Insomniac Games war in der Vergangenheit für die Spiele rund um „Spyro“, die „Ratchet-&-Clank“- und die „Resistance“-Reihe zuständig. Damit hat das Studio vor allem mit Sony zusammengearbeitet. Nun hat der Entwickler die Seiten gewechselt und präsentiert mit „Sunset Overdrive“ einen Xbox-One-exklusiven Titel.
Energydrinks verleihen nicht nur Flügel
Das Leben in Sunset City ist schon echt öde. Die ganze Stadt feiert die Veröffentlichung des neuen Energydrinks namens Overcharge und man selbst muss den Leuten hinterherrennen und den Müll aufsammeln. Plötzlich bricht allerdings die Apokalypse aus und alle Konsumenten werden in gefährliche und süchtige Monster verwandelt. Was natürlich eigentlich keine schöne Sache ist, doch für den Hauptcharakter im Spiel ist das die Möglichkeit, endlich mal etwas zu erleben und dem tristen Alltag zu entkommen.
Wie genau der namenlose Hauptcharakter aussieht und welche Kleidung er tragen wird, liegt dabei am Spieler selbst. Zu Beginn des Spiels stehen zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, um das Aussehen eigenständig zu gestalten. Mann oder Frau? Kurze Haare, ein schicker Irokesenschnitt oder lieber eine Lockenmähne? Welche Haarfarbe – komplett grün oder lieber ein Mix aus Grün und Rot? Dazu noch die Anpassungen der Gesichtsform, der Statur und mögliche Masken. Ist das Äußere des Charakters entschiedenn, geht die Qual der Wahl weiter, denn auch die Kleidung sorgt mit hunderten Kombinationsmöglichkeiten dafür, dass jeder Spieler einen eigenen und individuellen Charakter erstellen kann. Im Laufe des Spiels können zahlreiche weitere Anpassungsmöglichkeiten freigeschaltet werden.
Weiterhin kann der Charakter mit Overdrives und Amps ausgerüstet werden, um noch stärker zu werden. Für die Overdrives müssen bestimmte Aufgabe erfüllt werden, um Auszeichnungen freizuschalten, die dann in die Overdrives investiert werden. Um Amps herzustellen, durchkämmt man die Straßen von Sunset City nach zahlreichen Utensilien. Während der NPC Floyd die neuen Amps entwickelt, besteht die Aufgabe des Spielers darin, die Basis zu beschützen und in mehreren Wellen gegen Gegnerhorden zu bestehen.
Verrückte Waffengewalt
Um den Kampf gegen die Mutanten anzutreten, stehen die verrücktesten Waffen zur Verfügung. Die Schießeisen könnten dabei geradewegs aus „Dead Rising“ oder „Saints Row: The Third“ entsprungen sein. „High Fidelity“ verschießt Schallplatten, mit „Der Dude“ sorgen flammensprühende Bowlingkugeln für den richtigen Bums, und mit der Waffe „TnTeddy“ setzt ihr den Gegnern explodierende Teddybären entgegen. Die Waffen können dabei noch weiter aufgewertet und ebenfalls mit Amps ausgestattet werden. Zudem erhält man im Laufe des Spiels Fallen, die in der Umgebung aufgestellt werden können, um so weitere Monster umzuhauen.
Die Hauptbewegungsarten in der offenen Welt von Sunset City sind Grinden und Bouncen. Die Stadt ist so gestaltet, dass unter anderem auf Schienen, Stromkabeln oder Zäunen gerutscht werden kann und Autos, Pflanzen oder Schirme als Trampoline benutzt werden können. Selbst Wasser ist kein Hindernis und so wird sogar Jesus neidisch sein, wie cool es aussieht, einfach über die Wasseroberfläche zu gleiten. Minutenlang bewegt man sich so durch die Stadt, ohne den Boden zu berühren. Den Boden sollte man auch unbedingt so oft wie möglich vermeiden.
Der Ausgeburt der Hölle entgegen
Verweilt man zu lange auf den Straßen oder Dächern, kann innerhalb eines Augenblicks die Umgebung mit hunderten ODs gefüllt sein. Es gibt dabei meist viele relativ leichte Gegner, aber auch weiterentwickelte Formen, die kräftiger sind oder sogar mit Schleimkanonen um sich schießen. Neben den Mutanten warten aber auch noch menschliche Gegner, Scab genannt, und Fizzco-Roboter darauf, umgelegt zu werden. Es erwartet den Spieler also eine große Auswahl an skurrilen Gegnern, die das gekonnte Einsetzen der Waffen erfordern.
Genau dieser gekonnte Einsatz aller Gameplay-Optionen ist anfangs ein großes Problem, denn das Spiel braucht einige Zeit, bis wirklich jeder Tastendruck sitzt. Glücklicherweise kommt es nur selten vor, dass Bewegungen nicht richtig ausgeführt werden. Beispielsweise kann es bei Wandläufen manchmal vorkommen, dass ein Eckenlauf nicht richtig erkannt wird und der Charakter dann in die Tiefe stürztt. Die Eingewöhnungszeit sollte man dem Spiel allerdings geben, denn „Sunset Overdrive“ ist ein unglaublich spaßiges Spiel, das neben skurrilen Gegnern und Waffen auch noch verrückte Charaktere enthält. Diese geben dem Helden Aufgaben, die es innerhalb der Einzelspielerkampagne zu erfüllen gilt. Neben der Story gibt es noch einige Nebenmissionen, zahlreiche Sammelobjekte und Herausforderungen. Zu sammeln gibt es Fizzy Ballons, stinkende Turnschuhe, Smartphones, Toilettenpapier und Overcharge-Zeichen. Es ist also genug Vielfalt da, um weitere Stunden Spielspaß zu bieten.
