Seit Beginn der aktuellen Konsolengeneration Ende 2013 war insbesondere ein Exklusivtitel in aller Munde. Doch es sollte noch einige Zeit vergehen, bis mit Uncharted 4: A Thief's End endlich der langersehnte Abschluss der beliebten Spielereihe erscheinen sollte. Wir haben uns noch einmal mit Nathan Drake und seinen treuen Begleitern in ein fantastisches Abenteuer gestürzt und so viel vorweg, wir sind erneut begeistert.
Abenteuer Alltag
Einige Jahre nach den Geschehnissen in Uncharted 3: Drake's Deception offenbart sich dem Spieler ein ungewohntes Bild. Nach dem Prolog, der noch einmal die Vergangenheit des Hauptprotagonisten Nathan Drake beleuchtet, führt dieser in der Gegenwart offenbar ein völlig normales Familienleben inklusive langweiligem Berufsalltag als Bergungstaucher. Gelegentlich schwelgt er noch auf dem Dachboden in Erinnerungen inmitten seiner gesammelten Artefakte und tobt sich in unbeobachteten Augenblicken mit seiner Spielzeugpistole aus. Zumindest bis ihn Elena, attraktive Begleiterin seit dem ersten Teil und nun seine Ehefrau, zum Essen ruft und beide an der Konsole mit Crash Bandicoot die Zeit totschlagen.
Doch die Idylle ist nicht von Dauer, als der tot geglaubte Bruder namens Sam auftaucht und vom sagenumwobenen Schatz des berühmten Erzpiraten Henry Every berichtet, der tatsächlich im 17. Jahrhundert sein Unwesen trieb. Erzählungen nach versteckte dieser seinen Reichtum mit Gleichgesinnten in der verschollen geglaubten Kolonie Libertatia. Beide Brüder beschließen mithilfe des alten Weggefährten Sully eine heiße Spur aufzunehmen. Das ist der Startschuss für eine umfangreiche Weltreise, die sie vom heimischen New Orleans über die Villa Rossi in Italien, Madagaskar und Schottland zur Schatzinsel führen soll. Dabei treffen sie jedoch auch auf Widersacher, wie dem konkurrierenden Schatzjäger Rafe Adler und Nadine Ross mit ihrer Söldnertruppe. Wenig überraschend haben diese die Fährte des Freibeuters ebenfalls aufgenommen.
Das begehrte Prädikat „filmreif“ haben bereits viele Spielereihen für sich in Anspruch genommen. Doch was Uncharted 4: A Thief's End in seinen insgesamt 22 Kapiteln und mindestens 16 Stunden schafft, übertrifft nicht nur die sehr guten Vorgänger in allen Belangen, sondern stellt neben The Last of Us die neue Referenzklasse des Genres dar, an dem sich vergleichbare Titel zukünftig messen müssen. Regietechnisch wirkt das neue Abenteuer ausgereift, durchdacht und nimmt sich neben atemberaubenden Actionszenen auch angenehm viel Zeit für ruhige Momente, Charaktere und ihre Beziehungen zueinander sowie die vielen kleinen Details am Rande bei der Erkundung von atmosphärischen Schauplätzen. Auch wenn die Antagonisten vergleichsweise blass bleiben, punktet die abwechslungsreiche Geschichte mit Überraschungen, Wendungen, tollen Dialogen, Humor und Dramatik. Dabei fließen Spiel- und Filmszenen ohne erkennbaren Qualitätsverlust ineinander. Damit nicht genug, setzt ein Epilog zum Niederknien dem Abschied noch die passende Krone auf.
Nahezu perfekte Mischung
Ausgereifter, abwechslungsreicher, abenteuerlicher, offener, dynamischer – so simpel lassen sich die spielerischen Verbesserungen zusammenfassen. Nathan steuert sich weiterhin präzise aus der übersichtlichen Third-Person-Perspektive. Vom reichhaltigen Waffenarsenal wird dabei relativ wenig Gebrauch gemacht und wenn, dann nimmt er die hartnäckigen Gegner aus der Deckung ins Visier. Zwar variieren die Söldner optisch kaum, dafür kreuzen statt stupider Wellen zumeist clevere Schießwütige den Weg. Bereits der mittlere von fünf Schwierigkeitsgraden sorgt für herausfordernde Scharmützel, zumal viele Deckungsmöglichkeiten unter dem nachhaltigen Beschuss nachgeben. Nicht weniger intelligent sind die Begleiter, die erstaunlich selbständig aktiv und effektiv agieren.
Die Schleichpassagen nach dem Vorbild The Last of Us fügen sich gut ins Spiel ein. Aus sicherer Entfernung können Gegner markiert werden. Zumeist im dichten Grün oder hinter Deckungen getarnt pirscht sich Nate allein oder mit dem jeweiligen KI-Begleiter zum Ziel. Gelingt das geschickt, bleibt man für die ahnungslosen Opfer bis zum Knockout unsichtbar. Bei ungeschicktem Vorgehen verrät das aufgeregte Gegnerverhalten sowie die optional zuschaltbaren Alarmanzeigen in den Signalfarben gelb und rot den bleihaltigen Konfrontationskurs. Dabei ist regelmäßig zu beobachten, wie gut die Begleiter mitdenken, wenn sie ohne Anweisung Patrouillen ausschalten. Leider lassen sich die erledigten Körper nicht wie in Stealth-Titeln der Kategorie Thief, Hitman oder Metal Gear Solid verbergen, sondern verbleiben am Tatort, wo sie eventuell von Kollegen entdeckt werden könnten.
