„Munin“ nennt sich der neueste Streich von Daedalic Entertainment, bekannt für die „Deponia-Reihe“ oder das (zurecht!) hoch gefeierte „Edna bricht aus“-Point-and-Click-Adventure. Der Entwickler Gojira (der Name entspricht der japanischen Aussprache ihres Monsters Godzilla) ist bekannt für ... ja, wofür eigentlich? Viel lässt sich über den portugiesischen Developer nicht in Erfahrung bringen. Doch wie heißt es so schön – neue Besen kehren besser. Ob nun „Munin“ in die Besenkammer oder auf die Festplatte gehört, soll dieses Review abschließend klären.
(K)ein Abenteuer
Der aktuelle Daedalic-Titel ist kein klassisches Adventure und auch kein stylisches 3D-Abenteuer wie „Journey of a Roach“. „Munin“ ist ganz anders. Jedes Level beginnt mit dem menschlichen Protagonisten (wohl ein Mädchen, wenn auch ein etwas androgyn geratenes) namens Munin auf einem nicht scrollenden Bildschirm, welcher, bis auf schön animierte Hintergrundbilder, außer ein paar Balken erst einmal nichts zu bieten hat. Ein paar Federn schweben in der Luft und schreien (spätestens seit der „Super-Mario“-Reihe) geradezu danach, eingesammelt werden zu wollen. Dumm nur, wenn man an diese nicht rankommt, da die Plattformen, welche zu den Federn führen, nicht erreichbar sind. Der Trick besteht darin, Teile des Bildschirms, welcher in Quadrate unterteilt ist, durch Mausklick zu drehen. Ein kurzer Klick und der Weg ist frei. Sind alle Federn eingesammelt, kommt ein Rabe (Hugin) vorbei geflogen und bringt uns in den nächsten Level. Das klingt jetzt auch nicht seltsamer als manch andere Beschreibungen von Spielen, aber begegnet einem auch nicht gerade täglich.
Aktion Sorgenrabe
Doch erst einmal von vorne: Hugin und Munin sind die Namen der beiden Raben des Odin. Ja, ganz recht, der alte nordische Gott aus der germanischen Mythologie. Sie dienen ihm als Boten und schauen nach, was sich in der Welt so tut. Dazu steht in einem alten Schinken („Edda“ genannt) über die zwei komischen Vögel:
Über die Erde fliegen.
Ich fürchte, dass Hugin nicht nach Hause kehrt;
Doch sorg ich mehr um Munin.“ (Odin)
Odins Sorge stellt sich als begründet heraus, da Munin ja nun kein Rabe mehr ist, sondern ein Mädchen. Odin, der wahrscheinlich bereits über einen ganzen Harem voller nordisch-blonder, blauäugiger Germaninnen-Schönheiten verfügt, will lieber seinen zweiten Sorge-Raben zurück, als weiteren Zuwachs für seine Sammlung. Ausgelöst wurde die ganze Misere durch Loki, der Munin die Flügel nahm und in ein weibliches Wesen verwandelte. Loki hatte wohl mal wieder zu viel Met intus und es dabei mit seinem Streich ein wenig überzogen. Der Schelm hat doch glatt die Flügel des Munin zerrupft, so dass der Spieler nun jede Feder einzeln einsammeln darf.
Ungemütlich
Die Spielwelt (die Weltenesche) ist dabei in so klingende Namen wie „Helgard“, „Jötunheimr“ oder „Niflheimr“ unterteilt. Jeder Welt liegt eine eigene Thematik zugrunde. In der kalt anmutenden Wasserwelt gilt es, Quellen auf den Kopf zu stellen um schwimmend und tauchend an die begehrten Federn zu gelangen. Das klingt einfacher als es ist, da die Wassermenge, welche das Bächlein ausspuckt, endlich ist. Da wird Wassermangel einmal neu definiert.
Ganz heiß wird dem Spieler dabei in der Feuerwelt, hier sollte nicht in die vorhandenen Pfützen eingetaucht werden, denn diese bestehen nichts aus dem kühlen Nass, sondern aus flüssiger Lava und müssen unbedingt überwunden werden - man fühlt sich fast ein wenig wie in Island. Leitern und Aufzüge helfen dabei die Hindernisse zu überwinden, aber eben auch wieder nur, wenn richtig positioniert. Aufzüge können, fast wie im echten Leben, dabei zu Todesfallen werden. Kugeln als Steuerelemente, rollende Felsbrocken, welche Wände, jedoch auch Schädeldecken durchbrechen, runden das deutlich PhysX-lastige Spielbild ab. Einige Levels bieten mehrere Lösungswege, doch nach kurzer Spielzeit darf man sich darüber freuen einen einzigen zu finden.
„Nimmermehr!“
„Munin“ ist intelligent gemacht und kostet so einiges an Hirnschmalz. Die Schwierigkeit steigt mit der Zeit rapide an. Nach 20 Minuten Verzweiflung und ebenso vielen Toden möchte man den Entwickler am liebsten teeren und federn. Das Motto des Spiels könnte lauten: „Learning by dying“. Der Trick besteht oft darin, die Drehungen der einzelnen Elemente nicht ganz auszuführen, sondern beispielsweise gesammeltes Wasser nur teilweise durch eine Vierteldrehung in ein anderes Quadrat überschwappen zu lassen.
/etc/misc.
Ansonsten lässt sich „Munin“, handwerklich betrachtet, durchaus loben. Mehrere Menü-Sprachen freuen jeden Spieler, der nicht des Englischen mächtig ist Musik- und Sprachlautstärke sind einzeln regelbar - bis heute in Computerspielen leider immer noch keine Selbstverständlichkeit. Viel einzustellen gibt es ansonsten nicht: Die Grafik ist genretypisch einfach gehalten, bietet jedoch hohe Spielatmosphäre und erinnert insgesamt ein wenig an „Shadow of the Colossus“. Die Spielmusik reminisziert hingegen an die „Diablo“-Reihe. Dem Spieler bleibt die Wahl zwischen einer DRM-freien Version oder Steam. Linux-Fans dürfen sich freuen: „Munin“ bleibt ihnen nicht verwehrt.
Offizieller Trailer