreh raus hat". Die Koordination von Richtung und Manövern mit einer Hand ist nicht ganz einfach. Wichtig ist aber, die andere Hand niemals von der Feuertaste zu nehmen!
Überleben, aber wie?
Das Ziel des Spiels ist es, einerseits die eigene Punkteleistung zu übertreffen und andererseits im Weltranking zu steigen. Für jeden abgeschossenen Gegner bekommt man eine bestimmte Anzahl von Punkten, für die kleinen Fighter weniger, für die großen Widersacher, wie etwa die Schlachtschiffe, mehr. Je besser gepanzert ein Feind ist und je mehr Treffer man landen muss, desto mehr Punkte bekommt man bei seinem Ableben. Schießt man in einem bestimmten (sehr kurzen) Zeitraum den nächsten Punktebringer ab, dann steigt ein Multiplikator, der die Abschusswerte der Feinde erhöht. Soll also wirklich eine Chance auf hohe Punktzahlen bestehen, dann muss man dafür sorgen, dass der Steigerungsfaktor so hoch wie möglich wird, sprich: Viele Gegner müssen in kurzer Zeit hintereinander abgeknallt werden.
Und da fangen die Probleme an: Die Feinde warten ja schließlich nicht auf den Abschuss, sondern ballern ständig auf den Rauser und setzen permanent selbst Treffer. Dadurch wird die Schutzhülle des Protagonisten brüchig, nach wenigen Einschlägen explodiert das Flugzeug und der Versuch gilt als gescheitert. Es gibt dafür keinen Lebensbalken oder ähnliches, sondern das Flugzeug fängt an zu blinken, je heftiger dies wird, desto näher ist der Exitus. Dann wäre da nur die Möglichkeit, zu fliehen. Zusätzlich muss man noch aufhören zu ballern, denn nur dann setzen die Selbstheilungskräfte des Rausers ein. Wartet man nun zulange mit dem erneuten Schießen, dann wird der Punktemultiplikator wieder zurückgesetzt und die ganze Anstrengung, der Faktor hochzutreiben, war vergebens. Natürlich kann der Faktor dann im weiteren Luftkampf wieder hochgetrieben werden. Es gilt also, die eigene Gesundheit im Auge zu behalten, damit die Regeneration schnell vonstattengehen kann und der Multiplikator nicht zurückgesetzt wird. Damit ist das Hauptproblem zur Erreichung eines hohen Punktestandes erklärt.
Aber es gibt noch eine zweite Mechanik, die sich wesentlich auf den Überlebenskampf und damit auf das Ergebnis auswirkt.. "Luftrausers" addiert alle jemals erreichten Punkte auf und schaltet in bestimmten Abständen Upgrades frei. Außerdem wird der Level des Piloten erhöht, was aber überhaupt keine Auswirkung auf das Spiel hat, alle Schlachten sind gleichschwer. Wichtig für das Flugzeug sind nur die Upgrades, die sich auf die drei Kategorien Waffe, Rumpf und Antrieb auswirken. Diese Verbesserungen können in allen möglichen Kombinationen im Flugzeug verbaut werden. Dabei ist es so, dass jede Veränderung eine positive und eine negative Auswirkung hat. Tauscht man zum Beispiel die klassische Bordwaffe gegen einen Laserstrahl aus, dann hat das zwar einen stärkeren Effekt bei Einschlag, aber der Rauser wird gleichzeitig schwerer zu manövrieren.
Verändert man dem Rumpf am Rauser, dann hat dies meistens Konsequenzen auf die Widerstandsfähigkeit und damit auf die Lebensenergie. Bei einer dickeren Schutzhaut kann man zwar länger auf eine Stelle stehen bleiben und es zum Beispiel länger mit Schlachtschiffen aufnehmen, aber man wird deutlich verlangsamt. Der Antrieb, der als Letztes verändert werden kann, hat primäre Auswirkungen auf die Geschwindigkeit, aber stellt auch manchmal Sonder-Features zu Verfügung wie eine Kanone nach hinten oder aber verhindert Schaden beim Eintauchen ins Wasser. Insgesamt können die drei Features zu 125 Kombinationen vermischt werden.
Möchte man tatsächlich eine möglichst hohe Punktzahl erreichen, dann wird man seeeeeeeeeeeeeehr viele Varianten von Waffen, Rumpf und Antrieb anprobieren müssen, denn aufgrund der negativen Auswirkungen von Upgrades muss man viele Kombinationen testen, um herauszufinden, was zur besten Flug- und Kampfsituation für den Rauser führt.
Retro?
Wenn man das Spiel das erste Mal sieht, dann stellt sich die Frage, ob die Präsentation von "Luftrausers" „Retro“ ist. Wie man an den Screenshots unschwer erkennen kann, herrscht zu Beginn ein Grundton vor, den man am besten mit Ocker beschreiben kann. Dem Szenario angepasste maritime Töne oder ähnliches sucht man vergebens. Nach einer Weile werden im Spiel weitere Farben freigeschaltet, aber das gesamte Grafik-Setting kann man wohl am genausten als "Retro" bezeichnen. Ist das nun ein Problem für das Spiel oder vielleicht eine Reminiszenz an Arcade-Games? Darüber kann sich jeder seine Gedanken selbst machen. Das, was für einen Dog-Fight auf der PS3 wichtig ist, wird erfüllt. Die Animationen im Spiel sind sehr gut und zum Beispiel die Kollisionsabfrage pixelgenau.
Einzig die Abwechslung im Spiel wird durch die Grafik nicht gerade gefördert. Alle Missionen enthalten die gleichen Flugzeug- und Schiffsmodelle und davon nicht besonders viele. Im Test erschien das aber nicht wichtig, man war viel zu sehr damit beschäftigt, nicht zu sterben. Wie verschiedenartig oder wie hübsch der Gegner ist, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Aber die Optik gibt dem Spiel natürlich einen ganz eigenen Charakter, der zum sehr runden Bild beiträgt.
Ähnliches gilt für die Akustik. Tendenziell wird es bei "Luftrausers" eher so sein, dass man die Musik abschaltet, weil das Spiel pro Session dutzende Mal gestartet wird und hört immer die gleiche Melodie. Es gibt aber beim Sound ein nettes Bonbon. Verändert der Spieler sein Flugzeug durch Upgrades, dann hört man ab sofort eine leicht veränderte Melodie, die ihn durch die Levels treibt.
Erwähnt werden sollte noch, dass die Version für PS-Vita im Paket enthalten ist.