Schaut man sich allein schon die Aufstellung von EA Sports' "FIFA 16" an, so scheinen keine Wünsche offen zu bleiben. Mehr als 650 Vereine und ganze 30 Ligen haben es inklusive offizieller Lizenz in die aktuelle Version geschafft. Darunter auch die 1. und 2. Bundesliga. Neben den Männer-Nationalmannschaften schnüren erstmals auch die Damen ihre Schuhe. Vermutlich die am leidenschaftlichsten erörterte Neuerung, die sogar zu Boykottaufrufen führte. Darauf werden wir später noch genauer eingehen. Zunächst folgt ein Überblick über die verschiedenen Spielmodi.
Fußball ist unser Leben
Auch in dieser Saison sind wieder unzählige Verbesserungen eingebaut worden. So nimmt gleich zu Beginn der neue FIFA-Trainer den Spieler an die Hand und erteilt im ersten Spiel nützliche Tipps. Der Coach reagiert aktiv auf das Geschehen auf dem Rasen und blendet die passenden Aktionen samt den erforderlichen Tasten ein. Das neue Feature lässt sich jederzeit auch deaktivieren. Gerade für Einsteiger stellt dies eine willkommene Hilfe dar, um sich besser auf dem Platz zurechtzufinden. So lernt man schnell die rudimentären Spielfunktionen und kann im Menü die Komplexität der Vorschläge nach und nach anpassen. Es ist, vom 1. FC Nürnberg abgesehen, schließlich noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Ist das erste Spiel absolviert, stehen dem ambitionierten Freizeitkicker alle Bereiche offen. Egal, ob Karriere, Online-Begegnungen, Ultimate Team, Matchday oder Testspiel, dem Spieler sind hier keine Zwänge gesetzt. Es können mehrere Karrieren gestartet werden; dabei spielt es keine Rolle, ob man das ganze Team spielt oder sich nur auf einen Spieler konzentriert. Auf Wunsch kann wie bereits in FIFA 15 ein eigener Spieler erstellt und trainiert werden. Die Karriere spielt sich sehr gut inszeniert, so muss man als Jungprofi auch mal das eine oder andere Spiel von der Bank aus verfolgen. Natürlich kann jeder der knapp 650 Vereine im Verlauf der Karriere übernommen werden. Auch der Start mit der eigenen Lieblingsmannschaft ist wie immer möglich.
Beim Ultimate Team gibt es mit dem neuen Draft-System einige Neuerungen. Hier werden aus verschiedenen Teams die Wunschspieler zusammengestellt. Vorausgesetzt, man erwirtschaftet sich das nötige Kleingeld im Spiel durch Siege. Falls dem Hobby-Mäzen das nicht schnell genug passiert, dann kann er auch echtes Geld verwenden und sich die Münzen einfach kaufen. Ein kleines Raunen von Pay2Win hört man hier von den Rängen. Geld schießt zwar bekanntlich keine Tore, aber das passende Spielermaterial vereinfacht es zumindest.
Die angesprochene neue Draft-Variante hingegen würfelt einfach eine Supertruppe zusammen, die dann allerdings nur für vier Spiele zur Verfügung steht. Danach muss erneut eine Elf zusammengewürfelt werden. Die Sammelkarten haben natürlich mit ihren Mikrotransaktionen einen leicht faden Beigeschmack, auf der anderen Seite gibt es genug andere Spielmodi. Wer einfach mit oder gegen andere Spieler spielen möchte, darf das im normalen Online-Modus mit den offiziellen Lizenzmannschaften jederzeit unbegrenzt.