Mit Köpfchen
Zur Abwechslung wird leichte, im Rahmen eines Videospiels logisch nachvollziehbare Rätselkost serviert, die ebenfalls von der gelungenen Inszenierung profitiert. Abseits der einfallslosen Kistenrätsel wird in den Ruhepausen völlig unaufgeregt mithilfe des Tagebuchs geknobelt, nicht selten an spektakulären Apparaturen. Von der sinnvollen Interaktion mit den gesammelten Aufzeichnungen macht man nun deutlich häufiger Gebrauch als noch in den Vorgängern. Beispielsweise müssen Piraten anhand ihrer Wandgemälde und den darauf versteckten Siegel zugeordnet und in einer bestimmten Reihenfolge in einen Mechanismus eingesetzt werden. Bevor man dank stumpfen Ausprobierens nach unzähligen Versuchen vielleicht einen Glückstreffer landet, birgt das Tagebuch durch weitreichende Erkenntnisse des Rätsels Lösung.
Spieler werden bei Uncharted 4 in jeder Hinsicht mit größeren Dimensionen konfrontiert, was auch bei den Verfolgungsjagden, Fluchtpassagen, Kletterpartien und Sprungeinlagen klar wird. Weil die Areale überwiegend weitläufig ausfallen, stehen stellenweise Alternativrouten zur Verfügung sowie der praktische Wurfhaken zur Überwindung weiter Distanzen. Die Spielfigur gibt nun noch deutlicher als zuvor mit entsprechenden Handbewegungen zu verstehen, ob ein Haltepunkt angesteuert werden kann. Damit diese Abschnitte nicht zu gemütlich ausfallen, entpuppen sich immer wieder große und kleine Stücke der Umgebung als instabil. Natürlich kommt es so zu unzähligen spektakulären Szenen, die auch in diesem Teil für den ein oder anderen gelungenen Adrenalinschub sorgen.
Auch mit Rennspielen (Crash Team Racing, Jak X - Combat Racing) haben die Entwickler bereits ihre Erfahrungen gemacht, deshalb hat es ein fahrbarer Untersatz ins Spiel geschafft. Dank Allradantrieb bewegt sich der kräftige Jeep durch die besonders weitläufigen Umgebungen von Madagaskar und Kings Bay. An schlammigen Steigungen kommt die Seilwinde am höher gelegenen Baum zum Einsatz, damit die Fahrt weitergehen kann. Kurzzeitig darf man auch im Gewässer ans Steuer eines Boots Platz nehmen.
Die Sehnsucht nach Coop
Obwohl es sich diesmal besonders gut angeboten hätte, fehlt eine Möglichkeit, die Kampagne gemeinsam spielen zu können. Stattdessen bieten die Online-Modi mit Team-Deathmatch (selbsterklärend), Kommando (Stellung einnehmen, Person schützen) und Plünderung (Objekt stehlen und sichern) bekannte Varianten, die gut eingespielte Teams ansprechen und dank Ranglisten motivieren. Acht Karten sind sehr verschachtelt und mächtige Artefakte sorgen anfangs für Verwirrung. So genannte Mysticals entpuppen sich beispielsweise als Teleport oder angriffslustige Geister. Für Einsteiger gibt es hilfreiche Einführungsrunden und Herausforderungen. Die Langlebigkeit des Mehrspielermodus ist bereits bis Ende 2017 gesichert: Alle zukünftigen Karten und geplanter Download-Content sollen kostenlos bleiben.
Technischer Schatz
Egal was schon im Vorfeld der Veröffentlichung vom Spiel zu sehen war, ließ auf ein grafisch sehenswertes Abenteuer schließen. Und tatsächlich: Optisch ist Uncharted 4 das bis dato schönste Konsolenspiel überhaupt und geizt nicht mit Superlativen. Sämtliche Schauplätze schäumen über vor Details, sind abwechslungsreich gestaltet und überzeugen mit einer beeindruckenden Darstellung von Architektur und Natur. Die Schauwerte sind vielfältig: Scharfe Texturen, tolle Ausblicke, fantastische Wettereffekte, das gelungene Zusammenspiel von Licht und Schatten, einladendes Wasser, die enorme Sichtweite, feinste Partikeleffekte oder auch sichtbar hinterlassene Fußspuren und durchnässte sowie verschmutzte Kleidung. Vom integrierten Fotomodus wird man also regen Gebrauch machen.
Selbst Gras und Pflanzen reagieren auf Kontakt von Spielfiguren. Apropos: Das aufwendige Motion-Capturing mit Schauspielern hat sich definitiv gelohnt, denn die Animationen sind geschmeidiger als je zuvor. Überhaupt wirken alle Figuren in ihrer Darstellung inklusive Mimik und Gestik außergewöhnlich natürlich. Abgerundet wird die technische Seite von der ausgezeichneten deutschen Lokalisierung, der tollen Musikuntermalung und den wuchtigen Soundeffekten. Übrigens: Nach dem erstmaligen Durchspielen werden viele Extras freigeschaltet, u. a. vielfältige Grafikfilter, die zum Ausprobieren anregen.
It is similar to it.
Что ты кто такая вот