Sniper Elite III (PS4)

Der schmale Grad zwischen Volltreffer und Fehlschuss fasziniert seit jeher das Shooter-Genre. „Sniper Elite“ gehört neben „Sniper: Ghost Warrior“ sicherlich zu den Vertretern, die mit dem Hauptaugenmerk auf zielgenaue Scharfschützeneinsätze immer wieder das Interesse der Spieler erregen, was sich zumindest in deren kommerziellen Erfolgen niederschlägt. Wie gut sich der aktuellste Einsatz in der Hitze Afrika gestaltet, klärt das Review.

 

Blattschuss in Afrika

Zu Zeiten des verheerenden Zweiten Weltkriegs tobten Schlachten nicht nur in Europa, sondern auch auf anderen Kontinenten. So nimmt sich der neueste Ableger den Afrikafeldzug zum Thema, in dem der britische Geheimagent und Scharfschützenspezialist Karl Fairburne die möglichst unauffällige Hauptrolle gegen deutsche Nationalsozialisten und italienische Faschisten einnimmt. Während der Spielzeit von bis zu 15 Stunden kommt er nämlich „Projekt Seuche“ auf die Spur, einer damals tatsächlich geplanten Vernichtungswaffe. In acht langen Missionen gilt es, diese Pläne aufzudecken und zu durchkreuzen.

Die Geschichte von „Sniper Elite 3“ ist schnell erzählt und verkommt schnell zur Nebensache, wenngleich der historische Hintergrund sehr interessant anmutet. Weder der Hauptcharakter, noch etwaige Nebenprotagonisten oder gar Feindbilder stechen heraus. Man operiert einfach als guter Geheimagent gegen die bösen Nazis bzw. Faschisten. Insgesamt fehlt es der Präsentation an Wucht, vielmehr konzentriert sich das Geschehen mit wenigen Zwischensequenzen auf kleine Etappenziele des Abenteuers, ohne denkwürdige Wow-Momente auszulösen. Stattdessen kommen nur selten erzählerische Höhepunkte und Wendungen auf, auch weil die Leerlaufpassagen deutlich überwiegen.

 

Gameplay im Visier

Seine Spannung bezieht das Szenario durch seine mitunter gut ineinandergreifenden Spielmechanismen. Denn im Gegensatz zum Großteil anderer Shooter-Kollegen sind die riesigen Gebiete relativ offen und lassen verschiedene Wege und Herangehensweisen zu. Die Missionen bestehen nicht nur aus Hauptzielen, die mitunter sehr weit auseinander liegen, sondern generieren auch immer wieder optionale Aufträge, beispielsweise einen herannahenden Offizier zu erledigen oder den Fuhrpark sowie Suchscheinwerfer zu sabotieren. Dadurch verlängern sich die Einsätze auf eine beachtliche Spielzeit. Das Hauptaugenmerk sollte dabei immer auf den verdeckten Einsatz liegen, weil die Areale mit Gegnern voll gepackt sind, was man auch auf der eingeblendeten Minikarte gut nachvollziehen kann. Ein Schuss sollte daher gut überlegt sein, denn trotz KI-Aussetzer sind die patrouillierenden Wachen schon auf dem zweiten von vier Schwierigkeitsgraden erstaunlich aufmerksam und extrem treffsicher.

Der spielbare Prolog deckt bereits viele Möglichkeiten auf: Dem Geheimagenten schauen wir jederzeit über die Schulter, beim Blick durch das Visier des Scharfschützengewehrs und das Fernglas, mit dem sich bis zu sieben Gegner markieren lassen, wechselt die Ansicht in die Ego-Perspektive. Die meisten Schusswechsel werden über große Distanzen ausgefochten, Pistole und Schnellfeuergewehr verkommen im Nahkampf zum spürbar ungenauen und schwammigen Himmelfahrtskommando. Und wenn es sich nicht vermeiden lässt, ist das unentdeckte Heranschleichen und Meucheln hinterrücks die Ideallösung für derartige Begegnungen. Zur Ablenkung werfen wir einfach die reichlich vorhandenen Steine aus unserem Inventar, was vor jedem Einsatz zusammengestellt werden kann, und schreiten zur Tat. Weiteres hilfreiches Equipment sind Granaten, Minen, Dynamit oder Sprengfallen. Die großzügig verteilten Explosivfässer sind ebenfalls sehr verlockend, obwohl wildes Herumballern zum unweigerlichen Scheitern der Mission führen kann. Nur mit Verbandskästen und Verbänden wird die Gesundheitsanzeige wieder aufgefrischt, auf eine automatische Regeneration wird komplett verzichtet.

