Lange Zeit war es erstaunlich ruhig auf den Golfplätzen im Pilz-Königreich, denn viele Jahre waren die Anlagen vorübergehend stillgelegt. Hier treffen sich sämtliche Figuren aus dem Mario-Universum nach dem anstrengenden Hüpf-Alltag nach Feierabend oder im gemeinsamen Urlaub, um ihre Rivalitäten mit Schlägern und Bällen auf deutlich friedlichere Weise fortzusetzen. Leider schwankt der neueste Sportableger abseits der spielerischen Volltreffer auch zwischen routiniert gespielten Par und enttäuschenden Bogey.
Rasenspiel-Modi
Das Hauptmenü lenkt die Aufmerksamkeit neben hilfreichen Lektionen in Toads Ecke auf zwei große Anlaufpunkte. Im Schnellen Spiel gilt es, sich mit den verschiedenen Varianten vertraut zu machen. Bei Siegen nach Schlägen gewinnt logischerweise die niedrigste Anzahl an Versuchen, die Kurse zu absolvieren. Beim Lochspiel sind es die meisten Löcher, die ein Spieler mit den wenigsten Schlägen für sich einnimmt. Speed-Golf beschreibt Partien unter Zeitdruck und beim Point Play geht es in erster Linie um gefangene Münzen. Der Versus-Modus ist Anlaufstelle für Mehrspieler, die von hier aus neben den Lokal- und Online-Matches auch noch Community-Partien oder SpotPass-Turniere austragen können.
Ein Volltreffer gelingt dem Entwicklerstudio Camelot, das u. a. bereits „Mario Golf“ für Nintendo 64 hervorgebracht hat, mit dem Herausforderungsmodus. Außer den angeschnittenen Spielarten gesellen sich noch einige interessante hinzu, beispielsweise Duelle oder den Ball geschickt durch große Ringe hindurch in Richtung Ziel zu bugsieren. Als besonders reizvoll erweist sich Schlägerlotterie, in der anfangs die nutzbaren Schläger ausgelost werden und dem Spiel einen interessanten Anspruch verleihen. Als Belohnung winken neben Sternmünzen - um die nächsten reizvollen Aufgaben freizuschalten - Equipment und Kleidung für den Palastclub.
In eben jenen bewegt sich die eigens erstellte Spielfigur frei in einem übersichtlichen Gebäudekomplex und außerhalb in den Gärten, unterhält sich mit bekannten Figuren des Pilz-Königreichs, kauft Equipment und Kleidung und gestaltet sein Aussehen. Sie übt Grundlagen sowie fortgeschrittene Techniken bis zum Umfallen, nimmt Herausforderungen an oder spielt Kurs-Meisterschaften aus und verbessert idealerweise das eigene Handicap, also die Spielstärke ausgedrückt in einer Kennzahl. Leider wurde hier durchaus Potenzial verschenkt, weil der tolle Herausforderungsmodus nicht sinnvoll integriert wurde und rund um diese Spielumgebung mit all den versammelten Figuren wie Mario, Luigi, Donkey Kong, Bowser, usw. sich eine witzige Story doch geradezu aufdrängt. Stattdessen ist das Gelände lediglich eine kurzweilige optische Alternative zu langweiligen Menüstrukturen.
Routinierte Volltreffer
Spielerisch erinnert „Mario Golf World Tour“ stark an Genrekollegen wie „Everybody´s Golf“, ohne sich nennenswert von diesen abzuheben. Egal ob Links- oder Rechtshänder bzw. einfache oder fortgeschrittene Schlagtechnik: Schon bei der Ausholbewegung sollte der Blick zur Leiste gehen, um Schwung und Stärke auch mit dem effizient wichtigen Timing abzupassen. Darüber hinaus spielen natürlich die Entfernung zum Loch, Wind, Untergrund oder Gefälle bzw. Steigung des Platzes eine wichtige Rolle wie die Wahl des richtigen Schlägers. Ein zusätzlicher, jedoch in seiner Verfügbarkeit begrenzte Power-Schlag kann ebenso gewählt werden wie Mario-typische Items, um den Ball nochmal besondere Eigenschaften wie beispielsweise Geschwindigkeitsschub zu verleihen. Wer sich nicht auf das eigene Können verlassen will, schaut einfach im Geschäft vorbei und gönnt sich Equipment wie Golfschläger oder Kleidung, um seine Werte zu verbessern.
Beim routinierten Spielverlauf haben sich ansonsten auffällige Eigenheiten herauskristallisiert, die nicht alle überzeugen, sondern im Gegenteil entscheidende Abzüge nach sich ziehen. So muss bei den Kurs-Meisterschaften stets der allererste Platz gewonnen werden, um den nächsten Wettbewerb freizuschalten. Auch wenn die Siegerehrung am Ende jeder Runde mit 18 Löchern etwas anderes verspricht, schauen Zweit- sowie Drittplatzierte und natürlich alle nachfolgenden Ränge in die Röhre, weil sie prinzipiell für den Spielfortschritt wertlos sind. Hinzu kommt ein unausgewogener Schwierigkeitsgrad: Während der anfängliche Waldkurs noch herausfordernd aber fair von statten geht, gestalten sich die darauf folgenden Strand- und Gebirgs-Wettkämpfe entweder zu leicht oder gegenteilig sehr schwer. Bei letzterem Empfinden kommt noch der Eindruck hinzu, dass die KI schummeln könnte, um die Spielzeit künstlich zu verlängern. Leider gibt die gegnerische Schlagzahl während der Kurs-Meisterschaften Rätsel auf und ist oftmals nicht nachvollziehbar.
Gewohnt witzige Präsentation
Interessierte Golfspieler mit Mario-Müdigkeit sollten um den Titel einen großen Bogen machen, denn grafisch wie akustisch wird hier beinahe alles aufgefahren, was den Klempner und seine langjährigen Weggefährten ausmacht. Die einzelnen Themen sind liebevoll gestaltet und unterscheiden sich optisch stark voneinander, seien es Strecken mit Kulissen von Wald, Strand oder Gebirge. Alle zusätzlich freigeschalteten Gebiete setzen aber noch einen drauf, egal ob es Kurse unter Wasser, in Donkey Kongs Dschungel oder sämtliche femininen Farben vereint im Prinzessinnen-Schlossgarten sind. Der optionale 3D-Effekt ist sehr gelungen und verleiht dem Szenario eine sehenswerte optische Tiefenwirkung. Dazu gesellt sich die gewohnte Gute-Laune-Musik zum Mitsummen oder Abschalten, je nachdem wie man es mag.
Offizielles Video