Schluss mit Hurra-Fußball
Kommen wir nun zurück auf den Rasen. In FIFA 16 wurde einiges am Gameplay verändert. Hier sticht sicherlich sofort das deutlich verbesserte Abwehrverhalten der Verteidiger ins Auge. Diese agieren nun wesentlich cleverer, stellen Räume zu und spielen vorausschauender. Das bedeutet auch, dass der beliebte Hurra-Fußball im Stil "alles nach vorne" nicht mehr so einfach funktioniert, wie noch in den alten FIFA-Spielen. Lange Steilpässe werden meistens abgefangen, und sture Einzeldribblings haben kaum eine Chance auf Erfolg. Das bedeutet, dass nun Spielzüge, Doppelpässe und clevere Flanken an Bedeutung und somit die Begegnungen an Spieltiefe gewinnen. Gerade letztere sind aber auch nicht mehr so tödlich, denn auch die Torhüter haben einiges dazugelernt. Sie spielen nun viel aktiver mit und es unterlaufen ihnen deutlich weniger kuriose Patzer. Den Strafraum verlassen sie nur noch auf Anweisung. Das dürfte die Lebenszeit eines so manchen Gamepads deutlich erhöhen.
Wechseln wir einmal die Perspektive. Beim Torabschluss muss nun gefühlvoller mit dem Leder umgegangen werden. Wer überhastet den Abschluss sucht, der erfreut meistens die Gästefans oder Balljungen. Allerdings reagiert die KI bei Abprallern recht unentschlossen, sodass sich weiterhin viele Gelegenheiten zur Zweitverwertung bieten. Durch die verschiedenen Schwierigkeitsgrade kann jeder Spieler sein FIFA 16 vor der Partie an das individuelle Können anpassen.
Taktik und Aufstellung können generell vor jedem einzelnen Spieltag angepasst werden. Außerdem sollte man dabei auch immer die Bank so besetzen, dass zur gewünschten taktischen Ausrichtung auch das Ersatzpersonal vorhanden ist. Eine defensive Ausrichtung ist schwierig, wenn auf der Ersatzbank nur Stürmer sitzen. Die nötige Spieltiefe entsteht durch die Möglichkeit, den einzelnen Spielern Anweisungen zu geben. So lassen sich die Angreifer zum Beispiel in der gegnerischen Hälfte halten oder aber mit in die Verteidigung ziehen. Das Verhalten bei Ballbesitz und Gegenangriff lässt sich ebenso kinderleicht einstellen. Während der Partie können auch alle Funktionen im Pausenmenü erreicht und verändert werden. Das Ausführen von Eckbällen gewinnt taktische Optionen hinzu. So können wir über das Steuerkreuz den Spielern die Anweisung geben, sich an der Strafraumgrenze für einen schnellen Konter oder eher direkt an der Torlinie zu orientieren. Bei Freistößen gibt es diese Funktion leider noch nicht.
Die realistische Darstellung von Frauen
Die am meisten diskutierte Neuerung von FIFA 16 sind sicherlich die zwölf Frauen-Nationalmannschaften. Leidenschaftlich, wie am Fußballstammtisch eben üblich, wurde auf EA Sports' Facebook-Seite und im offiziellen Forum diskutiert. Einige potenzielle Käufer wollen das Spiel sogar boykottieren. Schade, denn die Umsetzung ist EA wirklich gut gelungen. Wer diesen Modus nicht spielen möchte, kann ihn ja auch so gepflegt ignorieren wie früher die Stänkereien von Uli Höneß. Außerdem sollte Frauenfußball längst bei Zuschauern und Fans angekommen sein. Das Tempo und die Leistungsdichte mögen nicht so hoch sein, wie beim Männerfußball, anschaulich sind sie allemal. Die vergangene Fußball-WM in diesem Jahr, das US-Team um Shooting-Star Alex Morgan konnte sich den Titel in Kanada sichern, ist noch gar nicht so lange her. Also der perfekte Zeitpunkt für diese Neuerung.
