Auf die fleißigen Entwickler von Milestone ist eben Verlass: „MotoGP 14“ feiert sein Debüt auf der neuen Konsolengeneration vorerst exklusiv für PS4 und erscheint darüber hinaus für PC, PS3, PS Vita und Xbox 360. Besitzer einer Xbox One schauen erstmal in die Röhre. Mit den neuen technischen Möglichkeiten kommt das offizielle Spiel zum Motorradrennsport hervorragend aus den Startlöchern, vorausgesetzt, man findet die passenden Einstellungen von seinem Bike.
Mehr Modi für Motorrad-Fans
Wie schon in den Vorgängern fährt die neue Ausgabe mit zahlreichen Originallizenzen vor. Bikes, Kleidung, Strecken, Werbeflächen, Teams und Fahrer sind ihren realen Vorbildern nachempfunden. Doch hier kommt schon eine kleine Mogelpackung zum Vorschein: Manche PS-Piloten und Teams in der großen Auswahl sind mit einem entsprechenden Hinweis gekennzeichnet, dass es sich um Download-Inhalte handelt. Anhänger der Klassen MotoGP, Moto2 und Moto3 bekommen trotzdem einen beachtlichen Umfang geboten und dürfen zusätzlich eine eigens erstellte Figur ins Renngeschehen schicken.
Die Präsentation bleibt ausbaufähig und fokussiert sich auf das reine Rennerlebnis. Das ganze Drumherum wie euphorische Siegerehrungen, die es nur in stark abgeschwächter Form gibt, machen auf den freischaltbaren Videos und Bilder schon Lust auf mehr. Ein Ziel der Entwickler sollte es daher sein, diese Faszination authentischer ins Spiel zu integrieren. Interessante Einführungsvideos vor jedem Rennstart mit bewegten Bildern von Land und Leuten, der Streckenübersicht sowie hilfreichen Informationen zum Event sind nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.
Neben altbekannten Modi wie Sofort- und Zeitrennen, Weltmeisterschaft oder Grand Prix haben es reizvolle Herausforderungen ins fertige Spiel geschafft. Bei den Real Events können 17 interessante Ereignisse der zurückliegenden Saison 2013 nachgespielt werden, während die Legendenrennen ebenso viele historische Situationen vergangener Jahre spielbar macht. So finden sich beispielsweise Szenarien berühmter Sportler wie Eddie Lawson 1992 bis Max Biaggi 2001 wieder. Neu dabei ist der Safety-Car-Modus. Im BMW M4 Coupé wollen Rundenrekorde aufgestellt werden. Spielerisch ist dieser ambitionierte Versuch eindeutig der schwächste von allen, weil das Fahrgefühl im Gegensatz zu den Motorrädern misslungen ist.
Richtige Motivationsschübe bietet der Karriere-Modus. Wie schon in vielen anderen Milestone-Rennspielen ist auch hier wieder ein spaßiger Stundenfresser für Motorsport-Fans gelungen. Als aufstrebender wie unbekannter Wildcard-Fahrer werden erstmal zwei Rennen absolviert, um die Aufmerksamkeit der Teams zu wecken. Ist dieser erste Schritt getan, muss sich der Neuling in den jeweiligen Klassen durch Erfolge und die Erfüllung der Platzierungsvorgaben von der Moto3 über die Moto2 beweisen, um schließlich in die absolute Königsklasse aufzusteigen, nämlich die MotoGP. Zusätzlich werden nach jeder Session Erfahrungspunkte überwiesen, errechnet aus der erreichten Position, dem Schadens- und KI-Bonus sowie dem Spielmodus. Diese Punkte gelten also nicht nur im Karriere-Bereich, sondern können auch in anderen Modi verdient werden. Hinzu kommen neue Fans sowie allerlei Freischaltbares wie Teams, Fahrer, Kleidung, Bilder und Videos.
Die übersichtliche Fahrerkabine besteht aus Büro und Schlafzimmer. Hier kann sich der Spieler zwischen den Rennen umziehen und Informationen aufrufen. Am Laptop erscheinen wichtige E-Mails zu bevorstehenden Veranstaltungen und der Erwartungshaltung, die neben einer vorgegebenen Platzierung mit einem reizvollen Duell gegen andere Fahrer an Würze gewinnt. Der Punktestand zeigt die Fahrer- sowie Teamwertungen und Websites berichten vom Szenegeschehen. Über den Kalender wird das Rennwochenende gestartet, welches idealerweise aus Training, Qualifikation, Warm-Up und dem Hauptrennen bestehen kann – je nachdem, was man in den Rennoptionen eingestellt hat.
