Indianerangriffe, Seuchen, Hungersnöte ..., es gibt unzählige Dinge, vor denen sich die frühen Kolonisten Nordamerikas fürchten mussten. Doch was im Virginia des 17. Jahrhunderts passiert, hatte wohl keiner der Einwanderer erwartet. Das von Blackpowder entwickelte Spiel Betrayer lässt den Spieler diese rätselhaften Erlebnisse in der englischen Kolonie untersuchen.
Über Gräber vorwärts
An der Küste von Virginia als Gestrandeter gestartet, ohne eine Ahnung, was man machen soll oder warum man hier ist, tastet sich der Spieler zunächst an die Story heran. Nach einem kurzen Marsch, weg vom Strand, findet man auch schon die ersten Botschaften und Schatztruhen. Hier erhält man auch die erste Waffe: einen Bogen. Im späteren Spielverlauf stehen einem dann auch Musketen, Kurzbögen, Armbrüste und Pistolen in verschiedenen Qualitätsstufen zur Verfügung. Den Bogen kaum gegriffen, trifft man bereits auf die ersten Gegner, die dem Spieler den Weg zu einer der unzähligen Siedlungen versperren. Sind die Feinde besiegt und das Dorf erreicht, gibt es einiges zu entdecken.
Neben zu Asche erstarrten Menschen, ersten Briefe oder Tagebuchseiten der Kolonisten und einer roten Dame, deren Daseinsberechtigung erst im späteren Verlauf des Spiels klar wird, stößt man auch auf eine Glocke, die den Spieler bei Benutzung in eine Dimension der Toten mitnimmt. Außerhalb der Siedlung lassen sich dann auch noch Schatztruhen, diverse Gegenstände, weitere Textnachrichten sowie unzählige Gräber finden. Durch all diese Funde soll der Spieler selbst erschließen, was sich in der menschenleeren Kolonie abgespielt hat.
Man durchsucht also die Landschaft nach Hinweisen und tötet in Zombies verwandelte spanische Soldaten oder Ureinwohner. Da die Gegner ziemlich stark sind, greift man meistens schleichend an und versucht so viele Gegner wie möglich unbemerkt auszuschalten. Die Spielwelt ist in Regionen unterteilt, die man eigenständig und frei durchziehen kann. Hat man alle Hinweise einer Region gefunden oder schlicht keine Lust mehr, nach den verbleibenden zu suchen, zieht man in die nächste Region, wo neue Städte, Feinde und Hinweise warten. Genau hier liegt das Problem des Spiels: In allen der anfänglichen Region folgenden macht man genau das gleiche wie in der ersten.
Man sucht nach Hinweisen und bekämpft Gegner. Da die sich so herausbildende Geschichte nicht sonderlich spannend ist, die Landschaften sich nicht großartig voneinander unterscheiden und auch bei den Feinden keine speziellen Änderungen geschehen, wird das Spiel schnell monoton. Es ist den Entwicklern schlicht nicht gelungen, aus der noch recht unverbrauchten Kolonialzeitalter Rahmenhandlung eine gute Geschichte herauszuholen. Da es an interessanten Charakteren und Dialogen fehlt, wäre eine gute Geschichte hier sogar noch wichtiger gewesen, um den Spieler bei Laune zu halten. So sucht man nur noch stumpf die Landschaft ab und die eigentlich gut gelungene Atmosphäre zerfällt. Für ein Adventure, wie „Betrayer“ eines ist, sollte die Handlung jedoch mehr im Vordergrund stehen, als bloße Sammelwut.
Die Schönheit des Einfachen
Gesteuert wird mit der simplen WASD-Steuerung und auch die Waffen lassen sich einfach mit der Maus handhaben. Passend zu dem Anfang des Spiels gibt es kein Tutorial, sodass die einfache Steuerung hilft, auch so schnell in das Geschehen eintauchen zu können.
Nicht weniger einfach, dafür aber umso genialer, ist die Farbwahl des Spiels. Alles ist schwarz-weiß, lediglich Feinde, Gegenstände, Fahnen und Charaktere bekommen zusätzlich noch etwas rot ab. Das erzeugt eine leicht mystische Atmosphäre und macht „Betrayer“ bereits auf den ersten Blick interessant. Zusammen mit der sehr ansehnlichen Grafik entsteht so eine perfekt gelungene geheimnisvolle Stimmung. Für alle, denen schwarz-weiß nicht zusagt, gibt es die Möglichkeit, mittels eines Reglers in den Optionen, dem Spiel etwas Farbe zu verpassen. Auch mit Farbe sieht die Landschaft gut aus, wahrscheinlich sogar ein wenig besser, jedoch zerstört sie auch die Stimmung. Es empfiehlt sich also, das Bunte einfach mal wegzulassen.
Völlige Stille
Von Sound zu sprechen, ist hier fast schon übertrieben, da auch dieser sehr minimalistisch ausfällt. Es existiert keine Hintergrundmusik, lediglich das Rauschen des Windes liefert eine Geräuschkulisse. Auch sonst gibt es nicht viel zu hören im Virginia des 17. Jahrhunderts. Die Zombies geben ein paar Töne von sich und Schreie sind hier und da zu vernehmen, doch sonst regiert der oben genannte Wind unangefochten. Diese Art von musikalischer Untermalung passt perfekt zur Grafik des Spiels. Die Stimmung, die durch das schwarz-weiß entstanden ist, wird von dem düsteren Rauschen noch mal sehr gut betont. Durch die Stille entsteht so auch ein Gefühl der Einsamkeit, welche die Situation des Spielers gut unterstreicht.
Launch-Trailer zum Spiel