Stehend, hockend oder liegend nehmen wir daher das Ziel ins Visier und sind geduldig. Um das Zittern auszugleichen, halten wir durch Knopfdruck die Luft an, wodurch sich auch die Zeit verlangsamt und geben einen möglichst präzisen Schuss ab. Ein dezenter, kleiner Punkt unterstützt den Zielvorgang und zeigt an, wo die Kugel wahrscheinlich einschlagen wird. Oftmals zeigt die sogenannte Killcam den fast schon ästhetisch wirkenden und exakten Schussverlauf der Patrone an, bis diese schließlich die Zielperson durchfährt. Dann setzt „Sniper Elite 3“ der ohnehin schon hohen Brutalität die Krone auf, in dem das Geschoss völlig absurd durch einen Röntgenblick den genauen Treffer anzeigt, beispielsweise den zersplitternden Totenschädel mit herausfetzenden Gehirnstücken oder makabre Organtreffer, die beim Anblick wirklich durch Mark und Bein gehen. Auf Wunsch lässt sich diese drastische Darstellung anpassen oder ausschalten.

Der angezeigte Puls darf beim Zielen nicht den Wert von 80 überschreiten, ansonsten ist das Abfeuern unmöglich. Was sich so unscheinbar liest, ist nur einer von vielen effektiven Tricks der Entwickler, um so genannten „Campern“ einen Riegel vorzuschieben. Spieler, die sich mit dem Präzisionsgewehr gut versteckt auf die Lauer legen und darauf hoffen, bis zum letzten erledigten Gegner keinen Schritt mehr zu tun, wird diese hinterlistige Spielweise nahezu unmöglich gemacht. Erschwerend kommen die ständigen wie notwendigen Standortwechsel hinzu, denn irgendwann werden die Kollegen die Leichen entdecken, gehen dementsprechend in Alarmbereitschaft über und suchen in der Regel die Gegend ab, bis sie den Schützen, aufgespürt haben oder entnervt aufgeben. Neben der Zielgenauigkeit ist es das Ausnutzen der Geräuschkulisse, die zum Erfolg führt. Jagdflugzeuge oder manipulierte Generatoren können einen verräterischen Schuss übertönen und damit die eigene Position geheim halten. Hier kommt es auf den genauen Zeitpunkt an, um abzudrücken.

Auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad verzichtet man übrigens auf Zielhilfen, die Herzfrequenz-Anzeige und das ansonsten jederzeit mögliche manuelle Abspeichern des Spielstands. Dafür müssen dann die Windgegebenheiten noch mit eingerechnet werden, was „Sniper Elite 3“ noch herausfordernder macht, als es ohnehin schon ist. Insgesamt wirkt das Erlebnis deutlich authentischer, als in „Sniper: Ghost Warrior“. Das Equipment lässt sich auch zwischen den Missionen modifizieren und Stufenaufstiege durch erfüllte Aufgaben und gelungene Treffer belohnen mit neuen Waffen und Gadgets.