Rennspaß dank Optionsvielfalt
Das Spielerlebnis von „MotoGP 14“ hängt hauptsächlich von der gewählten Konfiguration ab. Schon die allgemeinen Rennoptionen offenbaren viele Möglichkeiten, beispielsweise die Länge des Rennens, nämlich zwischen 15 und 100 % der normalen Distanz oder welche Sessions der Einsatz abdecken soll, also Qualifikation und Rennen, nur Rennen oder das komplette Wochenende. Auch auf welchem Niveau die Künstliche Intelligenz mitfährt ist in vier Stufen regelbar, wobei schon der leichte Schwierigkeitsgrad deutlich herausfordernder ist, als man es von den Vorgängern gewohnt war. Die Rivalen fahren zwar zeitweise noch immer wie an einer Perlenkette gezogen über die Kurse, bieten sich aber auch immer wieder spannende Positionskämpfe, die man als Verfolger gut beobachten kann.
Witterungsbedingungen nehmen Einfluss auf das Geschehen, denn auf regennasser Strecke reagiert die Maschine noch ganz anders als auf trockenem Untergrund. Während der einzelnen Sessions kann sich das Wetter immer wieder verändern, worauf man sich unbedingt einstellen sollte. Schäden wiederum wirken sich zwar nicht spürbar auf das Fahrverhalten aus, sondern sind lediglich bei einer erlittenen Totalzerstörung während eines Rennens gleichbedeutend mit dem Ausfall. Andernfalls benötigt die Reparatur in der Box eine Kleinigkeit von zwei bis acht Ingame-Minuten, also genügend Zeit, um danach wieder auf die Strecke zurückzukehren. Der Strafen-Countdown sollte schon deswegen aktiviert werden, damit die eigens geleisteten Zeiten in den Online-Bestenlisten auftauchen. Für mehr Glaubwürdigkeit empfiehlt es sich ebenso, Flaggen einzuschalten. Darunter sind nämlich gängige Rennregeln sowie Strafen zusammengefasst, die zu Verwarnungen, ungültigen Runden und sogar zur Disqualifikation bei entsprechendem Fehlverhalten führen können. Zu den weiteren Optionen zählen Reifenabnutzung und technische Probleme.
Soviel zu den allgemeinen Einstellungen der Rahmenbedingungen. Das war aber noch längst nicht alles, denn die Fahrhilfen bestimmen zum Großteil den spielerischen Anspruch und sollten daher regelmäßig angepasst werden. Die Lernkurve erweist sich als relativ steil. Zu den Fahrhilfen zählen neben Fahrphysik und Schaltung (halbautomatisch oder manuell) die praktische Lenkhilfe, automatisches oder manuelles Ducken zum Verringern des Luftwiderstands und die regelbare Traktionskontrolle zur Vermeidung durchdrehender Hinterräder bei der Beschleunigung. Automatische Bremsen sollten von vornherein abgeschaltet werden, ansonsten fühlt man sich wieder in die ersten praktischen Führerscheinstunden unter dem strengen Fahrlehrer zurückversetzt. Die Ideallinie kann man sich entweder komplett oder nur in Kurven anzeigen lassen. Erfahrene Kenner schalten diese aus. Als interessante Neuerung stellt sich die Rückspulfunktion heraus, die man auch aus anderen Rennspielen wie „Race Driver: GRID“ kennt.
All diese Hilfen und Optionen sind klar definiert, schwieriger ist da schon das Setup des Bikes. Denn schon im spielbaren Tutorial, das sich im Hauptmenü gut versteckt hat, wird schnell klar, dass das Standard-Setup alles andere als optimal ausfällt. Da es gegen ein ehrgeiziges wie breites Fahrerfeld von über 20 Kontrahenten gleichzeitig und die vielen Kurven und Schikanen auf Timing und Geschicklichkeit ankommt, muss das Fahrgefühl dem jeweiligen Spieler angepasst werden. Schließlich soll auf den anspruchsvollen Kursen ein guter Mittelweg aus Beschleunigung und Abbremsen gefunden werden. Wer zur richtigen Zeit die Finger vom Gas nimmt, hat gute Karten für Überholmanöver. Unfälle, Karambolagen und Abflüge ins Kiesbett sind besonders verheerend, weil der Verunglückte schnell nach hinten durchgereicht wird. Da sollte jede mögliche Fehlerquelle vermieden werden.