Extreme Farbexplosion
„Sunset Overdrive“ ist ein quietschbuntes Farbspektakel, das genauso verrückt aussieht, wie es sich spielt. Der Mix aus grellen und hellen Farben erweckt Sunset City auf besondere Art und Weise zum Leben, wie man es selten in anderen Shootern erlebt hat – obwohl das Leben in Sunset City gerne noch ausgeprägter hätte ausfallen können. Während man so durch die Stadt reist, wirkt doch alles etwas statisch. Schön hingegen ist, dass das Spiel auch bei Gefechten mit unzähligen Gegnern nie ins Stocken gerät und immer schmeidig mit den Bedingungen umzugehen weiß – einer konstanten Framerate sei Dank.
Obwohl die Basisverteidigungen immer in der Nacht stattfinden, gibt es im Spiel selbst keinen dynamischen Tag-und-Nacht-Wechsel. Was aber nicht unbedingt negativ auffällt, denn es macht einfach viel mehr Spaß, am Tage durch eine knallbunte Gegend zu grinden, bouncen und ballern. Die Animationen der Charaktere und Gegner funktionieren ebenfalls sehr gut und lassen diese geschmeidig durch die Welt schleichen.
Begleitet wird das Spielgeschehen von einem Punk-Rock Soundtrack, der den Aufenthalt in Sunset City angenehmer macht. Die deutsche Synchronisation der einzelnen Charaktere ist zum Großteil ebenfalls sehr gut gelungen. Wer allerdings trotzdem lieber auf das Original zurückgreifen möchte, kann dies dank enthaltener Original-Sprachausgabe ebenfalls tun.
Kennst du den Witz vom Taucher?
„Sunset Overdrive“ nimmt sich selbst nicht zu ernst und strotzt vor Seitenhiebe auf die Medienwelt. Sei es durch Anspielungen auf Filme, Serien oder Computerspiele. Auffällig sind Hinweise auf „Breaking Bad“, „Portal“ und „Assassin's Creed“. Doch nicht nur das strapaziert die Lachmuskeln, auch viele Sprüche der anderen Charaktere sind auf den puren Humorüberfluss ausgelegt. Dazu gehören auch die verschiedenen Respawn-Animationen. Statt einfach wieder ins Spiel einzusteigen, wird der Charakter nach dem virtuellen Tod auf 18 unterschiedliche Arten zurückkehren. Mal als Vampir aus einem Sarg geklettert, von einem UFO zurückgebracht, als Zombie aus dem Grab gekrochen oder à la Terminator einem Zeitportal entstiegen. Vorausgesetzt, man ist für solche Art von Humor zugänglich, wird man aus dem Lachen kaum noch herauskommen. Alle anderen werden wohl auf Dauer nur genervt sein.
Die Missionen strotzen ebenfalls vor Situationskomik und können mit den Aufgaben immer wieder Abwechslung bieten, auch wenn sich Elemente wie das ständige Von-A-nach-B-Reisen und das Niedermetzeln von Gegnern wiederholen. Mal müsst ihr mit einem Richtmikrofon einen verschollenen General finden, mal einen Roboterhund zu seiner Besitzerin zurückbringen, der nur mit einer Katzenkanone angelockt werden kann. Dazu gibt es noch Missionen, in denen ihr Gegner mit einer Abrissbirne zermatscht oder Live-Action-Rollenspielern helft, ihren erkrankten König zu retten.
Lasst das Chaos regieren!
Neben dem Einzelspielermodus kann man mit dem Chaoskommando auch noch einen Online-Mehrspielerpartt erkunden, bei dem insgesamt acht Spieler kooperativ Missionen erfüllen. Es gibt verschiedene Spielmodi, die in einem kleinen Wettkampf nacheinander absolviert werden. Am Ende der fünf Runden folgt die Abschlussrunde, in der man gemeinsam eine Nachtverteidigung zockt. Die Missionen sind abwechslungsreich und verlangen das Verteidigen von wichtigen Punkten in der Stadt, das Absolvieren witziger Minispiele oder das Einsammeln von Gegenständen. Langweilig sollte das also so schnell nicht werden. Einziger Wermutstropfen könnte wohl sein, dass es keinen Free-Roaming-Mehrspielermodus gibt, wie man diesen beispielsweise aus „Grand Theft Auto V“ kennt.
Im Kooperativmodus spielt man mit dem Charakter, den man auch im Einzelspielermodus benutzt, was zwar den Vorteil hat, das man seine eigenen Anpassungen nutzt, aber leider auch dafür sorgt, dass man gegen erfahrenere Spieler ziemlich alt aussieht. Sie sind schneller und haben deutlich bessere Waffen, wodurch meist nur einer der hinteren Plätze für Anfänger möglich sein dürfted. Aber nach wenigen Spielstunden hat man sich einen guten Vorrat an Waffen angesammelt und kann sich durchaus mit den anderen messen. Gemeinsam mit Freunden macht der Modus auf jeden Fall jede Menge Spaß und kann dank Xbox-Live-Funktion auch mit sieben Fremden gezockt werden. Kommuniziert wird direkt innerhalb des Spiels, wobei das Absprechen aufgrund unterschiedlicher Sprachen recht schwierig sein könnte. Wer natürlich auf Chaos steht, bekommt so sogar noch mehr davon.
Offizieller Gameplay Trailer