Spielerisch werden also gute Möglichkeiten geboten, doch so richtig zu Ende gedacht wirkt der Ablauf leider nicht. Wer das Ende einer Mission sieht, dürfte viele frustrierende Passagen durchlitten haben, die zu einer wahren Orgie aus Speichern und Laden des Spielstands führen werden. Spätestens wenn man zum Rückzug ansetzt und man das Gebiet nicht fein säuberlich von Gegnern gereinigt hat, läuft man gerade diesen später offen in die Arme. Dann fallen auch immer wieder die unglücklichen Levelbegrenzungen auf, die nicht selten die Frage stellen, warum man hier nicht vorbeikommt oder überspringen kann. Auch die schwierigen Begegnungen mit hartnäckigen Panzern zehren an den Nerven, denn mit nur einem Schuss segnet man das Zeitliche. Im Gegenzug sind die Schwachstellen der Maschinen nur schwer auszuschalten, weil man ohnehin gerade von allen Seiten von Gegnerhorden aufs Korn genommen wird.

 

Kooperativer Sandkastenspaß

Im Online-Mehrspielermodus dominieren neben der reizvollen Möglichkeit, das komplette Spiel kooperativ zu bestreiten die altbekannten Varianten wie Deathmatch und Team-Deathmatch auf einer überschaubaren Anzahl an Karten. Darüber hinaus müssen sich Scharfschützen-Teams mit ihren Gewehren auf zwei voneinander getrennten Gebieten abschießen und im letzten Spielmodus gewinnt derjenige, der mit seiner Scharfschusskunst die größte Distanzweite erreicht.

 

Nicht zu genau hinschauen

Grafisch machen die Wüstenschauplätze auf den ersten Blick einen sehr stimmigen Eindruck, auch wenn das Szenario außer Sand, Siedlungen, Festungen und Gebirgszügen nicht sehr abwechslungsreich ist. Dafür punkten die atmosphärischen Nachteinsätze. Die hohe Sichtweite ist auch ein spielerischer Vorteil, um sich als Scharfschütze einen guten Überblick über das Gebiet zu verschaffen, auch wenn stellenweise Hintergründe etwas verschwommen dargestellt werden. Das Geschehen läuft angenehm flüssig ab, bietet schöne Lichteffekte und die Einstellungsoption Vsync, die vorwiegend Tearing, also sichtbare Zeilenverschiebung, verhindern soll und das auch zur vollsten Zufriedenheit macht. Weniger hübsch sind die hakeligen Animationen von Freund und Feind sowie deren insgesamt ausdruckslose Gestik und Gesichtsmimik. Durch häufige Clipping-Fehler verschmelzen die Figuren mit der Spielumgebung, beispielsweise der Hauptprotagonist mit einer Felswand, durch die er wie ein heißes Messer durch die Butter gleitet. Auf der anderen Seite bleibt er ärgerlich oft an kleineren Objekten hängen.

 

Brauchbare Soundkulisse

Die Soundkulisse hat, wie bereits erwähnt, spielerischen Nutzen und insgesamt gelungen. Insbesondere die Waffengeräusche der Scharfschützengewehre überzeugen auf ganzer Linie und treffen den richtigen Ton. Auf dem Schlachtfeld unterhalten sich die Feinde in der eigenen Landessprache, also deutsch und italienisch, wenngleich etwas überspitzt und mit ständigen Wiederholungen. Als passend und dynamisch wird die Musikuntermalung wahrgenommen, die immer wieder zur Stimmung des Geschehens einsetzt.


Fazit

Weder Volltreffer noch Fehlschuss – beim Spielen von „Sniper Elite 3“ schwanke ich hin und her. Ich freue mich über gelungene Abschüsse, ohne dass mich jemand bemerkt hat, und ärgere mich schon wenig später darüber, dass ich beim geplanten Rückzug den Gegnern in die Arme laufe, die ich vorher geschickt hinter mir gelassen habe. Viele Passagen arten für meinen persönlichen Geschmack zu sehr in Trial & Error aus, Begegnungen mit den hartnäckigen Panzern arten sogar in Arbeit aus. Man kann jedoch auch hier wieder beobachten, welche guten Fortschritte die Serie macht. Genre-Liebhaber sollten unbedingt mal durch das Visier schauen, jedoch viel Geduld mitbringen. (Christian Schmitz)


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Sniper Elite III

Sniper Elite 3 - Eine einzige Kugel kann den Lauf der Geschichte verändern
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