Um ein angenehmes und sicheres Fahrgefühl zu gewährleisten, gibt es daher gleich zwei Möglichkeiten. Entweder man berichtet dem Techniker von den Schwierigkeiten bezüglich der Kurvenlage oder dem Gefühl bei Richtungswechseln bzw. auf gerader Strecke. Die technischen Änderungen nehmen dann zehn Ingame-Minuten von der Uhr. Oder man setzt sich selbst mit dem überschaubaren Setup auseinander, was sich in der Praxis als die deutlich bessere Lösung erweist. So sollte man insbesondere das Training nutzen, um mit verschiedenen Einstellungen an Federung, Lenkung, Getrieben, Bremsen und Bereifung zu experimentieren. Darüber hinaus lassen sich im Karrieremodus Daten-Packs zu Motoren, Bremsen und Chassis für jede regulär absolvierte Runde pro Session verdienen, die das Zweirad verbessern. Während der Rennen kann zwischen je zwei übersichtlichen Außen- und zwei rasanten Innenperspektiven gewählt werden. Die Ego-Sicht aus dem Helm heraus dürfte jedoch nicht jedermanns Sache sein und könnte bei empfindlichen Spielern zu Übelkeit führen, hervorgerufen durch Motion Sickness. Die Perspektive wackelt nämlich permanent sehr wild hin und her.
Online und Splitscreen
Im Multiplayer-Modus schwingen sich über die Online-Funktionen bis zu 12 Spieler gleichzeitig ins Getümmel. Hier werden Grand Prix, Weltmeisterschaften und Sprints ausgefahren. Besitzer der PS4-Version benötigen dafür zwingend eine kostenpflichtige Mitgliedschaft bei PS Plus. Für alle geöffnet ist jedoch der Splitscreen-Modus für zwei Spieler gleichzeitig an einem Bildschirm, wovon sich viele Rennspiele der Gegenwart eine Scheibe abschneiden könnten. Insgesamt machen diese Mehrspielerpartien gegen menschliche Gegner sehr viel Spaß und stehen dem Singleplayer-Modus in nichts nach.
Grafisch auf der Überholspur
Auf der neuen Konsolengeneration profitiert das Motorradrennspiel von der neuen Hardware auf beinahe allen Ebenen, hat aber auch noch unschöne Schwachpunkte, die es in den Folgejahren auszubessern gilt. Die genutzten Vorteile liegen auf der Hand: Höhere Auflösung, gestiegener Detailgrad, feinere Animationen und komplexere Modelle. Dazu hat man sich die Yebis 2 Lightning Engine an Bord geholt, ein Beleuchtungstool von Square Enix, dessen Einsatz schön anzusehen ist. Am besten gefallen die tollen Wettereffekte, insbesondere bei Regen und der daraus resultierenden nassen Strecke, die optisch einiges her macht. Die Stärken und noch mehr Details sieht man insbesondere im Foto-Modus, der frei justierbaren Kamera sei Dank.
Der Replay-Modus im Anschluss an beendete Rennen lässt das komplette Geschehen noch mal angenehm flüssig über den Bildschirm laufen, auch wenn zeitweise mit dem Unschärfefilter übertrieben wird. Triste Umgebungen gehören seit jeher zum Erscheinungsbild dazu, jedoch sind auch hier bereits Fortschritte sichtbar. Eine Anmerkung zu unserer Testversion: Hier kam es gelegentlich zu schweren Grafikfehlern, die anstatt des Asphalts im wahrsten Sinn des Wortes den Himmel auf Erden dargestellt haben. So war natürlich an ein Weiterfahren nicht zu denken, weil der Streckenverlauf nicht mehr erkennbar war. Zur Fehlerhebung genügte ein Neustart des Spiels, der mit einer entsprechenden Fehlermeldung nach kurzer Zeit sowieso erzwungen wird.
Mittelmäßige Motoren für die Ohren
Beim Sound überwiegt das Mittelmaß. Sämtliche Motorensounds der Maschinen sind noch ausbaufähig und hören sich mitunter unecht an. Dazu kommt eine unüberhörbare Kraftlosigkeit, die im Kontrast zu den erreichten Geschwindigkeiten steht. Viele Ladezeiten, besonders im Hauptmenü, dürfte die Entwickler dazu verleitet haben, gerade hier beruhigende Töne einzubauen. Kommt man dem Renngeschehen jedoch näher, dominieren auch wieder flottere Musikeinlagen. Ein Kommentator meldet sich lediglich zum Beginn der Sessions.