Durch die unangenehmen Anstoßzeiten haben sicherlich nicht so viele Zuschauer die Spiele live im Fernsehen verfolgt, international war das Turnier allerdings ein großer Erfolg. Es ist von EA Sports auch ziemlich clever, zunächst nur auf die Nationalmannschaften zu setzen. Hier finden sich geballt die bekannten Namen, und Zweifler spielen eher eine Runde Deutschland gegen die USA, als Turbine Potsdam gegen den 1. FFC Frankfurt. Darüber braucht man sich nicht streiten. Der Frauenfußball wurde sehr authentisch umgesetzt. Das Spieltempo ist einen Tick langsamer, Flanken nicht ganz so präzise, Raumdeckung und Pressing nicht perfektioniert, und den Torfrauen unterlaufen mehr Fehler. Das ist in diesem Fall nicht abwertend, sondern realistisch. Das Gameplay ist dabei super umgesetzt. Es gibt mehr Spielraum für Einzelaktionen und die Spielzüge müssen angepasst werden.
Die Spielerinnen wirken dank eigenen Motion-Capturing-Aufnahmen sehr wirklichkeitsnah. Bei all den überzeichneten Frauencharakteren in anderen Sport- und Prügelspielen ist es den Entwicklern ganz nebenbei gelungen, eine realistische und schöne Darstellung von Frauen in Computerspielen einzufangen. Schade ist, dass als Turniermodus nicht die Weltmeisterschaft verfügbar ist und mit Japan eines der stärksten Teams der Welt fehlt. Echte Kenner der Szene werden auch einige Spielerinnen vermissen, das beruht auf lizenzrechtlichen Gründen. Besser gesagt sind die Richtlinien der Universitäten schuld. Viele Spielerinnen verfügen über ein Sportstipendium und dürfen daher eventuell nicht kommerziell genutzt werden – damit ihnen, trotz vorhandener Lizenz der Verbände, im Nachhinein kein Ärger droht, wurden sie leider vorsorglich aus den Kadern gestrichen.
Mittendrin, statt nur dabei
Die Präsentation der schönsten Nebensache der Welt ist FIFA 16 erneut gelungen. Dabei gab es bei der grafischen Darstellung der virtuellen Kicker an sich keine wirklich erkennbare Verbesserung zu FIFA 15. Feintuning stand hier auf dem Trainingsplan. Verbessert wurden erneut die Animationen. Die Spieler und nun auch Spielerinnen bewegen sich überraschend authentisch und sehen ihren Vorbildern in den Topligen zum Verwechseln ähnlich. Dafür sorgen die neuen Motion-Capturing-Aufnahmen mit aktiven Ballzauberern, nicht zuletzt mit Weltmeisterin Alex Morgan. Vergebene Chancen und Fouls erhitzen die Pixelgemüter und wirken glaubwürdiger als Andi Möllers Schwalben.
Die Spielzüge sehen daher in der Wiederholung fast schon wie die Zusammenfassung einer deutschen Sportsendung am Abend aus. Weder die Sportschau noch Sport Studio und Konsorten haben genug bezahlt, um von uns hier namentlich erwähnt zu werden. Ball und Rasen spielen nach wie vor in der Champions League und sehen klasse aus. Die Atmosphäre in den Stadien war bereits sehr stimmungsvoll und wird immer besser. Es stehen zwar erneut nur die Topadressen der großen Fußballbühne im Aufgebot, aber dafür ist deren Wiedererkennungswert immens. Knackpunkt sind hier nach wie vor die virtuellen Fankurven – zwar fiebern die Anhänger mit und reagieren aktiv mit Fangesängen auf das Spielgeschehen, honorieren mit Jubelstürmen und Applaus gelungene Aktionen, aber gleichzeitig wirken sie auch nach wie vor sehr steif und detailarm.
Das neue Kommentatoren-Duo macht seine Sache anständig, die meisten Spielsituationen werden richtig erkannt und mit allerlei Fachsimpeleien für die vielen Insider dargereicht. Leider ist der englische Originalkommentar erneut deutlich besser und umfangreicher ausgefallen. EA Sports hat die offiziellen Lizenzen, Verkaufsargument Nummer 1, sehr gut genutzt und erzeugt nicht zuletzt dadurch eine gelungene Mittendrin-Atmosphäre.
please give the key
dsasdds
foda
welcome65
muy bueno
Nice game